So wohnt der Westen

Wie wir wohnen, verändert sich ständig. Und die Menschen hier sind ganz schön kreativ. Wie also lebt es sich, in unserem schönen Bundesland?

Zusammen mit den Hausboot-Besitzern Sylvia Erkens und Leo Reyrink aus Leverkusen, dem Bunker-Besitzer Bernhard Petz aus Mönchengladbach, der Ökodorf-Bewohnerin Ute Möller aus Bielefeld und dem Tiny-House Schreiner Stefan Diekmann aus Hamm und schauen wir auf die acht Regionen in unserem Westen ...

Niederrhein
Mühle als Wohnhaus

Wiesen und viel grüne Landschaften soweit das Auge reicht - das ist der Niederrhein. Typisch für die Gegend sind auch die vielen Mühlen. Einige sind noch in Betrieb, die meisten aber werden nicht mehr wirtschaftlich genutzt. Dafür manche aber als Wohn- oder auch als Ferienhaus.
Ein Mühle zu bewohnen stellt allerdings eine gewisse Herausforderung beim Einrichten dar: Gerade Wände? Fehlanzeige. Aber dafür ist die Atmosphäre in einer Mühle mit Sicherheit ein runde Sache.

Wohnen in einer Bunkersiedlung
Eine der ungewöhnlichsten Arten zu wohnen ist sicher die Bunkersiedlung in Kevelaer-Twisteden. Auf einer Fläche von 150 Hektar wurde einst Munition gelagert. Die Anlage bestand aus 325 überirdischen, dünenartig gewölbten Bunkern. Seit 1994 werden diese zu modernen Wohnhäusern umgebaut – und finden viel Anklang.
Die neuen Besitzer toben sich hier kreativ aus und so sind viele moderne Wohnräume entstanden - fern von Bunker-Mief. Außerdem ist so ein Bunker durchaus praktisch: denn er ist sehr energieeffizient und lässt übermäßige Hitze, Kälte und jeglichen Lärm draußen.

Leben und Arbeiten im Bunker
In einem Bunker leben und arbeiten - das klang auch für den Bildhauer und Musiker Bernhard Petz sehr attraktiv. Er und seine Frau haben in Mönchengladbach-Güdderath einen alten Schutzbunker gekauft und ihn in ein großzügiges Atelier und Wohnhaus umgebaut.
Dafür haben sie zusätzlich einen Bungalow auf den Bunker gesetzt: 300 Quadratmeter Wohnfläche und unten 700 Quadratmeter Bunker – hier kann man sich definitv entfalten. Der Umbau hat aber auch lange gedauert. Denn außergewöhnlich wohnen heißt meistens auch: extra viel Arbeit.

Bergisches Land
Wohnen in einer Riesen-WG
Eine Wohngemeinschaft? Eigentlich nichts Neues. Im Bergischen aber gibt es eine stattliche „XXL-WG“. In einer ehemaligen Marmeladenfabrik in Wuppertal-Elberfeld haben 2011 zwei Freunde dieses spannende Wohnprojekt in Angriff genommen.
Mit viel Eigenleistung haben sie 22 Appartement-Würfel in unterschiedlichen Größen in die Riesen-Halle gebaut. Dazu gibt es jede Menge Gemeinschaftsräume und viele nette Nachbarn - und das auf üppigen 1100 Quadratmetern und zu bezahlbaren Mieten. In Zeiten von Wohnungsnot und Mietenexplosion in den Städten eine tolle Idee.

Kölner Bucht
Wohnen im neuen Viertel
Köln ist eine beliebte Stadt - und natürlich ist auch hier der Wohnraum knapp und begehrt. Am Rheinauhafen befindet sich ein noch relativ junges Viertel, das mit seinen imposanten Kranhäusern eine Top-Adresse für modernes Wohnen ist.
Von 2006 bis 2010 wurden die drei modernen Hochhäuser gebaut, die von ihrem Aussehen an die hafentypische Kranform erinnern sollen. Die Kölner Stadtentwickler hatten für den Rheinauhafen eine Vision: Mit einer Mischung aus renovierten alten und teils denkmalgeschützten Gebäuden und zukunftsweisenden Neubauten sollte das Areal zu einem modernen Büro- und Wohnviertel werden.
Der Rheinauhafen mit seinen Kranhäusern ist mittlerweile zu einem weiteren Markenzeichen Kölns geworden. Und gehört zu den teuersten Wohnadressen Kölns.

Wohnen auf dem Wasser
Nicht am Rhein, sondern auf dem Rhein leben Sylvia Erkens und ihr Mann Leo Reyrink. In Hitdorf bei Leverkusen ankert ihr wahr gewordener Wohntraum: ein Hausboot in rot.
Großzügige 100 Quadratmeter ist das Boot groß. Früher diente es sieben Hafenarbeitern als Unterkunft. Sylvia und Leo haben viel Arbeit in ihr schwimmendes Zuhause gesteckt, um es so großzügig und modern zu gestalten. Für sie hat es sich gelohnt. Denn bei jedem Wetter hat das Leben auf dem Hausboot einen ganz besonderen Reiz, schwärmen beide.

Südwestfalen
Leben im Fachwerk-Idyll

Im Städtchen Freudenberg ist einer der bedeutendsten historischen Stadtkerne in ganz Westfalen zu bewundern. Im Zentrum der Altstadt, auch ‚Alter Flecken‘ genannt, stehen rund 50 Fachwerkhäuser in Reih und Glied.
Nach einem Großbrand im Jahr 1666 wurden sie wiederaufgebaut. Seit 350 Jahren ist der Stadtkern Freudenbergs jetzt aber unverändert. Das ist so pittoresk, dass der ‚Alte Flecken‘ sogar in den NRW-Kulturatlas als "Baudenkmal von internationaler Bedeutung" aufgenommen wurde. Doch hinter manch historischer Fassade verbirgt sich oftmals ein erstaunlich modernes Inneres.

Teutoburger Wald
Wohnen im historischen Stadtkern
Ruhe und Entschleunigung mitten in der Stadt? Das gelingt im schönen Detmold. Der Altstadtkern wurde vom Krieg weitgehend verschont und wird geprägt von zahlreichen gut erhalten Bauten aus gleich drei Epochen. Hier kann man in den verwinkelten Gassen die Zeit vergessen. Detmold ist sicher eine Reise wert, umso glücklicher ist, wer hier wohnt.

Nicht weit von Detmold entfernt liegt die etwas kleinere Stadt Lemgo. Die alte Hansestadt ist auch bekannt für ihre zahlreichen Bauwerke im Stil der Weserrenaissance. Der Erhalt der historischen Substanz ist den Lemgoern sehr wichtig und das sieht man auch: Über 400 gut erhaltene und gepflegte Denkmäler und Häuser gibt es hier. Was für ein tolles Wohnambiente!

Leben in der Ökosiedlung
Zusammenleben - im Einklang miteinander und der Natur. Das geht in der Ökosiedlung Waldquelle in Bielefeld. Das Wohnprojekt wurde 1996 fertig gestellt und gehört zu den ersten hier bei uns im Westen. Von Anfang an dabei ist unsere Westen-Entdeckerin Ute Möller.
Insgesamt wohnen hier knapp 300 Menschen wie in einem kleinen Dorf zusammen. Entweder in eigenen Häusern oder genossenschaftlich geförderten Wohnungen. Alles ist außerdem ökologisch konzipiert. Und so gibt es hier viel Holz, viel Grün und Solarzellen auf dem Dach - ein kleines Paradies.
Fünf Jahre dauerte die Projektplanung. In dieser Zeit wurde viel geredet, organisiert, geplant und geschafft. Aber auch nach fast 25 Jahren ist immer noch alles in Bewegung und die Entwicklung geht weiter. Ein intensives Miteinander leben. Ute Möller weiß das zu schätzen.

Eifel
Leben im Vennhof
Eifel – das bedeutet Natur satt. Doch das Leben hier war und ist wetterbedingt nicht immer einfach: Die Winter sind hier härter als anderswo im Land und auch die Westwinde sind eine Herausforderung. Man musste also früh lernen, mit der Natur zu leben. Und passte so auch die Bauweise der Häuser und Bauernhöfe an die Bedingungen an.

Riesige Buchenhecken schützen die Häuser zum Beispiel vor den rauen Eifelwinden. Praktisch - und sieht auch noch schön aus. Auch die Architektur der Vennhöfe, wie die Bauernhöfe in der Region um Monschau genannt werden, berücksichtigt die Wetterverhältnisse.
Vielen der alten Höfe droht allerdings der Verfall. Einige aber wurden mit viel Liebe restauriert und dienen heute wieder als Wohn- oder auch Ferienhaus.

Leben im Patchwork-Haus
Patchwork – das heißt: bunt zusammengewürfelt. In Aachen gibt es ein ganz besonderes Wohnprojekt, das genau das will. Alt und Jung, Singles und Familien – alle leben hier im PatchWorkHaus zusammen und das Ganze solidarisch und ökologisch, genossenschaftlich organisiert.

2008 hat eine Gruppe engagierter Menschen mit diesem großen Vorhaben den Verein “Patchwork“ gegründet. Lange haben sie geplant und gebaut, bevor 2016 endlich Richtfest war. Entstanden sind so 19 Wohnungen für eine Gemeinschaft von 39 Menschen  - die alle happy sind, ein Teil dieses Projekts zu sein.  

Münsterland
Wohnen im Tiny House
Äcker, Wiesen, Weiden und kleine Wälder - auf dem Land lässt es sich hier im Münsterland noch großzügig wohnen. Doch auch hier wird es in den Städten eng. Ein naheliegender Gedanke also zu überlegen: Wieviel Platz braucht man wirklich zum Wohnen? Geht's nicht auch etwas kleiner?
Unser Westen-Entdecker und Schreiner Stefan Diekmann aus Hamm hat sich daher auf "Tiny Houses" spezialisiert. Und seine Mini-Häuser beweisen: Bereits 25 Quadratmeter Wohnfläche können reichen.
Immer mehr Menschen finden die Idee, sich sowohl beim Wohnraum als auch beim Besitz zu reduzieren, reizvoll. Ein Problem ist allerding die Frage, wo das Tiny House stehen soll. Denn geeignete Stellplatzflächen sind - noch - rar.

Ruhrgebiet
Leben am Phoenix-See
Das Ruhrgebiet ist wohl die Region bei uns im Westen, mit dem größten Wandel. Bergbau - das war ein Mal. 2018 hat die letzte Zeche dicht gemacht. Was aber soll mit den alten Zechengeländen geschehen?
In Dortmund ist auf der Fläche eines ehemaligen Stahlwerkes gleich ein komplettes neues Naherholungs- und Wohngebiet entstanden - inklusive See.
Fünf Jahre wurde das Riesen-Projekt "Phoenix-See" geplant, weitere fünf gebaut. 2010 wurde der See geflutet und hat damit 100 Jahre Dortmunder Stahlgeschichte unter sich begraben.
Mittlerweile ist der Phoenix-See Dortmunds hippstes, aber auch teuerstes Wohnviertel.

Leben in der Zechensiedlung
Auch Herne ist geprägt vom Bergbau und den Zechen. 1909 wurden im Stadtteil Börnig die ersten Häuser für eine Arbeitersiedlung gebaut - gemeinsam mit der Zeche Teutoburgia. Vorbild der Kolonie war das englische Gartenstadtkonzept - mit Mehrfamilienhäusern, großen Freiflächen, Grünanlagen und Gärten. Ein Gegenentwurf zu Mietskasernen und Elendsquartieren – das war revolutionär zu der Zeit!

Die Zeche schloss bereits 1925, doch die Siedlung gibt es immer noch. Renoviert und unter Denkmalschutz gestellt, gehört sie zu der städtebauhistorisch wichtigsten Arbeitersiedlung im Ruhrgebiet und ist heute noch ein überaus beliebtes Wohnviertel.

Stand: 04.12.2020, 00:00 Uhr