Black Music: We got the Power!

Von Ingo Neumayer

Nach Martin Luther Kings Ermordung 1968, vor 55 Jahren, politisierte sich die Musikwelt merklich: James Brown, Nina Simone oder Marvin Gaye prangerten Ungerechtigkeiten an und standen für ein offensives schwarzes Selbstbewusstsein.

Der Tod von Bürgerrechtler Martin Luther King, der am 4. April 1968 erschossen wurde, bewegte die Welt. Die Bürger- und Menschenrechtsbewegung erstarkte, die Menschen gingen gegen Gewalt und Diskriminierung von Minderheiten auf die Straße.

Nach Kings Tod gewann auch die "Black Power"-Bewegung massiv an Zulauf, die sich explizit gegen Unterdrückung und Diskriminierung von Afro-Amerikanern wandte. International bekannt wurde die Gruppierung bei den Olympischen Spielen in Mexiko, als die beiden Sprinter Tommie Smith und John Carlos während der Siegerehrung des 200-Meter-Laufs als Zeichen des Protests jeweils eine Faust erhoben, die in einem schwarzen Handschuh steckte.

Und auch in der Musik machte sich frischer Wind bemerkbar. Viele schwarze Künstler äußerten sich offensiv und selbstbewusst und kommentierten ihre Lage mit klaren Worten. "Say it loud – I'm black and I'm proud" (dt.: "Sag es laut: Ich bin schwarz und stolz darauf") hieß es bei James Brown.

Drei Tage nach Kings Tod nahm Nina Simone bei einem Konzert Songs für ihr Album "Nuff Said!" auf. Sie widmete den Abend Martin Luther King und spielte dort zum ersten Mal den Song "Why? (The King Of Love Is Dead)", den ihr Bassist Gene Taylor nach Kings Tod geschrieben hatte.

Auch "Everyday People" von Sly & The Family Stone entstand 1968 unter dem Eindruck von Kings Tod. Sly Stone betont darin die Gemeinsamkeiten aller Menschen und macht sich lustig über diejenigen, die andere wegen Äußerlichkeiten hassen.

Wozu sind Kriege gut? Zu absolut nichts! Edwin Starr brachte es 1970 mit "War" auf den Punkt und machte den Pazifismus zu einer höchst schweißtreibenden und tanzbaren Angelegenheit.

Setze dich in Bewegung, erfülle deine Bestimmung, mache deine Träume wahr und lass dich von niemandem davon abhalten: Mit diesem Credo hatte Curtis Mayfields einen Superhit: "Move On Up".

1971 veröffentlichte Marvin Gaye mit "What's Going On" eines der bedeutendsten Soul-Alben aller Zeiten. Korruption, Vietnam, Umweltverschmutzung, soziale Ungerechtigkeiten – es gibt kaum ein bedeutendes Thema dieser Zeit, das auf der Platte nicht zur Sprache kommt.

In den 70ern engagierte sich Stevie Wonder immer mehr für Bürger- und Schwarzenrechte – das hörte man auch seinen Platten an. Exemplarisch steht hierfür sein Opus Magnum "Songs In The Key Of Life" mit Songs, wie "Black Man" oder "Village Ghetto Land".

Doch nicht nur schwarze, auch weiße Künstler zollten Martin Luther King und der Bürgerrechtsbewegung Tribut. So veröffentlichte Graham Nash 1971 den Song "Chicago", der sich mit den Protesten nach dem Attentat auf Martin Luther King beschäftigt und die Zeilen "We can change the world" beinhaltet. Der Song gehört bis heute zum Repertoire von Crosby, Stills, Nash & Young und wird auch immer wieder von schwarzen Rappern gesampelt.

Auch der U2-Hit "Pride (In The Name Of Love)" beschäftigte sich mit King. Allerdings verlegte Bono in seinem Text den Zeitpunkt des Attentats versehentlich auf den frühen Morgen, während es in Wahrheit um sechs Uhr abends passierte. Wenn die Band den Song heute live spielt, korrigiert er diesen Fehler.

Die Folkhymne "We Shall Overcome" wurde bei seiner letzten Predigt von Martin Luther King zitiert und bekam nach seinem Tod eine neue Bedeutung. Bei Kings Beerdigung sangen zehntausende Menschen das Lied, das danach erneut zur Hymne einer Protestbewegung wurde. Darauf nahm auch Bruce Springsteen Bezug, als er den Song 1997 neu aufnahm. Bereits früher in seiner Karriere hatte er Edwin Starr's "War" gecovert.

Stand: 26.04.2023, 16:06 Uhr