65 Kilometer entfernt von Mallorca liegt "die Kleinere" – Minor, wie die alten Römer Menorca genannt haben: 50 Kilometer lang und gerade mal 16 Kilometer breit. Auch Menorca ist eine Familieninsel, aber hier geht es ruhiger und beschaulicher zu als auf der großen Nachbarinsel. Das Klima ist etwas feuchter und kälter als das der anderen Baleareninseln. Viele Pflanzen und Tiere haben sich an die speziellen Gegebenheiten angepasst und weiterentwickelt. 1993 wurde die grüne Insel zum UNESCO Biosphärenreservat erklärt. Ein Gebirge hat Menorca nicht: Der höchste "Berg", der Monte Toro, ist 357 Meter hoch.
Wandern auf dem Pferdeweg
Zu den bekanntesten Wanderrouten der Insel gehört der historische Camí de Cavalls, der "Weg für Pferde", der 185 Kilometer etappenweise rund um die Insel führt. Der heutige Fernwanderweg diente einst der Verteidigung von Menorca – als militärischer Verbindungsweg zwischen den einzelnen Wachposten. Der Camí de Cavalls verläuft zum Teil immer noch über Privatgrundstücke, ist aber seit einigen Jahren wieder frei zugänglich – auch zu Pferd. Die Menschen auf Menorca lieben Pferde und sind stolz auf ihre eigene Rasse: Die Cavalls de Raça Menorquina sind schwarze Warmblüter, genügsam und widerstandsfähig, und haben in Ciutadella sogar ein eigenes Denkmal. Für Pferdefreunde ist Menorca eine ideale Insel: Es gibt zahlreiche Reiterhöfe, die auch geführte Ausritte und Tagestouren anbieten.

Der Camí de Cavalls, der Pferdeweg, führt entlang der Küste von Menorca.
Adelspaläste in Ciutadella
Ciutadella liegt am westlichen Ende der Insel und gilt mit ihren mittelalterlichen Gassen und aufwändig restaurierten Bauten als eine der schönsten Städte Spaniens. Vom Naturhafen, an dem viele Restaurants liegen, steigt man in die Altstadt hoch. Wer in der Fischhalle von Ciutadella einkauft, kann die Ware gegen einen Aufpreis in dem Restaurant gleich neben dem Markt zubereiten lassen.
1558 war die Stadt nach einem Angriff der Türken weitgehend zerstört, später wurde sie wieder aufgebaut und erlebte einen wirtschaftlichen Aufschwung. In vielen der Stadthäuser und kleineren Paläste, die im 18. und 19. Jahrhundert erbaut wurden, leben bis heute menorquinische Adelsfamilien.
Bei der Fiesta de San Juan, dem Fest des heiligen Johannes Ende Juni, steht wie bei vielen anderen Volksfesten auf der Insel das Pferd im Mittelpunkt: Der Reiter tritt in die Häuser ein und bringt seinen Bewohnern damit Glück. Und bei Turnieren müssen die Reiter ihre Geschicklichkeit beweisen, zum Beispiel im vollen Galopp mit einer Lanze einen kleinen Gummiring aufspießen. Seinen Ursprung hatte die Fiesta vermutlich im 14. Jahrhundert, als die Einwohner zu der kleinen Kapelle ihres Schutzpatrons ritten.
Fornells
Der hübsche Fischerort Fornells an der Nordküste hat sich trotz der Touristen in den letzten Jahrzehnten kaum verändert: keine Hotelburgen, keine Menschenmassen – dafür viele Wassersportler. In der vier Kilometer langen Bucht herrschen ideale Bedingungen, für Segler ebenso wie für Kanuten und Windsurfer. Mehrere Segelschulen im Ort bieten Kurse an. Aber man kann auch einfach ein Boot mieten. Empfehlenswert ist eine geführte Kanutour entlang der Küste. Die Guides kennen die schönsten Plätze und wissen das Wetter gut einzuschätzen.
Naturpark de s’Albufera des Grau
Der Naturpark s'Albufera des Grau nahe der Hauptstadt Mahón im Nordosten von Menorca ist das zweitgrößte Feuchtgebiet der ganzen Balearen – und ein Paradies für Vogelbeobachter und Naturliebhaber. Der fast 2.000 Hektar große Park ist ein Labyrinth aus überfluteten Seegraswiesen, Inseln und einer Süßwasserlagune, die von einem Dünengürtel vom Meer getrennt ist. Das Gelände ist frei zugänglich und durchzogen von vielen kleinen Wegen. Am Rand der seichten Gewässer brüten oder rasten fast 100 Vogelarten, darunter Teichralle, Stelzenläufer und Schilfrohrsänger, aber auch Fischadler, Kormorane und Fischreiher. Insgesamt kommen in s'Albufera mehr als 200 verschiedene Pflanzenarten vor. An den Stellen, die nicht vom Salzwasser erreicht werden, wachsen Schilfrohr, Binsen und Ravenna-Gras. Es gibt ein Besucherzentrum, das anschaulich über Fauna und Flora des Parks informiert.

Der Naturpark s'Albufera des Grau im Nordosten von Menorca ist das zweitgrößte Feuchtgebiet der ganzen Balearen.
Die Kultbauten der Talayot-Kultur
Menorca hat die höchste Dichte an archäologischen Stätten im gesamten Mittelmeerraum. Mehr als 1.500 Fundstellen mit prähistorischen Bauwerken oder deren Resten kann man hier besichtigen. Touristische Routen führen die Archäologiefans über die ganze Insel. Die sogenannte Talayot-Kultur verbreitete sich im östlichen Mittelmeer ab 2000 vor Christus. Die spektakulären Kultbauten bestehen aus riesigen Bruchsteinen, die zu einem Trockenmauerwerk, also ohne Verwendung von Mörtel, aufgeschichtet sind. Diese Talayot-Häuser haben mit ihren Säulen und Pilastern sogar einen eigenen Architekturstil, der sich von denen der Nachbarinseln unterscheidet.

Prähistorische Bauwerke der Talayot-Kultur
Ibiza
Ibiza, katalanisch Eivissa, ist die drittgrößte Insel der Balearen und hat weniger als ein Fünftel der Fläche Mallorcas. Die Hauptstadt Eivissa, UNESCO Weltkulturerbe, besitzt eine schöne Altstadt mit vielen Geschäften und Restaurants. Der Süden (eine etwas teurere Gegend) bietet einsame Strände und schicke Bars. Im Osten liegt Santa Eulària, das Zentrum der Insel für Familienurlaub mit kleinen und größeren Hotels und familientauglichen Badestränden. Im Westen liegt Sant Antoni, die zweitgrößte Stadt Ibizas und Partyzentrum der Insel. Aber auch wenn sich Ibiza durch Partys, freies Leben und Badekultur seinen Ruf erworben hat, gibt es an der 210 Kilometer langen Küste viele ruhige Fleckchen und im Landesinnern immer noch Ursprüngliches.

Dalt Vila, die Altstadt Eivissas. Von der Festung hat man einen phantastischem Ausblick auf den Hafen und das Meer.
Das Erbe der Hippies
Allein zwischen 1965 und 1975 kamen rund 100.000 Hippies nach Ibiza. "Langhaarige" nannten die Einheimischen die in bunte Gewänder gekleideten jungen Leute, die hier nach einem friedlichen, freien und naturverbundenen Leben suchten. Viele zogen weiter, aber einige blieben und fanden Arbeit, oft im kreativen, künstlerischen Bereich. Die Hippies und ihre Flower-Power-Kultur haben die Insel geprägt – und die von ihnen organisierten Märkte sind heute eine Touristenattraktion. Der älteste ist der Punta Arabì, der mittwochs in Es Canar stattfindet. Donnerstags kann man den Markt in Cala Llonga besuchen, der für seine trendigen Accessoires berühmt ist. Der bekannteste ist der Hippiemarkt Las Dalias in San Carlos, den es seit 1985 gibt. Er findet samstags von 10 bis 20 Uhr statt. Und sonntags kommen Alt-Hippies und junge Touristen an den Strand Cala Benirrás, um den Sonnenuntergang zu feiern.
Die sogenannte Adlib-Mode ist vom Hippiestil der 1970er-Jahre beeinflusst und steht für den speziellen Ibiza Style: weiße, weich fallende Kleidung, Strohhüte, Espadrilles, Umschlagtücher und Blumenschmuck für die Haare. Alles aus Naturfasern gefertigt und verziert mit Stickereien und Spitze.

Der Strand Benirràs
Familienfreundliches Santa Eulalia
Santa Eulalia – auf Katalan Santa Eulària – ist die zweitgrößte Stadt Ibizas und besonders bei Familien und Ruhesuchenden beliebt. Auch Barrierefreiheit ist ein Thema – mehr als in den anderen Orten der Insel. Vom Yachthafen aus starten Bootstouren zu Tauch- und Schnorchelausflügen, aber auch in die kleine idyllische Bucht Cala Mastella. Hier liegt eins der berühmtesten Restaurants der Insel: El Bigotes, was übersetzt "Schnurrbarthaare" heißt. In dem fast immer ausgebuchten Restaurant wird nur ein einziges Gericht serviert: ein Eintopf mit frischem Fisch, Gemüse, Reis und Kartoffeln.

Das kleine Restaurant El Bigote in der Bucht Cala Mastella
Eivissa – zwischen Mittelalter und Partystimmung
Dalt Vila, die historische Altstadt von Eivissa, gehört zum UNESCO Weltkulturerbe. Hinter den klobigen Verteidigungsmauern aus dem 16. Jahrhundert befindet sich ein Labyrinth aus schmalen Straßen mit Kopfsteinpflaster, die bis zur Kathedrale Santa Maria de las Nieves führen. Von der "Oberstadt", die auf einem Hügel liegt, hat man einen fantastischen Ausblick auf den Hafen und das Meer. Einer der fünf Eingänge in die Altstadt führt von der Hafenseite aus durch das imposante Stadttor Portal de ses Taules. In der zweiten Maiwoche findet in Dalt Vila alljährlich eines der schönsten Mittelalterfeste Europas statt. Statisten und Schauspieler präsentieren in Originalkostümen die drei Kulturen, die Ibiza geprägt haben – die christliche, die arabische und die hebräische.
Einige Kilometer südlich der Hauptstadt liegt die Platja d’en Bossa: der längste und berühmteste Strand von Ibiza. Hier, im Süden der Insel, befinden sich die teuren Beach-Clubs, in denen man für Liegen und Getränke tief in die Tasche greifen muss und wo schon tagsüber ein DJ die Gäste in Stimmung bringt. Sehen und gesehen werden – das ist das Motto. Anfang der 1980er-Jahre zog die Schickeria auf Ibiza ein. Und mit ihr das Nachtleben in den Diskotheken. Auf Ibiza tanzten Promis, Superreiche, Künstler und Paradiesvögel nebeneinander und schufen das Bild der "Party-Insel". Die großen Clubs von Ibiza-Stadt liegen heute in der Nähe des Yachthafens.
Lesetipps für Spanien
Susanne Lipps, Oliver Breda
DuMont Reise-Handbuch Mallorca (mit Karte)
DuMont Reiseverlag, 5. Aufl. 2019
ISBN 978-3770181377
Preis: 23,99 Euro
Hartmut Engel
Mallorca GR 221: Route der Trockensteinmauern
Conrad Stein Verlag, 2. Aufl. 2019
ISBN 978-3866865457
Preis: 12,90 Euro
Wanderführer mit Wegbeschreibung der einzelnen Etappen des Fernwanderwegs GR 221, mit GPS Tracks, Hintergrundinformationen und praktischen Tipps wie Übernachtungsmöglichkeiten
Thomas Niederste-Werbeck
Zu Gast auf Mallorca: Sehnsuchtsorte, Originalrezepte und Geheimtipps
Callwey, 2. Aufl. 2020
ISBN 978-3766724519
Preis: 45,00 Euro
Robert Zsolnay
Menorca
Michael Müller Verlag, 4. Aufl. 2023
ISBN 978-3956549793
Preis: 19,90 Euro
Daniel Krasa, Hans-R. Grundmann
Reise Know-How Reiseführer Ibiza mit Formentera
Reise Know-How Verlag, 5. erw. Aufl. 2018
ISBN 978-3896627452
Preis: 14,90 Euro
Ulrike Wiebrecht
Costa Brava. Reiseführer mit Faltplan
DuMont Reiseverlag, 2018
ISBN 978-3770183180
Preis: 11,99 Euro
Holger Grumt Suárez, Rolando Grumt Suárez
111 Orte in Barcelona, die man gesehen haben muss
Emons Verlag, 2021
ISBN 978-3740809942
Preis: 16,95 Euro