Saftige Geschäfte: Der Preis für unseren Orangensaft

die story 01.06.2022 45:00 Min. UT Verfügbar bis 01.06.2023 WDR Von Wiebke Scheffler, Alexander Späth


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Saftige Geschäfte - Der Preis für unseren Orangensaft

Stand: 22.02.2022, 15:38 Uhr

Orangen am Baum

Bis zu 110 Milliarden Orangen ernten die Arbeiter auf den Plantagen in Brasilien per Hand, fast alles für die Saftindustrie.

In kaum einem anderen Land wird so viel Orangensaft konsumiert wie in Deutschland. Hergestellt wird er meist 10.000 Kilometer von uns entfernt in Brasilien. Das Land liefert so viel Orangensaft wie kein anderes auf der Welt. Doch der Industrie werden seit Jahren Vorwürfe gemacht: Arbeiter und Arbeiterinnen würden ausgebeutet, ihre Gesundheit und Sicherheit gefährdet. Stimmt das und was steckt dahinter? Unter welchen Bedingungen wird unser Orangensaft produziert?

Abel Barreto

Abel Barreto hat sich als Gewerkschafter über 30 Jahre für die Rechte der Erntehelfer Brasiliens eingesetzt.

“Du arbeitest bei Sonne, Regen, Kälte, extremer Hitze. Es ist körperlich anstrengend. 27 Kilo wiegt ein Sack”, erzählt Alfonso. Er ist einer von mindestens 50.000 Erntehelfern, die im Bundesstaat Sao Paulo jedes Jahr zwischen Mai und Dezember Orangen für die Saftproduktion ernten. Mindestens 1,6 Tonnen schleppt jeder von ihnen pro Tag. Oft nicht ohne Folgen. Der ehemalige Gewerkschaftsdirektor Abel Barreto berichtet von Krankheiten und gesundheitlichen Problemen. 

Arbeiter bei der Ernte

Ein gefüllter Sack mit Orangen wiegt um die 27 Kilo. Im Schnitt füllt jeder Arbeiter pro Tag 60 Stück davon.

Gewerkschaften und NGOs versuchen seit Jahren, gegen Missstände und schwarze Schafe in der Branche anzukämpfen. Auch die Behörden sind aktiv: Staatsanwalt José Maturana vom brasilianischen Arbeitsministerium fährt so oft es geht  zu Kontrollen und berichtet: “Immer wieder sind Arbeiter nicht ordnungsgemäß registriert. Ihre Lebensverhältnisse sind prekär, sie haben keine individuelle Schutzausrüstung, und sie haben keinen Platz für eine richtige Mahlzeit”. Andererseits ist für viele Arbeiter und Arbeiterinnen die Orangenernte die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen, um für ihre Familien zu sorgen.

Orangenernte

Pro Tag erntet jeder Arbeiter etwa 1,6 Tonnen Orangen. Wer weniger erntet, riskiert im nächsten Jahr keine Anstellung zu bekommen, sagen Gewerkschafter.

“Die Story” blickt hinter die Kulissen der Saftindustrie Brasiliens, in die sonst nur wenige Außenstehende Einblick erhalten. Im Gespräch mit Gewerkschaftern, Arbeitern und Arbeiterinnen, ehemaligen Plantagenbesitzern, den Industrievertretern und der deutschen Saftindustrie folgt sie der Frage: Zu welchem Preis wird unser Orangensaft produziert?

Ein Film von Wiebke Scheffler und Alexander Späth
Redaktion: Nicole Ripperda, Beate Schlanstein