Auf der Schlei bis an die Ostsee

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Jo Hiller schippert mit dem Hausboot

Auf der Schlei bis an die Ostsee

Stand: 04.10.2020, 20:15 Uhr

Der Meeresarm Schlei an der Ostsee bietet an den Ufern und auf dem Wasser auf 42 Kilometer eine idyllische Ferienregion. Moderator Jo Hiller schippert mit dem Hausboot von Kappeln bis an die Spitze der Schlei nach Schleswig und macht sich dann auf dem Ostseeküstenradweg auf den Weg über Eckernförde zurück an die Ostsee.

Sie sieht aus wie ein Fluss. Tatsächlich ist die Schlei der längste Meeresarm der Ostsee: Er bietet an den Ufern und auf dem Wasser auf 42 Kilometer eine idyllische Ferienregion. Jo Hiller schippert mit dem Hausboot von Kappeln bis an die Spitze der Schlei nach Schleswig und macht sich dann auf dem Ostseeküstenradweg auf den Weg über Eckernförde zurück an die Ostsee. Er passiert kleine Fischerdörfer mit reetgedeckten Häusern wie das denkmalgeschützte Sieseby und Touristenzentren wie das Ostseebad Damp. Unterwegs trifft er Menschen, die an, mit und von der Schlei leben: Mit einem Berufsfischer spürt er der Fischfangtradition der Wikinger nach. Er besucht eine Fischräucherei und den Weltumsegler Wilfried Erdmann, der sich an der Schlei niedergelassen hat. Außerdem geht Jo Hiller auf die Suche nach dem Fernsehdorf "Deekelsen", in dem jahrelang "Der Landarzt" seine Praxis hatte. Schauplätze dieses erfundenen Dorfes kann man heute noch besuchen: ein Café auf Gut Lindauhof sowie den Holländerhof Wagersrott mit seinem Rosengarten.

Bereits die Wikinger kannten den Seeweg

Die Schlei ist ein Meeresarm der Ostsee nördlich von Kiel in Schleswig-Holstein. Er ist rund 42 Kilometer lang und trennt die beiden Halbinseln Angeln und Schwansen voneinander. Bereits die Wikinger kannten den Seeweg der Förde und haben ihre Spuren hinterlassen. Das Wasser der Schlei ist sogenanntes Brackwasser, eine Mischung aus Süß- und Salzwasser. Die nur rund drei Meter tiefe Fahrrinne kann von großen Frachtern nicht befahren werden, was die vielen Segler und Wassersportler freut. Der Schaufelraddampfer "Schlei-Prinzess" und zwei weitere Ausflugsschiffe fahren auf der großen Tour von der Schleimünde bis Schleswig und wieder retour. In vielen Häfen kann man sich Hausboote mit und ohne Kapitän mieten, für den Urlaub oder nur für einen Tag. Manche der Hausboote liegen fest, mit anderen kann man mit maximal 15 km/h zwischen Schleswig und Kappeln touren. Wer selbst am Steuer stehen will, benötigt den Sportbootführerschein für Meeresgewässer.

Die Ufer der Schlei säumen Halbinseln, Waldstücke, Schilfgürtel und geschwungene Wiesenlandschaften. Ein Teil des Ostseeradwegs führt hier entlang. Es gibt 15 Themenstrecken wie SchleiuferTörn, LandarztTörn oder WikingerTörn, die mit speziellen Symbolen gut ausgeschildert sind. Dazu wird Kartenmaterial mit Hintergrundinformationen zur Streckenlänge, Streckenbeschaffenheit sowie zu den Sehenswürdigkeiten am Wegesrand angeboten.

Jo Hiller und Kapitän Matthias Nanz auf einem Hausboot

Jo Hiller befährt mit einem Hausboot die Schlei. Begleitet wird er von Kapitän Matthias Nanz (r).

Die Lotseninsel und ihre "Giftbude"

Die Lotseninsel an der Schleimündung ist eine Halbinsel, die zum Teil unter Naturschutz steht und Seglern und Wassersportlern als Anlaufstelle dient. Sie gehört seit 2008 einer gemeinnützigen Stiftung und wird nachhaltig bewirtschaftet. Das ehemalige Lotsenhaus wurde Ende des 19. Jahrhunderts erbaut und diente den Lotsen und ihren Familien als Unterkunft. Heute finden hier Seminare und Workshops zu Themen rund um die nachhaltige Entwicklung statt.
Wahrzeichen der Lotseninsel ist der grün-weiße Leuchtturm, der die Einfahrt von der Ostsee in die Schlei markiert. Früher wohnte hier auch ein Leuchtturmwärter. Heute wird das Leuchtfeuer automatisch gesteuert. Und das Licht kann von Schiffen selbst in 15 Seemeilen Entfernung noch gesichtet werden. Die "Giftbude", das kleine Lokal auf der Halbinsel, lockt heute vor allem Ausflügler an. Vor 100 Jahren waren es meist Schiffer, die hier etwas zu Essen und Trinken bekamen, wenn sie nach langer Seereise den Nothafen Schleimünde erreichten oder wegen schlechten Wetters erst gar nicht rausfahren konnten. Das Wort "Gift" stammt aus dem Althochdeutschen und geht auf das Wort "Gabe" zurück, eine "Giftbude" ist eine einfache Gaststätte. Im Plattdeutschen sagt man auch "Gift dat hier wat?" Gemeint ist: "Gibt es hier etwas (zu essen)?"

Kleiner grün-weißer Leuchtturm auf einer vorgelagerten künstlichen Insel

Die Einfahrt von der Ostsee in die Schlei wird von einem grün-weißen Leuchtturm markiert.

Schleifischer: Aale und Hering fangfrisch vom Kutter

An vielen Stellen rund um die Förde kann man Fisch kaufen, der in der Schlei auch gefangen wurde. Zu den wenigen Berufsfischern heute gehört Matthias Nanz. Fast täglich ist er mit seinem Kutter auf der Schlei unterwegs. Sein Standort ist der kleine Fischerhafen in Holm, einem Stadtteil von Schleswig. Seit vielen Hundert Jahren fahren die Schleifischer von diesem Platz aus zu ihren Fischgründen. Guter Fang wird damals wie heute gemacht. Schon die alten Wikinger schätzten den Reichtum an Hering und Aal. Auch Schollen und Flundern gibt es häufig, im Sommer kommt auch Meerforelle in die Netze. Die Schleifischer verkaufen ihren Fang an die örtlichen Geschäfte und Räuchereien. Zudem haben sie feste Standorte in den Häfen und bieten ihren Fisch traditionell auch vom Kutter aus an. Mit einer gemeinsamen, von der EU geförderten Aktion wollen Schleifischer und Angler dazu beitragen, die Population der Aale im Ostseeraum weiter zu stärken: Im Frühjahr setzen sie Jungaale, die vor den Küsten Englands und Frankreichs gefangen werden, in der Schlei aus. Denn hier sind die Bedingungen für den Wanderfisch nach wie vor gut, und der Mensch hilft ihm bei der Rückkehr in die Schlei aus den weit entfernten Laichgebieten.

Ein Schleifischer bei der Arbeit mit Netzen

Seit vielen Hundert Jahren fahren die Schleifischer von Holm zu ihren Fischgründen.

Deutsch-dänische Vergangenheit

Viele kleine Orte entlang der Schlei wie Sieseby enden auf "by", dem dänischen Wort für "Hof" oder später "kleine Stadt". Die Fischersiedlung Holm heißt übersetzt "kleine Insel". Und in Schleswig gibt es ein dänisches Gymnasium und zwei Grundschulen. Die deutsch-dänische Vergangenheit geht weit zurück. Seit 811 existiert eine Art "deutsch-dänische" Grenze, um die bereits Wikingerkönig Hemming und Kaiser Karl der Große kämpften. Oft wurde sie verschoben, in beide Richtungen. Immer wieder stritten sich Deutschland und Dänemark um Gebiete, führten Kriege gegeneinander. 1848 kam es zur Schleswig-Holsteinischen Erhebung: Die deutsch gesinnte Bevölkerung der Herzogtümer Schleswig und Holstein sprach sich gegen die Herrschaft des dänischen Königs aus. Die kriegerische Auseinandersetzung endete 1851 mit dem Sieg der Dänen. Im Deutsch-Dänischen Krieg (1864) besiegten österreichische und preußische Truppen die dänischen Truppen bei Düppel. Diesmal eroberten die Preußen gemeinsam mit den Österreichern die Gebiete. 1920 kam es zu einer Volksabstimmung: Der überwiegend Dänisch sprechende Norden entschied sich für Dänemark, der überwiegend Deutsch sprechende Süden für Deutschland. Damit war Frieden. Und die dänischen Südschleswiger gelten heute neben anderen ethnischen Gruppen als nationale Minderheit und unterliegen dem besonderen Minderheitenschutz.

Lesetipps

Ostseefjord Schlei, Schleswig. Kompass Wanderkarte 1:35000
Kompass, 2020
ISBN 978-3990447567
Preis: 12,99 Euro

Roland Pump (Text), Günter Pump (Fotos)
Die Schlei: Der lange Arm der Ostsee
Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, akt. Aufl. 2021
ISBN 978-3898764148
Preis: 8,95 Euro

Hans-Jürgen Fründt
Ostseeküste Schleswig-Holstein. Reiseführer mit Infos zu den Orten an der Schlei
Reise Know-How Verlag, 13. akt. Aufl. 2022
ISBN 978-3831735587
Preis: 17,90 Euro

Bernhard Pollmann, Wolfgang Schwartz
Ostseeküste. Schleswig-Holstein. 60 Wandertouren, auch an der Schlei
Bergverlag Rother, 3. akt. Aufl. 2020
ISBN 978-3763344253
Preis: 16,90 Euro

Die Sendung ist eine Wiederholung vom 4. Oktober 2020.

Moderation: Jo Hiller

Redaktion: Christiane Möllers

Autorin: Anja Koenzen

Internettext: Petra Berthold