"Eingeschlossene Gesellschaft" im "Wolfgang Borchert Theater" Münster

Stand: 19.01.2023, 00:00 Uhr

Ein Lehrerzimmer am Freitagnachmittag. Da stürmt ein Mann hinein. Er hat eine Waffe, nimmt das Kollegium als Geiseln. Sein Sohn habe zu Unrecht einen Punkt zu wenig bekommen, sagt der Vater. Deshalb sei er nicht zum Abitur zugelassen.

Von Stefan Keim

So geht der Kinofilm "Eingeschlossene Gesellschaft" von Sönke Wortmann los. 221.000 Zuschauer in den ersten drei Wochen, mit Starbesetzung, das war weder Flop noch Erfolg. Aber im Theater ist die Geschichte nun ein Hit. Im "Wolfgang Borchert Theater" Münster ist das Publikum sofort dabei, in den Pausen werden Geschichten ausgetauscht, die man selbst mit diversen Lehrkörpern erlebt hat. Die Bühne sieht erst ganz realistisch wie ein Lehrerzimmer aus. Aber die Wände sind aus Stoff und bewegen sich im Luftzug.

Autor Jan Weiler präsentiert eine Typenparade der Lehrerschaft, die versammelten Ticks und Spleens aus der Welt der Pädagogen. Da gibt es den sanften Schülerfreund (Jürgen Lorenzen) und den hibbelig-abgedrehten Chemielehrer (Florian Bender mit grandiosen Slapstickeinlagen). Die nette, engagierte Referendarin (Rosana Cleve) hat was mit dem Sportlehrer (Alessandro Scheuerer), der immer wieder im Verdacht steht, attraktiven Schülerinnen etwas zu nah zu kommen.

Und dann gibt es noch die verklemmte Französischlehrerin Heidi Lohmann (wunderbare Ivana Langmajer) und den rhetorisch übermächtigen Altsprachler Engelhardt. Meinhard Zanger spielt mit gewaltiger Kraft diesen pädagogischen Patriarchen. Trotz aller Lust an den Gags behalten die Lehrerinnen und Lehrer einen glaubwürdigen Kern. "Eingeschlossene Gesellschaft" ist ein richtiger Theaterhit und immer ausverkauft. Das Publikum feiert das tolle Ensemble in der Regie von Tanja Weidner. Im Januar und Februar muss man schon Glück haben, um noch eine Karte zu ergattern, im März sind noch viele Plätze frei. Wahrscheinlich nicht mehr lange.