Tom Buhrow im WDR-5-Hörfunkstudio, Interview für Texte, Töne, Bilder - das Medienmagazin, rechts: Moderatorin Cordual Denninghoff

WDR-Intendant Tom Buhrow in der Mangel: "Ist das nicht schön?"

Mit einer neuen Sendung stellte sich Tom Buhrow gestern (30.10.2013) dem Publikum und der Medienkritik, WDR-Check heißt das Format. Die Fragen kamen aus dem Publikum. Im Interview erklärte Buhrow den Schritt in die Arena.

Der WDR hat in diesem Jahr einige große Marken gecheckt - Coca Cola, H&M, Mc Donalds und andere. Der Sendungstitel spielt ja darauf an. Kann sich die Marke WDR selbst checken oder müssten uns nicht andere ur die Lupe nehmen?

Tom Buhrow: Andere nehmen uns ja schon ständig unter die Lupe, etwa auf den Medienseiten oder in Diskussionsforen. Da wird uns auf den Zahn gefühlt. Mir war wichtig, dass wir jetzt direkt mit dem Publikum Kontakt aufnehmen, mit den Menschen, die uns bezahlen. Wir sind wie eine öffentliche Stiftung, wir gehören den Menschen in Nordrhein-Westfalen. Dann haben die auch ein Anrecht darauf, direkt Fragen zu stellen.

Sie wollen mit der Sendung näher ans Publikum. Und Sie packen das Thema gleich zum Start ihrer Intendanz an. Ist der Westdeutsche Rundfunk so weit weg von den Menschen in Nordrhein-Westfalen?

Buhrow: Nee, im Gegenteil. Die Menschen bestätigen uns, dass wir Ihnen in ihrer Heimat, in ihrer Region am nächsten sind. Wenn ich Regionalstudios besuche, dann merke ich, dass dort die Bindung zum Publikum am größten ist. Die häufigste Anregung dort ist: Macht bitte noch mehr regionale Berichterstattung! Die Kollegen aus den Studios leben ja in Ihrer Region, sie bekommen von dort Anregungen. Nähe - da haben wir kein Defizit. Aber ich möchte, dass wir, die Leitung des WDR, auch auf die Menschen zugehen und den Hautkontakt suchen.

Seit Ihrem Amtsantritt im Juli sind Sie mit dem WDR-Publikum immer wieder ins Gespräch gekommen. Was bewegt das Publikum?

Buhrow: Eine Sache, ganz klar: regionale Berichterstattung. Da möchten viele Menschen mehr von haben. Andere lamentieren: Warum so viele Talk-Shows, warum immer die gleichen Leute? Darüber kann man diskutieren, das muss man ernst nehmen. Immer wieder kommt auch das Geld zur Sprache. Es gibt ja das Klischee, wir hätten ganz viel Geld und ganz viel würde versickern. Interessant dabei: Die Menschen haben nicht immer die gleiche Sicht auf das Thema wie die Presse. Beim Geld müssen wir uns aber allen kritischen Fragen stellen und zeigen, dass wir dafür Leistung bringen.

Sie stellen sich als Chef in die umgebaute "Wahlarena" in Mönchengladbach. Angela Merkel und Peer Steinbrück konnten dort durch die hartnäckige Moderation den Fragen nicht ausweichen. Kann das funktionieren, wenn der WDR-Chef im Ring steht und von der WDR-Moderatorin Bettina Böttinger befragt wird?

Buhrow: Da habe ich überhaupt keine Sorge. Bettina Böttinger hat schon tausend Mal bewiesen, dass sie nicht liebedienerisch ist, dass sie unabhängig ist nach innen und nach außen. Sie kann eine Sendung moderieren, Fragen einbringen und sie kann moderieren, was das Publikum an Fragen einbringt. Sie kann ja nicht wegfiltern, was an Fragen kommt. Wir suchen genau dieses Ungefilterte, wir wollen nicht nur vorbereitete Fragen.

Wie bei der "Wahlarena" wird auch beim WDR-Check das Publikum mit seinen Fragen im Mittelpunkt stehen. Das wird vorher gecastet. Warum?

Buhrow: Das ist jetzt nicht wie bei Dieter Bohlen - wer ist am schrillsten, wer ist am nettesten oder ungefährlichsten? Sondern es geht darum, dass nicht alle das selbe fragen. Es ist nicht unser Ziel, so kritische Fragen zu vermeiden.

Wie offen sind Sie für Fragen, die nicht im Sendeplan stehen?

Buhrow: Ich muss ja offen sein. Aber das ist schon ein Risiko: Ich komme zwar aus dem Programm, aus den Nachrichten und bin auch gewöhnt (lacht) ... also, ich bin eher gewöhnt, Fragen zu stellen als zu beantworten. Ich muss aber gestehen, dass mich das beschäftigt und ich kann nicht garantieren, dass ich auf jede Frage eine Antwort habe. Es sind aber auch Fachleute dabei, auf die ich verweisen kann, etwa bei sehr technischen Fragen. Das ist für mich auch ein Experiment.

Der Hörfunk sendet samstags das Medienforum "Funkhaus Wallrafplatz". Wenn's um ARD oder WDR geht, stehen die Telefone nicht still. Manche Leute sind auch richtig sauer. In der Arena müssen Sie ja damit auch umgehen ...

Buhrow: Ja, das muss ich. Was immer die Menschen empfinden, ist zunächst mal da, das ist weder gut noch schlecht. Ich sehe manchmal Defizite in unserer Debattenkultur, sozusagen "wer am lautesten ist, hat am meisten Recht" - ich glaube, das ist nicht so das Richtige. Aber: Ich setze mich mit allem auseinander, auch wenn jemand wütend ist. Wir können uns nicht verschanzen, auch wenn wir nicht jeden einzelnen Kunden glücklich machen. Aber wir können belegen, dass wir uns anstrengen und eine gute Leistung für die Rundfunkbeiträge abliefern.

Als die Rundfunkgebühr auf den Rundfunkbeitrag umgestellt wurde, hat es nur so Kritik gehagelt. Die war nicht immer fair und auf Tatsachen gestützt. Nun laden Sie neben dem Publikum die Verfasser der harschen Kritik ein. Warum?

Buhrow: Ich will den WDR auf keinen Fall dem Vorwurf aussetzen, wir würden harten Fragen ausweichen. Deshalb sollen auch Fragen zur Sprache kommen, bei denen ich vielleicht denke, sie bedienen ein altes Klischee. Wir müssen uns allem stellen. Ich möchte, dass es am Ende heißt: Da kamen auch Dinge zur Sprache, es wurde nicht versucht was rauszufiltern.

Die Sendung will Diskussion und Unterhaltung unter einen Hut bringen. Was erwartet die Zuschauer?

Buhrow: Eine spannende Sendung, auch mit Pfeffer; das geht dann auf meine Kosten, da muss ich dann mit umgehen. Aber auch mit Dingen, die die ganze Breite unseres Programms zeigen: Es gibt Kostproben von Unterhaltungs- und journalistischen Produkten des WDR. Und natürlich Konflikte - das heißt der Intendant wird in die Mangel genommen. Ist das nicht schön?

Voraussichtlich werden Sie am 30. Oktober Lob, Kritik und Anregungen hören. Hat das auf eine so große Sendeanstalt wie den WDR Einfluss?

Buhrow: Das hat Einfluss. Natürlich kann nicht jede einzelne Anregung sofort umgesetzt werden. Etwa wenn jemand sagt: Ich will jeden Tag um 20.15 Uhr eine Tiersendung sehen - da kann man nicht sagen: klar, wird gemacht. Aber so massive Dinge wie der Hunger nach regionaler Berichterstattung haben natürlich Einfluss. Ich bin verantwortlich für die Gesamtstrategie des WDR, da können Sie sicher sein, dass so etwas mein Urteil und unsere Analysen direkt beeinflusst.

Das Interview führte Cordula Denninghoff