
"Alt sein heißt nicht stumm sein": Die Oberhausener Omas gegen Rechts
Stand: 05.02.2025, 17:12 Uhr
Als Kinder erlebten einige von ihnen Kriegsnächte und Nationalsozialismus. Jahrzehnte später kämpfen sie als Omas gegen Rechts gegen den Rechtsruck. Ein Besuch bei der Initiative in Oberhausen.
Von Solveig Bader
Renate Stelzer sitzt zitternd im Keller, während draußen die Bomben fallen. Sie hört laute Schreie. Gerade wurde ein Haus getroffen, Menschen sterben. Damals ist Stelzer etwa sechs Jahre alt. Doch die Erinnerungen daran wird die 87-Jährige nie vergessen. Als Kind hat sie das Ende des Zweiten Weltkriegs miterlebt. Eine Zeit, in der Eltern, Großeltern und Verwandte entweder Teil der NS-Diktatur waren oder darunter litten. Aktuell kommen all ihre Ängste wieder hoch, erzählt sie, während sie in einem Konferenzraum in der Oberhausener Innenstadt sitzt.
Renate Stelzer kann mit den Kriegsopfern der Ukraine mitfühlen
00:16 Min.. Verfügbar bis 05.02.2027.
Stelzer wünscht sich für ihre Kinder und Enkel eine friedliche Zukunft. Deshalb engagiert sie sich als ältestes Mitglied bei den "Omas gegen Rechts" in Oberhausen. Im Januar 2020 trafen sich die Frauen zum ersten Mal in der Stadt. Anfangs waren sie zu fünft, mittlerweile hat die Gruppe rund 25 Mitglieder zwischen 65 und 87 Jahren. Einmal im Monat setzen sie sich zusammen, um anstehende Aktionen zu planen und sich auszutauschen.
Wenn sich Omas gegen Rechts verbünden
Die Oberhausener Omas gegen Rechts sind dabei streng genommen eine ausländische Zweigstelle. Denn die Initiative gründete sich 2017 in Österreich, als Reaktion auf die Koalition der konservativen ÖVP mit der in Teilen rechtsextremen FPÖ in der österreichischen Regierung. Daraus entstanden zahlreiche regionale Gruppen. Inzwischen engagieren sich nach eigenen Angaben insgesamt mehr als 30.000 Mitglieder bei den Omas gegen Rechts. Auch einige Opas machen mit. Ganz wörtlich ist das Omas dabei nicht zu nehmen. Auch Senioren ohne Enkelkinder können mitmachen.

Die Idee zur Initiative hatten Omas aus Österreich
Wie die österreichischen Gründerinnen wollen auch die Oberhausenerinnen etwas gegen den Rechtsruck in Politik und Gesellschaft unternehmen. Und sie wollen die Erinnerungskultur pflegen, begleiten zum Beispiel die Verlegung von Stolpersteinen. Ihr Motto: Alt sein heißt nicht stumm sein. "Als ältere Frauen ist es uns wichtig, laut zu werden und unsere Meinung zu sagen. Das kommt auch gut an, haben wir gemerkt", erzählt Mitglied Sabine Grasediek-Gutleben. Gerade der Begriff Oma sei bei vielen Menschen positiv besetzt. "Wir haben Lebenserfahrung und sind fürsorglich. In diesem Fall, auch in Sorge um die Gesellschaft. Und deshalb wollen wir etwas verändern."
Mit Lebenserfahrung gegen den Rechtsruck
Demokratie, Toleranz, respektvoller Umgang miteinander und mit der Natur - für all das und mehr kämpfen die älteren Frauen. "Wir alle wollen in einer vielfältigen Gesellschaft wertgeschätzt leben", sagt Cornelia Schiemanowski. Sie ist eine der Frauen, die die Oberhausener Gruppe vor fünf Jahren gegründet haben.
Warum Cornelia Schiemanowski sich in der Initiative engagiert
00:31 Min.. Verfügbar bis 05.02.2027.
Als Nächstes bespricht die Gruppe die geplanten Aktionen zur Bundestagswahl im Februar. Auf mehreren zusammengeschobenen Tischen liegen Flyer und Zettel mit verschiedenen Motiven. Eins zeigt eine Gruppe ganz verschiedener Menschen: mit unterschiedlicher Hautfarbe, in gleichgeschlechtlichen Beziehungen, alt und jung, mit und ohne Behinderung. Einige von ihnen werden auch am 8. Februar zum Einsatz kommen. An diesem Datum veranstaltet die Initiative einen bundesweiten Aktionstag.
Nach revolutionärer Rentner-Zelle klingen die Frauen dabei allerdings nicht. Wollen sie auch gar nicht. "Auch wenn wir uns Omas gegen Rechts nennen - wir sind ausdrücklich auch gegen Gewalt von links. Und wenn hier bei uns Islamisten öffentlich das Kalifat ausrufen, verurteilen wir das selbstverständlich auch", erklärt Mitglied Karin Sandalli. Große Umsturzpläne oder Guerilla-Aktionen passen da nicht ins Selbstbild. Stattdessen planen sie einen Infostand auf dem Wochenmarkt in Oberhausen-Sterkrade. Mit ihren Flyern und Zetteln wollen sie dort auf die Menschen zugehen und mit ihnen ins Gespräch kommen. Den Anstecker "Omas gegen Rechts" immer gut sichtbar auf die Jacke gepinnt.
Über dieses Thema haben wir auch am 03.01.2025 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Ruhr, 19.30 Uhr.