Das gefährliche Erbe des IS: Besuch in der Krisenregion Nordsyrien

die story 12.04.2023 43:52 Min. UT Verfügbar bis 01.01.2099 WDR Von Kawa Akrawi


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Das gefährliche Erbe des IS – Besuch in der Krisenregion Nordsyrien

Durch das schwere Erdbeben im Februar ist auch der Norden Syriens wieder in den Blick der internationalen Öffentlichkeit gerückt, eine Region, die lange eher unbeachtet geblieben ist. Dabei schwelt hier seit Jahren ein Konflikt, der jederzeit eskalieren und internationale Auswirkungen haben könnte: Die Terrororganisation des sogenannten IS, die hier ihre Hochburg hatte und militärisch besiegt worden ist, könnte von hier aus wiedererstarken.

Das gefährliche Erbe des IS – Besuch in der Krisenregion Nordsyrien

Im Lager Al Hol sind Kinder, Frauen und Witwen von IS-Terroristen interniert. Es gilt als hoch gefährlich – hier wächst, so sagen Beobachter, eine neue Generation von Extremisten heran. | Bild: Kawa Akrawi

Story-Autor Kawa Akrawi hat vor einem Jahr das überwiegend von Kurden bewohnte, autonom demokratisch regierte Gebiet im Nordosten Syriens besucht und die schwierigen Realitäten dort aus nächster Nähe erlebt: Hier in „Rojava“ hat die Kurdenmiliz YPG mit Unterstützung der US-Streitkräfte bis 2019 gegen den sogenannten IS gekämpft; Tausende von Kämpferinnen und Kämpfern sind dabei getötet oder verwundet worden. Seit dem Sieg über das IS-Kalifat befindet sich in der Region das größte Gefängnis für IS-Kämpfer. Ebenso die größten Lager, in denen ihre Frauen und Kinder leben, viele davon aus westlichen Staaten, die von ihren Heimatländern nicht zurückgenommen werden. In den Camps und Gefängnissen, so befürchtet man hier, wächst mittlerweile die nächste Generation der Dschihadisten heran. „Wir haben den IS territorial besiegt, aber seine Ideologie und Organisation sind nicht verschwunden. Sie sind immer noch aktiv”, sagt Newroz Ehmed vom Generalkommando des Militärbündnisses SDF. Ihre Sicherheitskräfte können die Camps und Gefängnisse zwar von außen bewachen, aber nicht im Innern kontrollieren. Eine explosive Gemengelage.

Das gefährliche Erbe des IS – Besuch in der Krisenregion Nordsyrien

Seit dem militärischen Sieg über den IS müssen die Kurden in Nordsyrien sich um Tausende von Gefangenen kümmern, die von ihren Heimatländern nicht zurückgenommen werden. Al Sina ist das größte dieser Gefängnisse. | Bild: Kawa Akrawi

Die Situation wird noch dadurch verschärft, dass der türkische Präsident Erdogan die Kurden in Nordost-Syrien seit Jahren bekämpft. Er bezeichnet ihre Miliz YPG als terroristische Organisation und lässt immer wieder Drohnenangriffe auf Rojava fliegen; Zehntausende von Kurden haben ihre Heimat verloren und leben nun in Flüchtlingslagern.

Wie kann die Region Rojava unter diesen Bedingungen sich selbst, die Nachbarländer und den Westen vor einer Wiederkehr des IS schützen? Welche Perspektive gibt es überhaupt für den Umgang mit islamistischen Kämpfern und ihren Kindern, die in Lagern zu fanatischen und rücksichtslosen Kämpfern erzogen werden? Die Story gibt Einblicke in eine Region in höchst angespannter Lage, die wenige von uns bemerken, die aber internationale Sprengkraft birgt.

Ein Film von Kawa Akrawi
Redaktion: Beate Schlanstein, Nicole Ripperda