Lebensmittelallergie

Lebensmittelallergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Stand: 03.02.2025, 06:00 Uhr

Worin unterscheiden sich eine Nahrungsmittelunverträglichkeit von einer Lebensmittelallergie? Welche Beschwerden gibt es und was hilft? Gastroenterologin Dr. Birgit Terjung klärt auf.

Lebensmittelallergie

Anaphylaxie Notfall-Set

Ein Notfallset kann den Betroffenen schnell weiterhelfen.

Eier, Nüsse oder Milchprodukte - einige Nahrungsmittel können allergische Reaktionen auslösen. Der Körper bildet dann vermehrt spezielle Antikörper gegen bestimmte Proteine in der Nahrung. Botenstoffe des Abwehrzentrums erkennen diese Proteine als vermeintlich schädliche Stoffe und lösen eine allergische Reaktion aus. Die ist meistens ziemlich heftig. Das können Schwellungen im Rachen- oder Mundbereich sein, starker Juckreiz bis zur Atemnot oder ein allergischer Schock, der lebensbedrohlich werden kann. Für die allergische Reaktion reichen schon kleinste Mengen des Lebensmittels aus. Schwer Betroffene sollten immer ein Set mit Notfallmedikamenten bei sich haben. 

Nahrungsmittelunverträglichkeit (Intoleranz)

Hier ist das Immunsystem nicht beteiligt, sondern die Verdauung gestört. Der Darm kann bestimmte Nahrungsmittelbestandteile nicht verdauen und verarbeiten. Dem Körper fehlen bestimmte Enzyme oder Transportproteine. 

Z.B. bedeutet eine Laktoseunverträglichkeit, dass die Verdauungsorgane zu wenig des Enzyms Laktase bilden, um den Milchzucker aufzuspalten. Bei Fruktose hat man zu wenig eines bestimmten Transportproteins. Diese beiden sind auch die häufigsten Lebensmittelunverträglichkeiten.

Eine Frau hat Bauchschmerzen

Folgen einer Unverträglichkeit sind oft Bauchschmerzen oder Krämpfe.

Grummelt der Bauch nach dem Essen, oder bekommt man Blähungen oder Durchfall, wird aus einem „ich vertrage das nicht“ oft ein „ich bin darauf allergisch“ – aber das sind zwei ganz verschiedene Dinge. Von einer echten Allergie sind nur rund vier Prozent der Deutschen betroffen. 

Intoleranzen sind dosisabhängig. Die Betroffenen können meist kleinere Mengen zu sich nehmen, ohne Beschwerden zu entwickeln. Wie viel zu viel ist, ist individuell unterschiedlich.

Im Dünndarm befinden sich besonders viele Verdauungsenzyme, die dafür sorgen, dass Nährstoffe wie Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße aufgespalten, durch die Darmschleimhaut transportiert und danach übers Blut im Körper verteilt werden. Bei einer Unverträglichkeit passiert das im Dünndarm nur noch teilweise. Die Nahrungsbestandteile wandern einfach weiter in den Dickdarm. Wenn sie erst hier von den Darmbakterien aufgespalten und verstoffwechselt werden, entstehen Gase wie Wasserstoff und Methan und das kann Krämpfe, Schmerzen oder Durchfall verursachen.

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Hier und heute 03.02.2025 06:51 Min. Verfügbar bis 03.02.2027 WDR

Die FODMAPs

Bananen auf einem grünen Teller

Bananen sind nur im reifen Zustand FODMAP-reich.

Oft ist es nicht ein spezifisches Lebensmittel, das man schlecht verträgt, sondern Lebensmittel die bestimmte Kohlenhydrate enthalten, sogenannte FODMAPs, kurz für fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole (zu Deutsch: vergärbare Mehrfach-, Zweifach-, Einfachzucker und mehrwertige Alkohole). Dazu zählen zum Beispiel Fruktose, Laktose und Zuckerersatzstoffe. Sie stecken in sehr vielen und ganz unterschiedlichen Nahrungsmitteln wie Milch, Brötchen, Nudeln, Pilzen, Äpfeln und Kaugummis.

Wenn Menschen Darmprobleme haben, wie Schmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfungen, kann eine fodmap-arme Diät die Beschwerden oft verbessern. Allerdings sollte das immer unter ärztlicher Begleitung geschehen, um eventuell andere Darmerkrankungen auszuschließen.

Um zu testen, ob Fodmaps hinter den Beschwerden stecken, werden Nahrungsmittel mit hohem Fodmap-Gehalt für vier bis sechs Wochen komplett vom Speiseplan genommen. Lassen die Beschwerden dann nach, ist es wahrscheinlich, dass man darauf reagiert. Dann können Schritt für Schritt Nahrungsmittel einzeln wieder in den Speiseplan aufgenommen werden, bis die Probleme wieder auftauchen.

Histaminunverträglichkeit

Gemüse im Einmachglas

Eingelegtes Gemüse ist reich an Histamin.

Histamin ist ein Botenstoff, der im Körper vorkommt, aber auch in der Nahrung. Der Stoff wird durch ein Enzym im Darm inaktiviert. Bei einer Histaminunverträglichkeit funktioniert das vermutlich nicht richtig. Symptome können Rötungen, Juckreiz, Schnupfen, Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Probleme sein. Gereifte oder fermentierte Lebensmittel enthalten viel Histamin, z.B. Rotwein, lange gereifter Käse oder geräucherte Wurst/Fischprodukte. Auch hier kann man das Ausschlussverfahren anwenden: Histaminreiche Lebensmittel für etwa zwei Wochen weglassen und dann Stück für Stück wieder einführen.

Ausnahme: Glutenunverträglichkeit, Zöliakie

Die Zöliakie ist ein Sonderfall unter den Unverträglichkeiten. Die Glutenunverträglichkeit ist eine Autoimmunerkrankung. Das Gluten, das Eiweiß im Weizen, löst eine schwere Entzündung im Dünndarm aus. Neben Verdauungsproblemen können auch Kopfschmerzen, Haarausfall, Blutarmut oder Wachstumsstörungen auftreten. Obwohl Zöliakie gut diagnostizierbar ist, wird sie oft nicht in Betracht gezogen und bleibt daher häufig unentdeckt. So kommt zu den etwa ein Prozent der Deutschen mit diagnostizierter Zöliakie eine beträchtliche Zahl an unentdeckten Fällen hinzu.

Ein Haufen Amaranth, teilweise gepufft, auf Holzuntergrund.

Amaranth ist eine Alternative für Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit.

Viele Menschen haben Schwierigkeiten, größere Mengen an Weizenprodukten zu vertragen. Dies liegt auch daran, dass der heutige Weizen durch moderne Züchtung für unseren Körper schwerer verdaulich ist, da er einen höheren Anteil an bestimmten Eiweißen, den sogenannten Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI), enthält.

Unverträglichkeiten nehmen insgesamt zu

Unverträglichkeiten nehmen zu, doch die genaue Ursache ist noch unklar. Experten vermuten jedoch, dass der westliche Lebens- und Ernährungsstil eine wesentliche Rolle dabei spielt. Viele Menschen haben das Bewusstsein dafür verloren, welche Lebensmittel in welcher Menge und Häufigkeit wirklich gut für sie sind. Zudem werden häufiger stark verarbeitete Lebensmittel und Fertigprodukte konsumiert. Diese enthalten wenig Ballaststoffe, aber dafür viel Zucker, Fett und insbesondere Zusatzstoffe wie Emulgatoren und Konservierungsstoffe, die dem Darm schaden können.

Welche Tests sind sinnvoll?

Aus einer Armbeuge wird Blut entnommen.

Durch einen Bluttest können Allergien entdeckt werden.

Bluttests zur Untersuchung von Antikörpern gegen bestimmte Nahrungsmittel können sinnvoll sein, wenn sie korrekt durchgeführt und ärztlich verordnet werden. Doch Vorsicht: Bluttests aus dem Internet oder von fragwürdigen Laboren dienen oft eher kommerziellen Interessen. Häufig werden dabei bis zu 300 verschiedene Lebensmittel getestet, und die Ergebnisse werden mit Diätempfehlungen kombiniert. Die Kosten hierfür trägt der Patient selbst. Der europäische allergologische Fachverband rät von solchen Tests ab, da die Bildung bestimmter Antikörper oft eine normale Reaktion des Körpers darstellt und nicht zwingend darauf hindeutet, dass ein Lebensmittel nicht vertragen wird.

Bei Hauttests trägt der Arzt Nahrungsmittelproben entweder direkt auf die Haut auf oder bringt sie mithilfe einer Lanzette in die oberste Hautschicht ein. Nach etwa 15 Minuten wird die Hautreaktion überprüft – eine Quaddel zeigt eine Reaktion. Eine ausgeprägte Reaktion weist auf eine mögliche Sensibilisierung hin, stellt jedoch keinen eindeutigen Beweis dafür dar.

Atemtests werden vor allem zur Diagnose von Laktose-, Fruktose- oder Sorbit-Intoleranz eingesetzt. Sie sind aber auch teilweise falsch positiv.

Am effektivsten (zumindest bei einer Unverträglichkeit) ist das Ausschlussverfahren. Dabei ist es aber wichtig, konsequent zu sein und genau zu dokumentieren, was man isst.

Flohsamenschalen

Flohsamenschalen

Flohsamenschalen haben eine gute Wirkung bei Verdauungsproblemen.

Flohsamenschalen bekommt man in jedem Drogeriemarkt und sie sind wirklich ein Alleskönner und stecken voller Ballaststoffe. Am effektivsten ist es, die Flohsamenschalen kurz in einem Glas Wasser quellen zu lassen, zu trinken und danach mit einem großen Glas Wasser nachzuspülen. Egal ob bei Durchfall oder bei Verstopfung, sie helfen. Bei Verstopfung wird den Flohsamen das aufgesaugte Wasser wieder entzogen, bei Durchfall machen sie den Stuhl dicker. Der hohe Ballaststoffgehalt sorgt auch dafür, dass der Kot kürzer im Enddarm bleibt, weil er mehr Volumen hat. Das regt die Darmbewegung an. So haben auch krebserregende Stoffe nicht lange Zeit, mit der Darmschleimhaut in Berührung zu kommen. Darauf beruht wohl auch die vor Dickdarmkrebs schützende Wirkung von Ballaststoffen.