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Live dabei sein, wenn andere die Welt erkunden

Stand: 16.10.2015, 11:56 Uhr

Periscope und Co.: Kostenlos erhältliche Apps, mit denen man live Bilder ins Netz übertragen kann. Und alle können dabei sein, alles geht direkt ins Internet. Netzkenner Jörg Schieb über die Chancen und Risiken der neuen Live-Video-Dienste.

Die Welt durch die Augen eines anderen sehen – live, genau im selben Moment wie eben diese andere Person. Das ist das Konzept von Live-Video-Apps. Man kann zum Beispiel live bei Ausflügen in der Natur dabei sein. Oder bei Autofahrten. Oder beim privaten Konzert in der Familie. Viel braucht man dafür nicht: Nur ein Smartphone – und eine passende App. Das eigene Handy wird praktisch zum Übertragungswagen. Die Kamera fängt das Bild ein – und das Smartphone schickt die Videobilder live ins Netz.

Live dabei sein zu können, das ist natürlich schon faszinierend. Die zwei bekanntesten Apps, die solche privaten Live-Sendungen ermöglichen, sind Meerkat und Periscope. Beide kostenlos. Meerkat ist eine unabhängige App. Periscope gehört mittlerweile zum Twitter-Imperium – und ist derzeit etwas populärer.

Kinderleicht - aber nicht deppensicher

Die Funktionsweise ist denkbar einfach: Man installiert die App – und kann auch gleich loslegen. Allerdings braucht man einen Twitter-Account, wenn man mitmachen möchte. Wer nur zuschauen möchte, kann das auch im Web. Um etwas zu senden: Einfach auf den roten Knopf drücken – und die Sendung beginnt. Alle, die einem folgen, werden automatisch über den Stream informiert. Via Twitter. Und wenn die anderen mögen, was sie gerade zu sehen bekommen, können sie einem durch Berühren des Bildschirms Herzchen senden. Eine Art "Like" in der Welt von Twitter. Oder man schickt Nachrichten und plaudert per Chat miteinander.

Theoretisch können beliebig viele Menschen zuschauen, wenn man mit Meerkat oder Periscope live etwas sendet. In der Realität sind es meist nur einige wenige, selten mehr als ein paar Dutzend. Man sieht Leute, die etwas vorführen wollen. Manche singen. Andere tanzen. Oder machen riskante Stunts. Manche zeigen live, wo sie gerade langfahren. Wieder andere halten Vorträge – oder sitzen einfach nur rum. Viele, die Periscope oder Meerkat nutzen, wissen offensichtlich noch nicht so richtig, was sie damit anstellen sollen.

Manche Periscope-Übertragung hat Folgen. Diese Woche hat sich eine 23-jährige Frau aus Florida sternhagelvoll ans Steuer ihres Autos gesetzt und war dumm genug, auch noch einen Periscope-Stream zu starten. Ihre Horrorfahrt live via Periscope zu senden. Die Polizei hat's mitbekommen und die Dame am Ende festgenommen.

Auch die Aktuelle Stunde nutzt Periscope

Noch experimentieren viele, wozu sie Periscope und Co. einsetzen können. Manche Blogger führen Interviews und senden sie live im Netz. Auch wir von der Aktuellen Stunde senden regelmäßig per Periscope. Man wird normalerweise direkt in der App informiert, wenn ein Freund einen Live-Streamcast startet. Oder man findet eine Ankündigung bei Twitter oder Facebook, kurz bevor es losgeht. So machen wir das auch bei der Aktuellen Stunde. Und wenn man eine Sendung verpasst hat: Macht nichts. Bei Periscope stehen die Livesendungen noch 24 Stunden zur Verfügung. Länger allerdings nicht. Man muss also schnell reagieren.

Wer wissen will, was gerade so zu sehen ist: Unter meerkatstreams.com gibt es eine Übersicht über aktuelle Live-Streams, die mit der App Meerkat gezeigt werden. Eine ganz ähnliche Übersicht gibt es auch für Periscope unter onperiscope.com. Generell wird hier viel geredet – aber nur wenig gesagt. Man muss lange suchen, um etwas Interessantes zu finden.

Periscope und vergleichbare Apps können auch missbraucht werden, etwa um illegal Inhalte zu verteilen, Filme zum Beispiel – oder Serien. Allerdings ist die Bildqualität derart schlecht, dass sich das Problem noch in Grenzen hält. Interessant sind die Möglichkeiten, die sich durch die neuen Live-Video-Apps ergeben, aber auf jeden Fall.