Chef Robert Potthoff ist als Erster da, knipst nach und nach die schummrigen Lampen auf den Tischen und dem Klavier an. Hinter dem Tresen leuchtet der Neonschriftzug "Ellington". Benannt ist die Bar nach der Jazz-Größe Duke Ellington. Seit 1999 treffen sich Szene-Volk und Nachtschwärmer in der Bar in Düsseldorf. Eine nach bestem New Yorker Vorbild: Ledersessel, chillige Musik, gute Drinks.
Der Chef hat seinen Job in der Altstadt aufgegeben, um sich diesem Laden zu widmen. Das ist 15 Jahre her. Er kennt die Ellington Bar auch noch als Gast und mochte den Laden sofort. "Ich wollte dem damaligen Besitzer zwei Stühle abschwatzen, weil ich die so schön fand", erinnert sich Potthoff. Der Inhaber ließ sich nicht darauf ein. "15 Jahre später gehörten alle Stühle mir", sagt er mit einem Grinsen.
Düsseldorf: Rund um die Ellington Bar ist das Leben "manchmal tragisch"
In der Düsseldorfer Altstadt haben sie die längste Theke der Welt. 260 Kneipen, Restaurants und Bars reihen sich unter Altbauhäusern mit bunten Fassaden aneinander. Die Straßen rund um die Ellington Bar wirken da fast wie eine Parallelwelt. 400 Meter vom Hauptbahnhof, Stundenhotel nebenan, Sexshop zwei Häuser weiter, Prostitution und Drogenszene vor der Tür. Potthoff nimmt es gelassen: "Eine wilde Ecke, immer noch." Ein Stammgast wird konkreter: "Junkies mit der Spritze im Arm in Hauseingängen, Messerstechereien, Straßenstrich." Potthoff hat hier viel erlebt. Die wildeste Geschichte? "Ist nicht jugendfrei", sagt der 60-Jährige und schüttelt den kahlen Kopf.
Die Scheurenstraße, in der die Bar liegt, tauchte 2020 sogar in einer Liste der Straßen und Plätze auf, die laut Innenministerium als "gefährlich und verrufen" gelten. Für Barkeeper Björn Waldeck hat die Nachbarschaft aber auch ihren ganz eigenen Reiz: "Wir erleben das Viertel hier aus nächster Nähe. Extrem spannend, manchmal tragisch, manchmal auch schwer auszuhalten. Aber immer kunterbunt." Stress im Laden gebe es so gut wie nie, erzählt er: "Wir kommen klar."
Kreative Drinks mit Kräutern und Gewürzen
Potthoffs Handschrift ist erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Extra hartes Eis, ein Schuss Fantasie und frische Kräuter im Glas. Die Drinks kommen mit Dill, Fichtennadeln, geröstetem Thymian, rosa Pfeffer oder grüner Paprika daher. Deko gibt es kaum und wenn, dann essbare. "Wir packen hier keinen Schnickschnack auf die Gläser." Das ist dem Barmann wichtig. Nur beim Hurricane mit Rum und Passionsfrucht machen sie eine Ausnahme. Der kleine Papierschirm landet allerdings vom Winde verweht nach oben umgestülpt im Glas.
Seit 35 Jahren arbeitet Potthoff im Nachtleben. Als Barkeeper ist er Gastgeber und Kummerkasten und das alles gegen den Biorhythmus. Dafür sieht er sehr gesund aus. Wie hält der Mann das durch? "Ich stehe um 6.15 Uhr auf, mache Gymnastik, trinke grünen Tee, esse mein Müsli. Ich rauche nicht mehr, trinke extrem wenig bis kaum Alkohol und fahre viel Fahrrad." Außerdem steht er nicht mehr jeden Abend im Laden, die ganz harten Zeiten sind vorbei.
Mit liebevollem Blick blättert der Düsseldorfer in Erinnerungsalben. Dankende Worte, viele Lippenstift-Küsschen auf Papier, kleine Kunstwerke. Autogramme oder Promi-Fotos? Fehlanzeige. Gibt es denn berühmte Gäste? "Klar", kommt prompt von Potthoff. Dann zieht er die linke Augenbraue hoch und grinst: "Aber vor dem Barkeeper sind alle gleich."
Über dieses Thema haben wir auch am 22.11.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Düsseldorf, 19.30 Uhr.