Nora Dahmer schaut in einen Spiegel mit Ringlicht, während sie sich Lipgloss aufträgt

Transfrau mit Mitte 50: Jetzt will Nora aufklären

Bonn | Füreinander

Stand: 21.07.2024, 11:15 Uhr

Nora Dahmer war die längste Zeit ihres Lebens Jens Dahmer. Ihre Weiblichkeit hatte sie bereits früh bemerkt - und verschwiegen.

Von Silke Niewenhuis

Nora Dahmer steht zuhause vor dem Spiegel. Sie trägt roten Lipgloss und dunklen Lidschatten auf. Mittlerweile ist das Routine für sie, aber lange Zeit war das anders. Denn 56 Jahre lang war Nora Dahmer ein heterosexueller Mann, lange Zeit hieß sie nicht Nora, sondern Jens.

Ehefrau und zwei Kinder

Daran denkt Nora Dahmer nur ungern zurück. Denn ihr war schon während der Pubertät in den 70er-Jahren klar, dass sie sich weiblich fühlt. Doch ein Outing kam damals nicht infrage. Und so lebte Nora Dahmer ein Leben als heterosexueller Mann, gründete eine Familie und zog zwei Kinder groß, die inzwischen erwachsen sind.

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Nora Dahmer spricht von sich auch in der Vergangenheit als "Sie". Denn in ihrer Wahrnehmung war sie immer eine Frau, hat es nur nicht leben können. Sie habe trotzdem ein glückliches Familienleben gehabt, aber etwas stimmte nie so ganz, sagt sie. All die Jahre war ihr immer klar, dass sie eigentlich eine lesbische Frau ist. Transidentität habe nichts mit der sexuellen Orientierung zu tun, erklärt Nora Dahmer heute immer wieder.

Outing mit 56 Jahren

Die Angst, bei einem Outing alles zu verlieren, trieb Nora Dahmer an den Rand der Verzweiflung. Viele schlaflose Nächte machten sie körperlich fast krank. So war der Schritt irgendwann unvermeidbar, sich zu ihrer Transidentität zu bekennen. Und so kam es dazu, dass Nora Dahmer mit 56 Jahren ein langes Gespräch mit ihrer Ehefrau führte.

Statt sich abzuwenden, hat ihre Ehefrau ihr geholfen. Irgendwann kam die Frage, wie sie denn als Frau heißen wolle. Darüber hatte sie sich bis zu dem Augenblick keine Gedanken gemacht. Ihre Frau sagte: "Du bist eine Nora" und von dem Tag an war sie das dann auch. Heute ist sie mit ihrer Frau befreundet, die sie neu getauft hat.

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Bevor sie sich auch äußerlich in eine Frau verwandelt hat, sprach sie mit allen Menschen, die ihr etwas bedeuten, ihren Kindern, ihren Geschwistern, den Eltern und ihren langjährigen Freunden. Bei allen war der Schock groß - nicht, weil der Mann, den sie kannten, plötzlich eine Frau war, sondern weil alle es als schrecklich empfanden, dass sie so lange allein mit dem Geheimnis hatte leben müssen.

Engagement für mehr Sichtbarkeit

Nora Dahmer im Portrait

Nora Dahmer will mit ihrem Engagement anderen Menschen helfen

Um anderen Menschen genau das zu ersparen und sie zum Outing zu ermutigen, engagiert Nora Dahmer sich mittlerweile ehrenamtlich. Sie hält Vorträge über Transidentität und will aufklären. Dafür reist sie durch ganz Deutschland, stellt sich vielen sehr intimen Fragen. Auch an Schulen referiert sie vor Lehrern zum Thema Trans-sein, damit die Pädagoginnen und Pädagogen wissen, wie sie jungen Menschen helfen können.

Ihre Firma hat Nora Dahmer geschlossen. In der Rolle des Mannes hatte sie Krisen-Management betrieben und Firmen vor der Insolvenz gerettet. Sie hofft, dass sich durch ihre Geschichte und ihr Engagement darüber offen zu sprechen, vielleicht auch andere Menschen trauen, zu sich selbst zu stehen, sie ihnen den Leidensdruck nehmen kann, den sie erleben musste.

Über dieses Thema haben wir auch am 27.06.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Bonn, 19.30 Uhr.