Kaiser, Mühlen und freche Ziegen

Die Bootsreise führt die „Lecker an Bord“-Crew heute nach Petershagen. Ein wenig Wehmut ist spürbar, denn es ist bereits die vorletzte Etappe auf dieser Sommereise...

Doch schnell kommt wieder Vorfreude auf. Auf die Erkundungen an Land, die Begegnungen mit leidenschaftlichen Menschen und natürlich: auf das fürstliche Essen an Bord. Der Plan für den Abend: Ein saftiges Stück Fleisch vom Schottischen Hochrind und eine sommerliche Gemüsequiche.

Zwischen Weser- und Wiehengebirge schlängelt sich die Weser nun durch die „Westfälische Pforte“. Und hier bei Porta Westfalica steht auch das Wahrzeichen dieser Region: das Kaiser-Wilhelm-Denkmal. Das imposante Bauwerk ist nicht nur für die "unaone"-Crew vom Wasser aus gut sichtbar – immerhin ist es mit seinen 88 Metern das zweitgrößte Denkmal Deutschlands. 1896 wurde die Statue zu Ehren Kaiser-Wilhelms auf dem Wittekindsberg eingeweiht, und wurde sofort zum Publikumsmagnet.
Seit Juni 2018 erstrahlt das Wahrzeichen nun frisch saniert und mit einem neuen Besucherzentrum mit riesigen Panorama-Fenstern.

Festgemacht wird heute an einem kleinen privaten Anleger in Lahde, einem kleinen Ort, ganz nah bei Petershagen. Ein idealer Startpunkt, für den Beutezug der beiden Köche. Weite Landschaften, naturbelassene Weserauen und fruchtbare Böden erwarten die Köche heute im Mühlenkreis Minden-Lübbecke.

Frank Buchholz freut sich heute ganz besonders, denn er besucht eine Schiffsmühle, in der noch Mehl gemahlen wird. Vor allem Windmühlen gibt es hier in der Gegend, so viele wie nirgendwo sonst in Deutschland. Doch Schiffsmühlen sind selten – und solche, die noch in Betrieb sind erst recht. In dieser fruchtbaren Region wurde seit jeher viel Getreide angebaut – und das musste auch weiterverarbeitet werden. Wie heute noch in der Schiffmühle Minden.

Die Mühle ist ein originalgetreuer Nachbau aus dem 18. Jahrhundert. Sie erinnert an eine Zeit, in der Schiffmühlen auf der Weser die Versorgung der Bevölkerung sicherten. Im Gegensatz zu stationären Mühlen waren sie unabhängig vom Wasserstand. Sie konnten wie ein Schiff in der Mitte eines Flusses verankert und im Kriegsfall in den Schutz der Stadt gezogen werden.

Von Ekkehard König erfährt Frank, wie so eine Wassermühle überhaupt funktioniert. Nur durch die Kraft der Weserströmung wird der 800 Kilogramm schwere Mahlstein in der Mühle angetrieben. Rund 90 Mal dreht der sich in der Minute, und macht aus Roggengetreide feinstes Mehl. Sehr viel feiner, als das im normalen Handel erhältliche, staunt Frank Buchholz. Das frisch gemahlene Mehl hat einen intensiven und feinen Geschmack zugleich. So fein gemahlen ist es außerdem klebefähiger und viel schöner zu verarbeiten, so der Koch. Klar, dass er ein Beutel davon mitnimmt. Und dazu noch den frischen Roggenschrot – der soll später dem Teig einer Quiche einen ganz besonderen Geschmack verleihen.

Björns Suche nach regionalen Zutaten führt ihn heute in das Naturschutzgebiet Windheimer Marsch in Petershagen. Sein Ziel: Die Auen, die von der Biologischen Station Minden-Lübbecke betreut werden. Die naturbelassenen Weserauen werden regelmäßig im Jahr überschwemmt und bilden so einen Lebensraum für viele seltene Pflanzen- und Tierarten.

Doch um die Auenlandschaft zu erhalten, muss sie gepflegt werden. Diesen verantwortungsvollen Job übernehmen hier Schottische Hochlandrinder. Die robusten Rinder der Rasse Scotish Highland Cattle grasen die Flächen ab und verhindern damit eine Verbuschung des Geländes.
Das Fleisch der Tiere ist langsam gewachsen, feinfaserig und schmackhaft – natürlich nimmt sich der Koch ein Filet-Stück mit. Das soll am Abend in einem Salzteig gegart werden.


Im Kreisgarten der Biologischen Station, der sich auf Gut Nordholz befindet, sammelt der Koch noch ein paar Zwiebeln mit ein. Die Beute hätte größer sein können, denn der liebevoll gepflegte Garten bietet eine Vielzahl an alten Kulturpflanzen und Gemüsen, die man sich für wenig Geld dort mitnehmen kann. Aber Björn hält sich zurück, denn Gemüse – das ist heute Franks Job. 

Björns zweiter Stopp ist in Petershagen-Ilse bei Dörmann’s Hofkäserei. Seit vielen Generationen wird der Hof bereits als Familienbetrieb geführt - ursprünglich als klassischer Bauernhof mit Schweinen und Kühen.
Friedrich und Heike Dörmann stellten den Hof aber auf Bio um und spezialisierten sich auf Ziegen. „Seit fast fünfundzwanzig Jahren machen wir ökologischen Landbau. Anfang der neunziger Jahre war die Bio-Vermarktung natürlich noch längst nicht so etabliert. Es war viel mehr Pionier-Arbeit gefragt, als das heute der Fall ist“, erzählt Friedrich.

Außerdem war Ziegenkäse bei weitem noch nicht so beliebt wie heute – sondern ein echtes Nischenprodukt. Doch die Dörmanns stehen nicht nur mit ganzen Herzen hinter ihrem Produkt, sondern sind echte Ziegen-Liebhaber: „Ich finde Ziegen einfach total schöne, vorwitzige Tiere, die immer wieder spannend sind. Ich finde es einfach toll, mit den Ziegen zu arbeiten“, schwärmt Heike.

Zweihundertfünfzig Bunte Deutsche Edelziegen tummeln sich hier auf dem Hof und den Weiden. Im Sommer und bei gutem Wetter sind die Ziegen den ganzen Tag auf der Weide. Neben dem frischen Gras, das sie sich selber suchen, bekommen sie kräuterreiches Heu und selbsterzeugtes Getreide - das schlägt sich auch im Geschmack des Käses nieder.
Die Milch der Tiere wird in der hofeigenen Käserei zu einem breiten Sortiment an Spezialitäten von der Ziege verarbeitet. Viel hat sich Heike beim Käsen selbst beigebracht, und das scheint zu funktionieren. Björn, ausgewiesener Ziegenkäsefan, ist jedenfalls begeistert – vom Geschmack des Käses, und ebenso von der Leidenschaft der Dörmanns. „Das 'Projekt Ziege' - sie leben das ja richtig“, so der Koch beeindruckt. Mit lecker Ziegenkäse in der Kühltasche geht es für ihn jetzt wieder Richtung Bord und Küche…

Derweil ist Frank noch auf der Suche nach weiteren leckeren Zutaten für seine Gemüsequiche. Er wird fündig im „Tausendschön Garten“. Der Gemeinschaftsgarten liegt mitten in einem Wohngebiet der Weserstadt Minden. Gründerin ist Elisabeth Schmelzer. Seit vielen Jahren engagiert sie sich für Soziales und Flüchtlingsarbeit. Als ihr 2014 das Grundstück zur lebenslangen Nutzung für ein soziales Projekt angeboten wird, verwirklicht sie sich einen Traum und eröffnet den Gemeinschaftsacker.
Doch gute Landwirtschaft und gutes Essen sind nur ein Aspekt. Denn Gärtnern bedeutet für Elisabeth nicht nur gute Lebensmittel herzustellen, sie will auch Menschen zusammenbringen. Zusammen mit vielen ehrenamtlichen Helfern ist hier mit dem Tausendschön Garten ein Ort entstanden, indem das Miteinander aller Altersgruppen und Kulturen selbstverständlich ist.
Spitzenkoch Frank Buchholz fühlt sich in dem bunten und wilden Garten sofort wohl – und das prächtige Gemüse überzeugt ihn vollends: Mit Riesen-Zucchinis, leckeren Apollo-Tomaten und einer Handvoll der seltenen schwarzen Pariser Böhnchen, macht sich der Koch auf den Weg zurück zum Boot.

Dort hat sich Heinz-Dieter bereits um die Tischdeko gekümmert. Das Auge ist schließlich. Außerdem ist ihm die „Pflege“ seines Haubootes in allen Aspekten wichtig, denn die „unaone“ ist die Erfüllung eines Traums. Gemeinsam mit seiner Frau hat er es geplant und entworfen. 2014 fand die Jungfernfahrt statt - der Traum war in die Tat umgesetzt!

In der Bordküche macht sich Frank zuerst an den Teig für die Quiche. Dabei kommt der selbstgemachte Roggenschrot – und Mehl zum Einsatz. Während der Teig im Kugelgrill backt, kann Frank in Ruhe den Belag zubereiten.

Björn ist für das Fleisch zuständig. Das Filet wir in einen Salzteig gepackt- dadurch gart es im eigenen Saft und wird besonders schmackhaft und saftig. Zum Rinderfilet macht Björn Bratkartoffeln, Baby-Karotten und eine Sauce Bernaise – Heinz-Dieters Lieblingssauce. Zur Feier des Tages gibt es zum Essen einen leckeren Mojito – mit frischer Minze aus der Windheimer Marsch. Köche und Skipper sind zufrieden mit dem Ergebnis – und freuen sich auf die nächste Etappe…

Stand: 09.09.2018, 17:20 Uhr