In Aufruhr - Trump und der Sport

Stand: 05.02.2017, 12:42 Uhr

  • Sportler kritisieren Einreiseverbot
  • US-Ringer dürfen nicht in den Iran reisen
  • IOC hält sich zurück
  • Auswirkungen auf Olympiabewerbung von Los Angeles

Von Michael Ostermann

Die Boxer waren die ersten: Da war Donald Trump noch nicht einmal zum US-Präsidenten gewählt. "Sollte Trump wirklich Präsident werden, wird das wohl der letzte Kampf sein, den wir in den USA bestreiten", sagte Amir Khan im Mai 2016 auf einer Pressekonferenz in Las Vegas vor seinem WM-Kampf um den WBC-Gürtel im Mittelgewicht.

Khan ist Brite pakistanischer Abstammung und Muslim. Sein Gegner damals Saul "Canelo" Alvarez - ein Mexikaner und darum ebenfalls nicht gut zu sprechen auf Trump, der Mexikaner im Wahlkampf pauschal als "Kriminelle" und "Vergewaltiger" beschimpft hatte. "Das hat mich schon sehr gekränkt. Das tat weh", erklärte Alvarez.

"Schockierend"

Khans Bemerkung über den vermutlich letzten Fight in den USA wurde damals mit großem Gelächter aufgenommen. Doch inzwischen ist Schluss mit lustig. Trump ist seit Januar tatsächlich als Präsident im Amt. In einer seiner ersten Amtshandlungen hat Trump per Dekret ein Einreiseverbot für Staatsbürger aus den mehrheitlich von Muslimen bewohnten Ländern Iran, Irak, Syrien, Sudan, Somalia, Lybien und dem Jemen verfügt.

Weltweit herscht nun Empörung. Auch und gerade im Sport, der sich stets als ein verbindendes Element zwischen allen Menschen versteht. "Das ist schockierend. Ich fühle mit allen Menschen, die davon betroffen sind", sagte Basketball-Trainer Steve Kerr, der die Golden State Warriors 2015 zum NBA-Titel führte. Und sein Kollege Gregg Popovich von den San Antonio Spurs nannte den Erlass erschreckend.

Scharfe Kritik kam auch vom britischen Olympiasieger über 5.000 und 10.000 Meter Mohamed Farah, der als Achtjähriger aus Somalia nach England floh und inzwischen in den USA lebt und trainiert. Als der Präsident das von vielen als "Muslim Ban" bezeichnete Dekret unterzeichnete, befand Farah sich im Trainingslager in Äthiopien und wähnte sich deshalb von der Maßnahme betroffen. "Am 1. Januar wurde ich von der Queen zum Ritter geschlagen. Am 27. Januar hat mich Präsident Trump anscheinend zum Fremden gemacht", klagte er via Facebook.

Iran verweigert US-Ringern Einreise

Unmittelbare Auswirkung hat der Erlass nun aber zunächst einmal auf die amerikanische Nationalmannschaft der Ringer, die am 8. Februar an einem Wettkampf im Iran teilnehmen wollten. Doch nun erhalten sie von den iranischen Behörden keine Visa. "In Anbetracht des politischen Kurses der neuen US-Regierung war das Außenministerium zu diesem Schritt gezwungen", sagte der Sprecher des Ministeriums, Bahram Ghasemi, am Freitag (03.02.17) der Nachrichtenagentur INRA.

Die islamische Republik reagiert damit nicht nur auf das Einreiseverbot für iranische Staatsbürger in den USA. Trump hatte zuletzt den Ton gegenüber dem Iran deutlich verschärft und dem Land nach einem Raketentest mit Sanktionen gedroht. Das unter seinem Vorgänger Barack Obama ausgehandelte Atomabkommen mit Iran lehnt der neue US-Präsident ab.

IOC hält sich zurück

In den ersten Tagen nach Trumps Erlass herrschte zunächst große Verunsicherung darüber, in wie weit auch Sportler von der Maßnahme betroffen sein würden. Inzwischen hat sich die Aufregung ein wenig gelegt. Nachdem der isländische Taekwondo-Kämpfer Meisam Rafei, der im Iran geboren wurde, das Flugzeug, das ihm zu den US Open in Las Vegas bringen sollte, vor dem Abflug verlassen musste, haben die Sportverbände bei der Regierung erfolgreich interveniert. Sportler und Funktionäre aus den vom Einreiseverbot betroffenen Ländern sollen demnach eine Ausnahmegenehmigung für die Teilnahme an internationalen Wettkämpfen erhalten.

Dieses Entgegenkommen ist auch vor dem Hintergrund der Olympiabewerbung von Los Angeles für die Spiele 2024 zu sehen. Am Freitag (03.02.17) mussten die drei Kandidaten, neben Los Angeles noch Paris und Budapest, ihre letzten Bewerbungsunterlagen beim Internationalen Olymischen Komitee einreichen. Die Wahl findet im September in Lima statt. Das IOC hat sich in der Diskussion um das US-Einreiseverbot auffallend zurück gehalten. Man kommentiere die Politik souveräner Staaten nicht, ließ man über einen Sprecher verlauten.

Trump ist ein Befürworter der Olympiabewerbung. In einem Telefonat mit IOC-Präsident Thomas Bach versicherte er diesem seine Unterstützung für die Kandidatur. Das IOC hat sich schon in der Vergangenheit bei der Vergabe der Spiele nur wenig geschert um Fragen der Menschenrechte. Zumal für die Spiele zwischen 2022 bis 2032 ein Vertrag mit dem US-Fernsehsender NBC abgeschlossen worden ist, der dem IOC die die Rekordsumme von 7,2 Milliarden Dollar einbringt.

"Schlag für die Bewerbung"

Dennoch könnte Trump der Kandidatur von Los Angeles wie auch einer möglichen Bewerbung der USA um die Fußball-WM 2026 mit seinem Erlass geschadet haben. David Wallechensky, Präsident der Gesellschaft Olympischer Historiker, wertete das Einreiseverbot als "Schlag für die Los-Angeles-Bewerbung". Der Chef des US-Fußballverbandes Sunil Gulati erklärte: "Der Sport beinhaltet die Bewegungsfreiheit von Spielern und Ideen."

Der Fußballverband will zunächst die weiteren Entwicklungen abwarten, bevor man über eine WM-Bewerbung entscheidet. Gulati setzte den Präsidenten-Erlass und dessen Auswirkungen deshalb auch in eine größere Relation. "Wie sich das auf internationale Sportereignisse auswirkt, ist, offen gesagt, zweitrangig", sagte er. "Die Probleme, die der Erlass mit sich bringt, gehen weit darüber hinaus."