Buchtipps vom 15.04.2021

Buchtipp: Das Glück meiner Mutter

Stand: 14.04.2021, 23:09 Uhr

Von Christine Westermann

Titel: Das Glück meiner Mutter
Autor: Thommie Bayer
Verlag: Piper
ISBN-10: 3492057268
ISBN-13: 978-3492057264

Der Autor

1953 geboren, hat zahlreiche Romane und Erzählungen geschrieben, war für den Deutschen Buchpreis nominiert. Ich glaube, ich habe fast alle Bücher von Thommie Bayer gelesen. Man könnte also sagen, ich bin ein Fan. Ein Fan auch davon, wie er auf das Leben und das Lieben guckt, wie er über Irrwege und neue Wege schreibt. Über Unglück, das manchmal auch Glück sein kann. Und wie sinnlich er das macht. Bei all seinen Büchern stets leichter Speichelsturz bei mir, weil seine Protagonisten ständig irgendwas kochen, ebenso simpel wie raffiniert. Und feinen Wein dazu trinken. Perfekt.

Die Handlung

Wie oft hatte ich mir als Kind gewünscht, meine Mutter würde diesen kalten, schweigenden Mann verlassen, wie oft versucht, sie dazu anzustiften, aber als sie eines Tages den Mut aufbrachte, kam er mir abhanden.“ So beginnt dieser Roman. Das Glück seiner Mutter wäre es gewesen, nach Italien zu ziehen, zu einem Mann, in den sie sich verliebt hatte. Als sie sich endlich entschließt, den schweigenden Ehemann in Deutschland zu verlassen, will sie nicht ohne ihren Sohn Philipp gehen. Sie bittet ihn, mitzukommen. Philipp ist 14 Jahre alt, hat sich gerade zum ersten Mal verliebt, spielt in einer Band. Das ist sein Leben, für das Glück seiner Mutter will er es nicht aufgeben, er will beim Vater in Deutschland bleiben. Wie groß die Sehnsucht seiner Mutter war, welches Glück es für sie bedeutet hätte, ein neues Leben irgendwo anders zu beginnen, das konnte der Junge damals nicht wissen. Sie bleibt in dieser Ehe, bei ihrem Sohn. Viele Jahre später, Philipp ist erfolgreicher Drehbuchautor geworden, weiß er viel besser, wie das mit der Liebe geht, wie losgelöst glücklich sie macht, aber auch wie schmerzhaft sie sein kann. Seine Freundin hat ihn nach ein paar Jahren verlassen, eine Beziehung, die so verheißungsvoll begann und in schmerzhafter Gleichgültigkeit endete. Er nimmt sich eine Auszeit, zum Vergessen und sich Erinnern fährt er nach Italien. Sich erinnern an die Urlaube, die der erwachsene Sohn hier mit seiner Mutter verbracht hat. Er mietet ein Ferienhaus in den Bergen, und wird eines Nachts wach, weil er Geräusche am Pool hört. Eine ihm völlig fremde Frau dreht dort ihre Runden. Wie nah genau diese Frau seiner verstorbenen Mutter war, wieviel sie von deren geheimen Leben wusste, welches Glück es auch für sie bedeutet hätte, wären Mutter und Sohn damals nach Italien gezogen - das erzählt Thommie Bayer ganz sanft, ganz sachte und mit großem Genuss.

Die Bewertung

Im Wortsinn Genuss. Dieses Buch ist auch eine Reise durch die Trattorien und Weinläden Norditaliens, durch die Museen und die kleinen Städte. Der Autor kennt sich aus mit Essen, mit Wein, mit Kunst und Architektur, mit Frauen, glaube ich auch. Die Geschichte nimmt ein überraschendes Ende. Bei einem anderen Autor hätte ich bei diesem perfekten Drehbuchschluss vielleicht die Stirn gerunzelt. Nicht bei Thommie Bayer. Denn so überraschend der Anfang des Romans ist, so stimmig ist sein Ende.