
Die sehende Helferin: Seit 50 Jahren im Einsatz für Blinde
Stand: 20.04.2025, 15:24 Uhr
Seit stolzen 50 Jahren engagiert sich Angelika Böning für Menschen, die nicht gut oder gar nicht sehen können. Alle zwei Wochen organisiert sie in Gütersloh ein Treffen bei Kaffee und Kuchen. Was der Auslöser war und was die 69-Jährige bis heute antreibt.
Von Lena Breuer
Noch steht Angelika Böning fast alleine im Raum und läuft von Platz zu Platz. Die kleine Frau mit den kurzen grauen Haaren deckt mit schnellen Handbewegungen einen langen Tisch ein. Untertassen, weiße Teller, dazu Servietten. "Heute wird es voll, hoffentlich reicht der Kuchen", sagt die 69-Jährige und lacht vorfreudig. Es ist Dienstag, alle zwei Wochen findet in den Räumlichkeiten des Blinden- und Sehbhindertenvereins in Gütersloh ein Treffen bei Kaffee und Kuchen statt.
Angelika Böning über ihre Aufgaben bei den Kaffeenachmittagen
00:16 Min.. Verfügbar bis 20.04.2027.
Bis zu 30 Menschen mit und ohne Sehbehinderung kommen hier hin, verbringen ein paar gemeinsame Stunden. "Die meisten kommen mit dem Bus. Viele kenne ich schon sehr lange. Ich mach' das ja auch schon sehr lange", sagt Böning, lacht und zuckt dabei mit den Schultern. Bereits seit 50 Jahren ist sie die Seele des Blindenvereins, die sehende Helferin, wie die anderen Vereinsmitglieder sie nennen. "Wenn wir Angelika nicht hätten, dann könnten wir vieles nicht durchführen", sagt eines der Mitglieder. "Angelika ist ein freundlicher und zugewandter Typ, aber sie weiß auch, was sie will."
Gütersloh: Freizeitangebote für Blinde und Sehbehinderte
Der Bedarf an solchen Angeboten ist da, wie auch dieser Kochkurs für Blinde und Sehbehinderte in Gütersloh zeigt. Über 27.000 Menschen in NRW erhielten im Jahr 2023 nach Angaben des Statistischen Landesamts Blindengeld. Soziale Aktivitäten, Freizeit, Ausgehen, Kaffeetrinken, das ist für viele, vor allem ältere Betroffene, mit großen Hürden verbunden. Genau hier setzt die ehrenamtliche Vereinsarbeit an. Der Kaffeetreff ist ein echter Wohlfühlort, perfekt auf die Bedürfnisse der seheingeschränkten Menschen abgestimmt.
Für Böning fing alles vor fast 50 Jahren an. Mit 20 Jahren lernt sie ihren späteren Ehemann kennen, der von Geburt an blind war. "Das war quasi Liebe auf den ersten Blick. Jedes Treffen ein Blind Date, wie heute auch", scherzt Böning. So kam sie zum Blindenverein.
Angelika Böning beschreibt das erste Treffen mit ihrem Mann
00:25 Min.. Verfügbar bis 20.04.2027.
"Mein Mann ist leider nur schon viel zu früh gestorben, aber ich bin einfach im Verein geblieben." Die gelernte Buchbinderin hat zwei Töchter, fünf Enkel und sogar schon einen Urenkel. Die ganze Familie unterstützt ihr Ehrenamt.
"Ich helfe da, wo ich kann"
Mittlerweile hat sich der kleine Raum gut gefüllt, Kuchen steht auf dem Tisch. In einer Ecke wird "Mensch ärgere Dich nicht" gespielt, natürlich mit einem besonderen Spielfeld, farblos, dafür mit ganz unterschiedlich geformten Spielfiguren und Löchern, statt aufgemalten Spielfeldern.

So sieht das Brettspiel aus, damit es auch blinde Menschen spielen können
Böning sitzt an einem Tisch und liest ihrer Sitznachbarin einen Brief vor. "Ich helfe da, wo ich helfen kann. Für mich ist das selbstverständlich", sagt die 69-Jährige. "Ich bin die Erste, die hier ist und die Letzte, die geht."
Über dieses Thema haben wir auch am 29.03.2025 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit am Samstag, 19.30 Uhr.