Kulinarische Premiere im Hafen von Vlotho

Gemütlich gleitet das Hausboot mit seinen sechs km/h auf den naturbelassenen Serpentinen der Mittelweser entlang. Diese entschleunigte Art des Reisens erlaubt es der „Lecker an Bord“-Crew, die schöne Landschaft des Wesergebirges und des Lipper Berglandes mit allen Sinnen zu genießen.

Auch kulinarisch wird wieder einiges geboten: Natürlich kommt der ostwestfälische Klassiker "Pickert" auf den Tisch - allerdings in einer neuen Variante und Zubereitungsart à la Björn Freitag...

Heute wird in der Nähe von Vlotho festgemacht. Der Hafen liegt am Campingplatz Borlefzen, direkt am Weser-Radweg. Ein idealer Ausgangspunkt also, für die Beutetour der beiden Köche.

Zunächst macht sich Björn mit auf den Weg zum ersten Produzenten. In Schwelentrup führt Rudolf Diekmeier mit dem Forellenhof einen der ältesten Höfe der Region. Als der Landwirt ihn in den Achtziger Jahren von seinen Eltern übernimmt, stellt er um auf ökologische Landwirtschaft, und konzentriert sich fortan ganz auf die Haltung von Damwild und Galloway-Rinder.

Damals war Fleischproduktion im Biobereich noch etwas ganz Neues. Und auch die imposanten schottischen Hochlandrinder waren ein neuer Anblick auf der Weide. Die Tiere aus der Region Galloway sind eine der ältesten Rinderrassen der Welt. Die zotteligen Tiere sind besonders anspruchslos und wetterfest. Außerdem bewahren sie die Weiden vor der Verkrautung. Sie werden ausschließlich zur Fleischproduktion gehalten und liefern kleinfaseriges Fleisch in einer sehr hohen Qualität.

Neben den Galloway-Rindern hält Rudolf Diekmeier auf den großen Weiden außerdem noch Damwild. Die rund 50 Tiere sind die meiste Zeit des Jahres draußen, um so naturnah und wild wie möglich gehalten zu werden - und sind so dementsprechend menschenscheu.

Geschlachtet werden die Tiere auf dem Hof. Das bedeutet für sie – ohne Transport - deutlich weniger Stress. Und Rudolf Diekmeier kann selbst entscheiden, wie das Fleisch weiterverarbeitet wird. Und dann kommt es im eigenen Hof-Restaurant auf den Teller - regionaler geht es kaum. Dem Profikoch gibt er ein Hirschkalb-Karree für das Essen an Bord mit auf den Weg.

Franks erstes Ziel ist das Hofgut Klemme. Sein Weg dorthin führt ihn durch die idyllische Landschaft des Kalletals, entlang des gleichnamigen Bachs. Auf dem Hof wird er schon von Margarete Klemme erwartet. Sie lebt hier seit über 50 Jahren und führt den Hof mit viel Liebe, Sorgfalt und Traditionsbewusstsein. Hühner, Gänse, Enten, Schweine, Hasen – auf dem Hof laufen alle Tiere frei herum. Ein kleines Paradies, meint Koch Frank Bucholz.

Der 500 Jahre alte Klemme-Hof steht unter Denkmalschutz und besteht aus sechs original erhaltenen Fachwerkhäusern, außerdem gibt es Stallgebäude, eine Wassermühle und ein Backhaus. In dem backt Frank mit Margarete zusammen ein leckeres Brot im urigen Lehmbackofen.

Einfache und reine Zutaten, traditionelle Verarbeitung – das ist das Geheimrezept aller Produkte die hier auf dem Klemmehof hergestellt werden. „Da ist einfach sehr viel Geschmack und Liebe drin“, ist der Koch überzeugt, und so kann Frank bei all den Köstlichkeiten auch nicht widerstehen, und packt neben dem selbstgebackenen Brot auch noch weitere regionale Leckereien wie Leberwurst und Blutwurst ein. Am Abend wird daraus dann ein leckerer Weserbergland-Spezial-Sandwich...

Björn ist derweil auf dem Weg nach Hohenhausen im Kalletal. Hier ist er auf der Spur des „Pickert“. Die Spezialität aus Kartoffelteig ist seit 300 Jahren das Nationalgericht in Ostwestfalen-Lippe. Und Annette Diekmann so etwas wie die Pickert-Päpstin. Den Diekmanns-Hof gibt es schon seit 1613. Als die zentrale Lage im Dorf keine Tierhaltung mehr zuließ, wurden aus den Ställen eine Großküche und ein Hofladen. Hier wird nun erntefrisches Gemüse und Obst vom eigenen Feld angeboten - und natürlich „Pickert“.
Annette ist eine echte Pickert-Expertin, kreiert gerne neue Variationen und hat auch eine prämierte Pickert-Backmischung entwickelt. Björn Freitag findet, das ist genau das richtige Mitbringsel für Skipper Heinz-Dieter, der immer Appetit auf leckere Sachen hat.

Für das Abendessen an Bord erntet Björn zusammen mit Annette außerdem noch frisch vom Feld ein paar Ringelbeten - eine Mutation von roter Bete und der Rübe. Die sind nicht nur weniger erdig im Geschmack, sondern wegen der hübschen Ringel auch ein Hingucker auf dem Teller. Ein schönes Carpaccio soll daher später daraus werden, meint der Koch.

Für Björn geht es zurück Richtung Campingplatz. Schließlich muss der Hefeteig für den Pickert angesetzt werden. Frank ist noch unterwegs auf der Suche nach regionalen Zutaten, denn für das Abendessen fehlt noch frisches Gemüse. Sein Weg führt ihn daher nach Langenholzhausen zum „Dorfacker“. Maren Kaschka erklärt ihm, das sich dahinter ein tolles Gemeinschaftsprojekt verbirgt: Der Dorfacker ist eine solidarische Landwirtschaft. Die Mitglieder aus der Gegend kaufen Anteile und bezahlen jeden Monat ihren Obolus. Dafür bekommen sie dann das ganze Jahr das, was hier an Gemüse wächst und gedeiht.

Was auf dem Dorfacker angebaut wird, darüber stimmen die Mitglieder ab. Alte Sorten sind besonders beliebt. Ostwestfalen-Lippe gilt als traditionelles Anbaugebiet für Dicke Bohnen. Für Frank ein Grund mehr, sie für das Bootsmenü mit seinen Freunden mitzunehmen.

Und am Abholtag wird schnell klar: Das Gemüse ist die eine Sache, aber die Gemeinschaft, die durch die SoLaWi entstanden ist, die andere. Spitzenkoch Frank ist berührt von so viel Engagement und überzeugt: „Dieser Dorfacker, dieses Miteinander ist sehr richtungsweisend für die heutige Zeit.“ Er findet es wichtig, dass auch ein Bewusstsein dafür entsteht, wo das Essen herkommt und wie viel Arbeit auch drinsteckt. „Ich finde das eigentlich mehr als nur eine gute Idee und so was muss man fördern!“ 

Während die beiden Köche mit dem Rad die Umgebung nach regionalen Leckereien abgesucht haben, hat Heinz-Dieter Fisch von den Anglern am Anlegeplatz besorgt. Eine Brasse, frisch aus der Weser, kommt heute Abend auf den Teller. Endlich - denn der Kapitän der „unaone“ liebt Fisch.

Die beiden Profiköche werden ihn in einem besonderen Sandwich, zusammen mit Lippischer Leber- und Blutwurst kombinieren. Dazu gibt es das Carpaccio aus der Ringelbete mit einer leckeren Vinaigrette. Einfach köstlich - befindet die Crew.

Genauso wir der neu interpretierte Pickert. Der wurde, statt in der Pfanne gebraten, im Ofen gegrillt und mit saftigen-herben Johannisbeeren verfeinert. Dazu: geschmelzter Hirsch mit einer Honig-Zwiebel-Kruste. "Eine Geschmacksexplosion", fasst Skipper Heinz-Dieter das Dinner zusammen.

Stand: 06.09.2018, 12:48 Uhr