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Eine Frau steht vor dem Haus an einem Goggomobil - Werbefoto aus den 1950er Jahren

Wie Phoenix aus der Asche – die 50er

Stand: 27.12.2018, 18:11 Uhr

Der Krieg war gerade mal ein paar Jahre vorbei, da wurden an der Düsseldorfer Königsallee schon wieder die Kaffeehaustische nach draußen geräumt und Mannequins staksten über den Laufsteg.

In Nordrhein-Westfalen ging es bergauf: Kohle und Stahl wurden zum Motor des Wirtschaftswunders in ganz Deutschland. Denn das Land brauchte vor allem eins, um die Industrie wieder in Gang zu bringen: Energie - und Stahl für neue Maschinen. Beides lieferte NRW.

Die 50er Jahre in NRW

Wirtschaftswunderland Nordrhein-Westfalen: Kohle, Kino, Rock’n’Roll und Fernsehen in den Jahren des Aufschwungs.

Im Wirtschaftswunder benötigte man zum Wiederaufbau vor allem Kohle. Dadurch stieg Nordrhein-Westfalen zum stärksten Land der Bundesrepublik auf. Obwohl es mit Abstand die meisten Einwohner hatte, herrschte hier 1955 Vollbeschäftigung.

Die Menschen wollten sich nach dem Wirtschaftsaufschwung wieder etwas Luxus gönnen. Dafür wurde 1950 das altehrwürdige Essener Kino, die Lichtburg, wieder eröffnet. In den folgenden Jahrzehnten fanden hier viele Premieren statt und viele Hollywoodstars besuchten die Lichtburg. In den Siebzigern verlor es diesen Status. Es ist aber nach wie vor ein besonderes Kino. Denn mit 1250 Plätzen befindet sich hier der größte Kinosaal Deutschlands.

In Essen wird mit der Grugahalle zudem noch eine Veranstaltungshalle gebaut. Sie sollte eine bedeutende Konzertgeschichte bekommen. Es begann kurios, als im ersten Rock’n’Roll-Konzert in der bestuhlten Grugahalle die Leute begannen aufzustehen und zu tanzen. Da viele Stühle und Scheiben in Mitleidenschaft gezogen wurden, sah sich die Polizei gezwungen einzuschreiten, und verwies die Zuschauer wieder auf die Sitzplätze.

Nach einigen Tests startete der NWDR 1952 nach dem ersten unabhängigen Radio auch das erste deutsche Nachkriegsfernsehprogramm. Für anfangs 5000 Zuschauer wurden 2 Stunden Fernsehen am Tag produziert. Unter anderem im neueröffneten Funkhaus im Kölner Wallrafplatz, der Keimzelle des WDR.

In den Fünfzigern öffneten die Krupps ihren alten Wohnsitz, die Villa Hügel, für die Öffentlichkeit. Sie wurde so zu einem kulturellen Mittelpunkt des Landes mit Modeschauen und Staatsgästen wie der thailändischen "First Lady".

Im Reitsport schrieb mit Hans Günter Winkler aus Wuppertal-Barmen ein Nordrhein-Westfale Geschichte. Er nahm mit seinem, eigentlich als untalentiert eingestuften, Pferd Halla bei den Olympischen Spielen 1956 teil. Als er sich während des Wettbewerbs einen Leistenbruch zuzog, brachte ihn sein Pferd alleine fehlerfrei ins Ziel und gewann so die Goldmedaille im Springreiten.

Mitte der Fünfziger führten Spannungen im Düsseldorfer Parlament zur Einsetzung von Fritz Steinhoff (SPD, sitzend) ins Amt des Ministerpräsidenten. Der ersetzt Karl Arnold, da sich die FDP von der CDU abwandte, um mit SPD und Zentrum eine sozialliberale Koalition zu bilden. Sie hielt nur zwei Jahre, da die CDU 1958 die absolute Mehrheit erzielte.

Das größte Projekt in der kurzen Zeit des Kabinetts Steinhoff war der Bau einer Forschungsanlage für Atomkraft, um sich für die Zukunft zu wappnen. Dafür wurden in Jülich zwei Forschungsreaktoren gebaut. Das war der Start des heutigen Forschungszentrums Jülich. Es ist eines der größten Forschungsstätten im Bereich der Physik in Europa und stellt einen Physik-Nobelpreisträger.

Seit 1958 war Franz Meyers (CDU, vierter von rechts) Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens. Anders als Karl Arnold wollte er sein Land nicht nur durch Wohlstand für alle einen. Er verstand NRW als Kulturnation und wollte eine Hymne, gemeinsame Traditionen und einen weniger technisch klingenden Namen. Seine Ideen wurden kaum angenommen. Trotzdem wurde er zweimal wiedergewählt und blieb bis 1966 im Amt.

"Im deutschen Volk hat der Nationalsozialismus keine Wurzel". Dafür verbürgte sich Konrad Adenauer, nachdem die Synagoge in Köln nach der Wiedereröffnung mit Hakenkreuzen beschmiert wurde. Wie sich dann aber herausstellte, war das nur der Startpunkt für antisemitische Angriffe in ganz Deutschland.

Das Symbol dafür, dass die Räder wieder rollten, war die Kölner Hohenzollernbrücke. Nach dem Krieg lag der stählerne Koloss, von der deutschen Wehrmacht zerstört, im Rhein. Doch schon wenige Jahre später, waren Brücke und der benachbarte Kölner Hauptbahnhof wieder die wichtigste Verkehrsverbindung des Landes. Von hier aus wurde ganz Deutschland mit Gütern versorgt.

sw: Eine Frau sitzt zwischen einem Kardinal und einem anderen Mann am gedeckten Kaffee-Tisch.

Villa Hügel: Bertha Krupp von Bohlen und Halbach 1956 beim Fünf-Uhr-Tee mit Kardinal Joseph Frings und Essens Oberbürgermeister Hans Toussaint.

Mit dem Aufschwung war vor allem ein Name verbunden: Krupp. Unter der Führung von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach und Berthold Beitz wurde die Krupp AG zum führenden Stahlproduzenten und NRW zu einem der reichsten Bundesländer. In der Villa Hügel empfingen die Konzernchefs politische und wirtschaftliche Größen aus ganz Europa.

Ein Film von Manfred Oldenburg und Henrike Sandner
Erzählt von Annette Frier
Redaktion: Thomas Kamp und Monika Pohl