Das Brückendrama

die story 07.05.2023 44:08 Min. UT Verfügbar bis 31.12.2098 WDR Von Marion Försching

Das Brückendrama

Stand: 11.04.2023, 11:32 Uhr

Als Ende 2021 die Rahmedetalbrücke auf der Sauerlandlinie A 45 gesperrt werden muss, trifft das die wichtigste Wirtschaftsregion Nordrhein-Westfalens ins Mark. Denn anders als bei vielen anderen maroden Brücken kann der Verkehr hier im Mittelgebirge nicht einfach umgeleitet werden, sondern quält sich im Dauerstau durch die engen Täler. Mehr als 150 Weltmarktführer haben hier ihren Stammsitz, mittelständische Betriebe, die abhängig sind von dieser Brücke: Rohstoffe hin-, fertige Produkte wegtransportieren, das dauert jetzt alles viel zu lang. Investitionen werden verschoben, alteingesessene Firmen überlegen, abzuwandern, Mitarbeiter kündigen, weil sie zur Arbeit jetzt dreimal so lange brauchen. Und neue Fachkräfte anzuwerben, ist aussichtslos: Wer will noch herziehen, wenn man nicht mal hinkommt? Durch Lüdenscheid wälzt sich jetzt Tag für Tag eine endlose Kolonne von LKW. Anwohner werden krank vom Lärm und Dreck und überlegen, weg zu ziehen. Doch wer will ihr schmuckes Häuschen kaufen, wenn sich vor der Tür rund um die Uhr der Schwerlastverkehr staut?

Ehepaar aus Lüdenscheid

Carsten und Heike Prillwitz leben seit 15 Monaten in Lüdenscheid im Dauerstau | © WDR / Marion Försching

Als die Brücke 1968 gebaut wurde, plante man mit 25.000 Fahrzeugen am Tag und berechnete Blechdicke und Stahlqualität danach. Doch genutzt wurde die Brücke zuletzt von 64.000, davon 13.000 LKW. Jetzt ist sie so marode, dass sie nur noch gesprengt werden kann. Doch das ist im gebirgigen Gelände aufwändig, die planerischen und praktischen Vorbereitungen zogen sich, am 7.Mai wird endlich gesprengt - und wenn alles gut geht, soll in 5 Jahren die neue Brücke stehen und die abgeschnittene Region wieder angeschlossen sein. Zu lange für den drittwichtigsten Wirtschaftsstandort Deutschlands, sagen Unternehmer. Sie haben konstruktive Vorschläge für die Umleitung des Verkehrs gemacht und keine Antwort erhalten. Bewohner fürchten den Niedergang ihrer Heimat. Von der Politik fühlen sie sich im Stich gelassen. Wie soll es jetzt weiter gehen?

Rahmedetalbrücke von unten

Die Rahmedetalbrücke 4 Wochen vor der Sprengung | © WDR / Marion Försching

Die Rahmedetalbrücke ist längst das Symbol für den deutschen Infrastrukturnotstand. Allein in NRW müssen in den nächsten zehn Jahren 873 Autobahnbrücken saniert werden. „Das macht mir große Sorgen“, sagt NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer. „Wir haben hier ein Riesenproblem vor der Brust, denn die Rahmedetalbrücke ist nicht die letzte, die gesperrt werden muss.“ Dass Autobahnen Bundesangelegenheit sind, umgeleiteter Verkehr dann aber Ländersache, macht das alles nicht leichter.

Unternehmer vor der Rahmedetalbrücke

Die Unternehmer Dietrich Alberts, Thomas und Yanik Müchler an der maroden Rahmedetalbrücke | © WDR / Marion Försching

Eine Dokumentation, die den Hintergrund dieses Brückendramas ausleuchtet. Und von Menschen erzählt, die nicht verstehen, warum das alles so lange dauert, von Unternehmern, die ihre Betriebe retten wollen, von Machern, die den Neubau beschleunigen möchten und anpacken.

Ein Film von Marion Försching
Redaktion: Gudrun Wolter