Wenn ein ganzes Dorf zum Trödelmarkt wird
Stand: 03.04.2023, 12:57 Uhr
Beim Dorf-Trödelmarkt in Soest-Ampen stellt jeder seinen Stand direkt vor der Haustür auf. Viele nutzen die Gelegenheit und entrümpeln ihre Häuser. Dabei steht der Verkaufserlös nicht an erster Stelle.
Von Anke Strotmann (Text) und Heinrich Buttermann (Multimedia)
Direkt vor ihrem Haus hat Leonie Westerhoff einen Tisch aufgebaut. Auf der roten Tischdecke stehen silberne Vasen und Kerzenständer, Porzellanfiguren und Döschen. Wer neue Einrichtungsgegenstände sucht, wird hier fündig. "Was kostet die Etagere?", fragt eine ältere Dame. Drei Euro möchte Westerhoff für das Gestell mit den drei Porzellantellern haben. Die Dame versucht zu handeln: "Für zwei machen Sie es nicht, oder? Doch, sagt Westerhoff. Die Frau freut sich über ihren Schnapper und Westerhoff ist wieder etwas losgeworden.
Weniger Organisation für die Verkäufer
Wie Westerhoff macht es heute fast das ganze Dorf Soest-Ampen: Haustür auf, Trödelsachen raus, los geht es. Die Idee zu dem Dorf-Trödelmarkt hatte Heinz Carrie. Der Zeitungsbote hatte einen solchen Markt im Münsterland entdeckt und ihn in Ampen organisiert. Die Resonanz ist größer als erwartet. 60 Verkäufer haben sich zum ersten Dorf-Trödelmarkt angemeldet. Bei diesem Konzept fällt für sie einiger Aufwand weg: ein großes Auto organisieren, vielleicht sogar einen Anhänger, einen Platz bei einem Trödelmarkt mieten, hinfahren, aufbauen und die Standgebühr bezahlen.
Nur der Organisator Carries hat Stress: Um 11 Uhr soll es losgehen. Eine halbe Stunde vorher sind noch nicht alle fertig. "Da oben fahren alle wieder weg, weil sie denken, da ist nichts", sagt er zu Saskia Hültscher, die an ihrem Stand Damenkleidung und Deko verkauft. Carrie berichtet, dass rote Luftballons und Pfeile fehlen, die auf die Stände hinweisen sollen. "Die Leute sind noch nicht wach", sagt er. Er hat Sorge, dass es nicht alle schaffen, ihren Stand aufzubauen, bevor der Dorf-Trödelmarkt startet. Dann läuft er zum nächsten Stand, um zu schauen, ob alles in Ordnung ist.
Saskia Hültscher hat noch Leute aus dem Dorf kennen gelernt
00:15 Min.. Verfügbar bis 03.04.2025.
Vor dem Haus von Manuela Furchert ist schon einiges los. Sie hat die Hallen geleert, die auf ihrem Grundstück stehen. Darunter ist auch eine alte Öllampe, mit der man zur Not Signale geben kann. Auch von Dingen aus ihrer Zeit als Kneipenbesitzerin in Soest will sie sich trennen. "Wir sind froh, dass es die Möglichkeit gibt, hier per Dorftrödel so eine Aktion zu machen", sagt Furchert, die sich als Sammlerin bezeichnet.
Trödel-Liebhaber schätzen private Verkäufer
Alles, was nicht gefällt, kommt raus: Ein Wagenrad, Schirmständer, Modellautos, Küchenutensilien, Kleidung, Spielzeug, Puppen und Sammelfiguren, Gemälde und Antikes. Tim Dosedahl hat eine Werbefigur von Coca Cola ergattert, einen weißen Eisbär mit einer Colaflasche in der Hand. "Es ist eine schöne Abwechslung von normalen Trödelmärkten", sagt er. Das liege daran, dass die Sachen von Privatleuten seien, sonst gebe es viele Händler. Dafür ist er extra aus Hamm gekommen.
Manuela Furchert ist zufrieden mit dem Verkauf
00:18 Min.. Verfügbar bis 03.04.2025.
Die Begeisterung für den Dorf-Trödelmarkt teilt auch Merle Lehmann. Sie hat ihren Hof entrümpelt und einiges verkauft. "Es ist super gelaufen. Ungefähr die Hälfte ist weg", sagt sie. Ob es sich finanziell gelohnt hat, wisse sie noch nicht. "Ich glaube, man muss den Spaß- und Nachbarschaftsplausch-Faktor mit einrechnen", sagt sie.
Auch der Stand von Leonie Westerhoff ist leerer geworden. "Deko geht immer gut weg. Die Frauen sind kauffreudiger als die Männer. Da geht schon gut was weg", sagt sie. Etwa hundert Euro hat sie eingenommen. Wichtiger ist aber: "Es war ein toller Tag. Die Leute waren gut drauf und es hat Spaß gemacht."
Über dieses Thema berichteten wir auch im WDR-Fernsehen am 21.03.2023: Lokalzeit aus Südwestfalen, 19.30 Uhr.