Straßenschild auf dem der Straßenname "Beuthstraße" durchgestrichen ist.

Wenn Straßen Geschichte schreiben: Besondere Umbenennungen in NRW

NRW | Heimatliebe

Stand: 04.02.2025, 17:05 Uhr

In Nordrhein-Westfalen werden immer wieder Straßen umbenannt. Häufig, um die Ehrung von Persönlichkeiten mit NS- oder kolonialer Vergangenheit zu beenden. Hier sind einige bemerkenswerte Beispiele.

Von Erik Acker

In NRW gibt es über 200.000 Straßen. Sie tragen über 95.000 unterschiedliche Namen. Das hat eine Zählung des WDR im Jahr 2017 ergeben. Am häufigsten ist dabei die Gartenstraße, die gibt es in fast jeder Kommune. Die meisten Straßennamen gehen auf die Zeit der Stadtgründung zurück. Aber es gibt auch Straßen, die nach Ereignissen, Persönlichkeiten oder der direkten Umgebung benannt sind. Und hin und wieder kommt es vor, dass die Stadt eine Straße neu benennt. Das kann Städteplanungsgründe haben. Nicht selten sind Straßennamen aber auch umstritten, weil sie nach Personen aus der Nazizeit benannt sind. Wir haben acht Umbenennungen aus NRW herausgesucht.

1

Stadt Dortmund überrascht Anwohner mit Umbenennung

Von einem Tag auf den anderen hat die Stadt Dortmund eine Straße im Stadtteil Hörde umbenannt. Aus der Hermannstraße wird die Phoenixseeallee. Das Problem: Die Anwohner der Straße, die neben dem Phoenix-See verläuft, wussten davon nichts. Sie bemerken die Umbenennung erst, als sie das neue Straßenschild sehen.

Straßennamensschilder die in beide Richtungen der "Hörder Phoenixseeallee" zeigen

Überraschung: Die Hermannstraße wird zur Phoenixseeallee

Die Stadt entschuldigt sich und sagt, die geänderte Straßenführung am Phoenix-See habe den neuen Namen nötig gemacht. Die Adressen in den Personalausweisen und Fahrzeugpapieren der Anwohner änderte die Stadt kostenlos. Dennoch entstanden Kosten, etwa weil Firmen ihre Adressschilder erneuern mussten. Navigationsprobleme waren ebenfalls vorprogrammiert.

2

Düsseldorfer Straßen mit kolonialer Vergangenheit

Elf Straßen in Düsseldorf, deren Namen kolonialistische, militaristische oder nationalsozialistische Bezüge hatten, haben 2024 neue Namen erhalten. So trug im Stadtteil Urdenbach eine Straße noch den Namen von Carl Peters, einem berüchtigten Kolonialisten und späteren Nazi-Idol. In dieser Gegend in Urdenbach wurden mehrere Straßen in der Zeit der NS-Herrschaft nach Personen der deutschen Kolonialgeschichte benannt. Nach Bürgerbeteiligungen beschloss der Stadtrat für die Petersstraße den neuen Namen "Eisvogelweg". Auf den Namen hatte sich die Nachbarschaft geeinigt.

Anwohnerin Brigitte Zimmermann über die Namensfindung (Archiv)

00:13 Min. Verfügbar bis 02.02.2027

3

Neuer Name für Straße in Krefeld

Um den Carl-Diem-Weg in Krefeld gab es viel Aufregung. Der Grund: Eine Kommission hatte die enge Verbindung des Sportfunktionärs Carl Diem zum Nationalsozialismus herausgestellt. Carl Diem wurde bekannt durch seine Schwärmerei während des Zweiten Weltkriegs vom "Sturmlauf" durch Frankreich. Auch hielt er die bekannte "Sparta-Rede", mit der er Kinder und Jugendliche gegen Ende des Krieges überzeugte, den "finalen Opfergang für den Führer" anzutreten. 2015 beschloss der Rat nach internen Streitigkeiten, die Straße in Hubert-Houben-Weg umzutaufen. Der Leichtathlet Hubert Houben war allerdings ebenfalls NSDAP-Mitglied und zeitweise in der SA.

4

Umbenennung der Beuthstraße in "Zur Vielfalt"

Dortmund hat die nach dem preußischen Politiker Christian Peter Beuth benannte Straße vor knapp zwei Jahren in "Zur Vielfalt" umbenannt. Das städtische Archiv hatte Beuth (1781–1853) zuvor als Antisemiten der deutschen Romantik ausgemacht. Warum die Straße umbenannt wurde? Weil man auch herausragende Leistungen nicht von der Person trennen kann, sagte der damalige Bezirksbürgermeister Friedrich Fuß.

Friedrich Fuß zur Umbenennung der Beuthstraße (Archiv)

00:34 Min. Verfügbar bis 02.02.2027

Der neue Straßenname passt auch deshalb gut, weil der Verbund der sozial-kulturellen Migrationsvereine in der Straße ansässig ist und das "Haus der Vielfalt" generations- und kulturübergreifend verbindet.

5

Siegen: Streit um das Erbe eines NS-Funktionärs

Bis 2023 gab es in Siegen noch die Lothar-Irle-Straße. Dann empfahl ein Arbeitskreis der Stadt die Umbenennung von sieben Straßen im Stadtgebiet, die nach Persönlichkeiten mit einem Hintergrund als Nationalsozialisten oder Antisemiten benannt wurden. Darunter auch die nach Lothar Irle benannte Straße. Einigen Anwohnern gefiel die Idee gar nicht.

Eine Anwohnerin sieht die Umbenennung kritisch (Archiv)

00:20 Min. Verfügbar bis 02.02.2027

Dem Arbeitskreis ging es darum, die Ehrung, die eine Straßenbenennung mit sich bringe, nicht weiter aufrechtzuerhalten. Und die Stadt setzte die Empfehlung um. Mittlerweile heißt die Straße im Stadtteil Kaan-Marienborn "Am Breitenbach".

6

Neuer Name für Lüderitz-Weg

In Mönchengladbach heißt der Werner-Lüderitz-Weg künftig "Am Finkenberg". Darauf einigte sich der Stadtrat im vergangenen Jahr einstimmig. Anwohner hatten sich für den neuen Namen entschieden, unterstützt durch Anträge. Der Hintergrund ist auch hier die NS-Vergangenheit von Pfarrer Werner Lüderitz. Dieser unterstützte wohl als Anhänger der "Deutschen Christen" die Nationalsozialisten.

7

Fragwürdige Namensgebung auf den zweiten Blick

In Bünde, in Ostwestfalen Lippe, gibt es den Frühlingsweg. Das klingt erstmal unverdächtig. Ist es aber nicht. Denn ihren Ursprung hat die Namensgebung nicht in der Jahreszeit. Stadthistoriker Jörg Militzer enttarnt diese und weitere Straßennamen mit NS-Bezug.

Jörg Militzer erklärt, was es mit dem Frühlingsweg auf sich hat (Archiv)

00:26 Min. Verfügbar bis 04.02.2027

Die Stadt hat nur wenige Straßen umbenannt. Die Lettow-Vorbeck-Straße in Bünde ist Geschichte. Stattdessen ist die Straße nun eine Verlängerung der Elsestraße. Damit verschwindet die Erinnerung an den umstrittenen preußischen General aus dem Stadtbild. Paul von Lettow-Vorbeck war am Völkermord an rund 75.000 Herero und Nama im heutigen Namibia beteiligt.

Auch im Wuppertaler Stadtteil Vohwinkel trug eine Straße den Namen Lettow-Vorbecks. Diese wurde 2011 in die Edith-Stein-Straße umbenannt.

8

Köln nimmt sich seine Straßen vor

Von etwa 6000 Straßennamen will die Domstadt bei über 1200 nochmal genauer hinschauen, ob die Namensgebung im Zusammenhang mit der Kolonialzeit steht oder einen nationalsozialistischen Hintergrund hat. Fest steht bislang, dass drei Straßen neu benannt werden sollen: Neben der Gravenreuthstraße und der Lerschstraße ist das die Wissmannstraße in Ehrenfeld. Die Straßen erinnern an Akteure der Kolonial- oder NS-Zeit, deren Taten der historische Beirat verurteilt hat.

Was sagen Anwohner zur Umbenennung (Archiv)

00:39 Min. Verfügbar bis 02.02.2027

Lokalpolitiker schlagen Namen von Widerstandskämpferinnen vor, die Kölnerinnen und Kölner konnten selbst über die Namen abstimmen. Die Lerschstraße wird in Adele-Gerhard-Straße umbenannt, eine deutsche Schriftstellerin und Tochter eines jüdischen Kaufmanns.