
Zehn Jahre über Lebenserwartung: Wie diese 25-Jährige dem Tod trotzt
Rhein-Sieg-Kreis | Füreinander
Stand: 31.03.2025, 06:51 Uhr
Riana Yiannakis leidet an mehreren lebensverkürzenden Erkrankungen. Aufhalten lässt sie sich davon nicht - und lebt jeden Moment in vollen Zügen.
Von Britta Schwanenberg
"Na gut, ich werde das Buch lesen", sagt Riana Yiannakis und lacht. Sie sitzt auf dem Siegburger Marktplatz, links von ihr Sven DeCaesemaeker, rechts Vanessa Gürtler, es geht um Lieblingsbücher. DeCaesemaeker und Gürtler arbeiten ehrenamtlich für den ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst des Rhein-Sieg-Kreises. Die beiden 26-jährigen Studierenden begleiten Riana Yiannakis zu Konzerten, auf Ausflüge oder wie heute in die Stadt.
Eigentlich abwechselnd, heute sind sie mal zu dritt unterwegs. Ein auffallend gut gelauntes Trio - zum einen, weil Yiannakis so viel und herzlich lacht, zum anderen, weil sie mit 1,30 Meter auch deutlich kleiner ist als ihre Begleiter. Willensstark aber ist sie. Und so wird DeCaesemaeker jetzt in die Young Adult-Abteilung der Buchhandlung geschleppt. "Ist mir echt zu romantisch", lautet sein Urteil, doch er ist überstimmt.
Riana Yiannakis und ihre Hospizhelfer im Buchladen
00:30 Min.. Verfügbar bis 31.03.2027.
Eine Alltagsszene im Leben junger Menschen. Und für Yiannakis doch so viel mehr, weil sie so normal ist. "Konzerte, Eis essen, shoppen, da will ich nicht immer mit meiner Mutter unterwegs sein. Ich brauche ja auch ein Leben mit Gleichaltrigen."
Die Diagnose, die alles veränderte
Yiannakis lebt zu Hause bei ihrer Familie, sie ist im Alltag in vielen Dingen auf ihre Mutter angewiesen. Als sie neun Jahre alt ist, merkt die Mutter, dass irgendwas mit ihren Nieren nicht stimmt. Erst Jahre später wissen die Experten: Riana Yiannakis leidet gleich an mehreren lebensverkürzenden Erkrankungen. Neben der Niere ist auch die Lunge betroffen, sie ist kurzatmig, darf sich nicht lange belasten. Jahrelang war sie an der Dialyse, immer noch hat sie sehr viele Arzttermine und Krankenhausaufenthalte.
Yiannakis Erkrankung ist eine sehr seltene Kombination von verschiedenen genetisch bedingten Erkrankungen. "Wie ein Sechser im Lotto, nur das Gegenteil", so erklärt es ihre Mutter Vera Yiannakis. Denn erst nach jahrelanger Ursachensuche erkennen Genforscher, dass bei Riana ein Gendefekt vorliegt, von dem Mutter und Vater zu jeweils 50 Prozent Träger sind.
Die Lebenserwartung von Menschen mit der sogenannten Schimke-Immuno-ossärer Dysplasie (SIOD) ist meist auf das Kindesalter beschränkt und hängt von vielen Faktoren ab, betroffen sind gleich mehrere Organe.
Wie es ist, die Lebenserwartung seines kranken Kindes zu erfahren
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In amerikanischen Datenbanken geht die Suche der Ärzte und Rianas Yiannakis Familie weiter, dort sind solche seltenen Erkrankungen hinterlegt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert eine Krankheit als seltene Erkrankung, wenn maximal einer von 2000 Menschen betroffen sind, in diesem Fall und dieser Kombination sind es weltweit nur ganz wenige. Kaum mehr als 20 Menschen weltweit, glaubt jedenfalls Mutter Vera Yainnakis. Riana Yiannakis und ihre Mutter haben deshalb bislang nur ein einziges Kind mit der Krankheit kennengelernt. Ein Junge, der sogar auch aus NRW kam. Er ist mittlerweile verstorben.
Das Leben genießen, wie es ist
Dank des medizinischen Fortschritts werden viele Betroffene immer älter, als einmal prognostiziert. So auch Riana Yiannakis. Nicht älter als 16 Jahre alt sollte sie werden, erzählt ihre Mutter. Heute ist Yiannakis 25.

Kontakt zu Gleichaltrigen ist Rianna Yiannakis wichtig
Egal wo sie sind, Yiannakis und ihre Mutter kommen sich immer vor wie ein Sonderfall. Sie passen in kein Raster. Schwer sei das, erzählt Mutter Vera Yiannakis, wenn rundherum alle die Zukunft ihrer Kinder planen. Doch sie habe gelernt, das gemeinsame Leben so zu akzeptieren. "Wir versuchen alles zu machen, was uns Freude macht", erzählt sie.
Was leicht falle, weil Riana Yiannakis ein so lustiger und offener Mensch sei. Die gemeinsamen Ausflüge mit den Ehrenamtlern vom ambulanten Hospizdienst sind deshalb für alle etwas ganz Besonderes. Sven DeCaesemaeker und Vanessa Gürtler, beide Studierende aus dem Rhein-Sieg-Kreis, haben diese Aufgabe ganz bewusst ausgewählt: "Meine Freunde reagieren oft überrascht, wenn ich sage, ich arbeite für den Kinderhospizdienst", erzählt Gürtler.
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Doch für sie sei die Auseinandersetzung mit dem Tod, die am Anfang der Ausbildung für das Ehrenamt steht, sehr wertvoll. "Es ändert die Perspektive aufs Leben, auch auf das Eigene." Als es Riana Yiannakis Anfang des Jahres gesundheitlich sehr schlecht ging, hat das auch Vanessa Gürtler belastet. Für solche Fälle bietet der Verein auch Supervision, also psychologische Unterstützung für die Begleiter an.
Jetzt, da es Yiannakis wieder besser geht, sind alle erleichtert. Und so können sie auch glücklich zu dritt in der Buchhandlung stehen. Yiannakis will die Fortsetzung eines Buches, das Gürtler ihr geschenkt hat. Und dann endet der Ausflug, wie es sich für einen ganz normalen Frühlingstag gehört: in der Eisdiele.
Über dieses Thema haben wir auch am 11.03.2025 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Bonn, 19.30 Uhr.