Geschichten aus dem Mittelalter

Goldene Bulle

Die „Goldene Bulle“ ist kein Tier, sondern eine Gesetzessammlung – man kann sagen: das erste schriftliche Grundgesetz.

Das Jahr 1356

Der römisch-deutsche Kaiser Karl IV. hatte die Gesetzessammlung im Jahr 1356  erlassen. Er selbst nannte sie „Unser Keiserliches Rechtbuch“. Erst ab ungefähr 1400 wurde dieses Gesetzbuch „Goldene Bulle“ genannt. Das kam daher, weil sein Wachssiegel durch eine goldene Metallkapsel geschützt wurde. Auf Lateinisch, die gängige Schriftsprache zu dieser Zeit, wird diese Kapsel „bulla“ genannt. In der deutschen Sprache des Mittelalters wurde daraus „Bulle“.

Die Königswahl

In der Goldenen Bulle sind verschiedene Gesetze versammelt, die schon hundert Jahre zuvor angewandt worden sind. Doch 1356 wurden sie zum ersten Mal schriftlich niedergelegt. Die wichtigsten Inhalte sind die Rechte der Kurfürsten und das Verfahren der römisch-deutschen Königswahl.

Fakten, Fakten, Fakten

- Der König wird von sieben Kurfürsten gewählt. Die ungerade Zahl gewährleistet, dass keine Pattsituation entsteht. Die Mehrheit der Kurfürsten entscheidet.

- Die sieben Kurfürsten sind: der König von Böhmen, der  Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und die Erzbischöfe von Trier, Köln und Mainz.

- Sonderrecht des siebten Kurfürsten: der Erzbischof von Mainz durfte als Letzter abstimmen. Dadurch konnte er bei einem Unentschieden die Wahl entscheiden.

- Nach seiner Wahl wird der römisch-deutsche König vom Papst zum Kaiser gekrönt, ohne dass der Papst hierzu seine Zustimmung erteilen muss. Der Papst muss die Wahl durch die Kurfürsten anerkennen.

Die Goldenen Bulle verfolgte vor allem ein Ziel: eine allgemein anerkannte Königswahl zu garantieren, um Thronfolgestreitigkeiten und die Aufstellung von Gegenkönigen zu vermeiden. Ihre Regeln galten bis zum Jahre 1806, also 450 Jahre.

Zusatzinfo:
In Nürnberg gibt es eine Kunstuhr, die vermutlich erstmals 1361 zu Ehren der Goldenen Bulle geschaffen worden ist. Die Uhr ist 1509 erneuert worden und heute noch an der Nürnberger Frauenkirche zu sehen. Jeden Mittag kann man mit dem Glockenschlag um zwölf Uhr das „Männleinlaufen“ beobachten, bei dem die sieben Kurfürsten drei Mal um den Kaiser herumlaufen.

Stand: 22.07.2015, 12:02 Uhr

Darstellung: