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Bye Bye Lindenstraße - Ein Rückblick auf 35 Jahre Fernsehkult

Stand: 19.03.2020, 12:03 Uhr

Die "Lindenstraße": Es sollte eine Familienserie nach britischem Vorbild werden. Eine Endlos-Serie, in der normale Menschen in einem normalen Mehrfamilienhaus ganz normale Dinge tun: Spiegeleier braten, reden, sich streiten, sich lieben. Sie wolle "unterhalten, aber nicht verblöden", hieß es damals im Ankündigungstext.

Eine Familie im Wohnzimmer bei Hausmusik, auf dem Tisch ein Adventskranz

Hausmusik bei Familie Beimer: So harmonisch ging es in der "Lindenstraße" nicht immer zu.

Zum Ende der Kult-Serie blickt die Dokumentation zurück auf über drei Jahrzehnte Lindenstraße. Autorin Katrin Niemann mischt zeithistorisches Archivmaterial mit Ausschnitten aus der Serie und dem Blick hinter die Kulissen der Produktion in Köln-Bocklemünd. Zahlreiche Darsteller*innen sowie Produzent und Erfinder Hans W. Geißendörfer und seine Tochter Hana erzählen, wie die Lindenstraße ihr Leben geprägt hat.

Hana und Hans W. Geissendörfer sitzen in den Kulissen der Lindenstraße

Wie ein zweites Wohnzimmer: Hana und Hans W. Geissendörfer in der Kulisse der "Lindenstraße".

Mehr als eine "Seifen-Oper"

Schnell wurde die "Lindenstraße" mehr als reine Unterhaltung: Sie brachte gesellschaftspolitische Themen in die Wohnzimmer von Millionen Menschen. Rechtsradikalismus, Umweltzerstörung, Sterbehilfe, AIDS –Themen, die das Land bewegen und seit dem Serienstart 1985 immer wieder auch in der wohl bekanntesten Fernsehstraße Deutschlands für Zündstoff sorgten.

Provokant war die "Lindenstraße" vor allem in ihren ersten Jahren: In die Fernsehgeschichte eingegangen ist der Kuss zwischen Carsten Flöter und Robert Engel 1990. Es folgte ein Sturm der Entrüstung. Drohbriefe und Hassnachrichten gingen bei den Schauspielern Georg Uecker und Martin Armknecht ein.

Zwei Männer küssen sich

"Carsten" und "Robert": Ihr Filmkuss sorgte für heftige Empörung - und ging in die Geschichte der "Lindenstraße" ein.

Doch es gab auch positive Resonanz: Zu einer Zeit, als Lesben und Schwule für mehr Akzeptanz kämpften, machte die Lindenstraße gleichgeschlechtliche Liebe sichtbar und sorgte so für ein Stück Normalität. 

Das echte Leben

Die "Lindenstraße" schaffte es immer wieder, die Grenzen zwischen der Serien-Realität und dem echten Leben zu verwischen. Der Serienstart 1985 fiel in eine Zeit, als die Deutschen ihr Umwelt-Bewusstsein entdeckten. Seit 1983 saßen die Grünen im Bundestag.

In der "Lindenstraße" engagierte sich Beimer-Spross Benny bei der Naturschutzorganisation Robin Wood, die sich in der realen Welt kurz zuvor gegründet hatte. Am 26. November 1989 fand eine Anti-Atom-Aktion am Privathaus von Umweltminister Klaus Töpfer statt. Kurz zuvor hatte Benny Beimer in der Lindenstraße dazu aufgerufen. Hatte er die ganze Aktion vielleicht provoziert – wie manche Zeitung vermutete?

Eine Dokumentation von Katrin Niemann
Redaktion: Monika Pohl