Gerechtigkeit in der Bildung wird häufig bewertet, indem der Anteil der Schüler ohne (Hauptschul-)Abschluss herangezogen wird. Dafür sieht Bildungsexperte Rolf Strietholt zwei Gründe: Erstens sei der Hauptschulabschluss der erste allgemeinbildende Schulabschluss und gelte als Voraussetzung für den Zugang zum Arbeitsmarkt: "Ohne Abschluss kein Beruf."
Doch es gehe nicht nur um die "ökonomische Verwertbarkeit", so der Erziehungswissenschaftler von der TU Dortmund. Sondern zweitens auch darum, dass Jugendliche ein gewisses "Staatsbürgerwissen" erlangten über das politische System, das Funktionieren der Demokratie. "Mehr Bildung führt zu weniger Populismus", ist Strietholt überzeugt.
NRW etwas besser als Bundesdurchschnitt
Die gute Nachricht ist: In den vergangenen Jahrzehnten ist die Zahl der Jugendlichen ohne Abschluss stark gesunken. Eine Art "Massenbildung" sei durch den massiven Ausbau von Bildungseinrichtungen erreicht worden, und das sei gut so, sagt Strietholt.
NRW steht im bundesweiten Vergleich etwas besser da als der Durchschnitt. "Das spricht für NRW", meint der Experte. Nur wenige blieben auf der Strecke. Zwar gibt es immer wieder Stimmen, die meinen, Abschlüsse in einzelnen Bundesländern seien "weniger wert" als in anderen. "Solche Aussagen sind aber nur selten mit Daten unterfüttert", sagt Strietholt. Auch Vergleichsstudien wie PISA und TIMSS lassen kein einheitliches Bild ablesen.
Soziale Herkunft entscheidend
Fest stehe, dass ausländische Schüler häufiger ohne Abschluss die Schule verlassen als Deutsche. Entscheidender als die ethnische Herkunft sei allerdings die soziale Herkunft: Diese sei immer noch einer der entscheidenden Faktor für den Bildungserfolg.
In einem gegliederten Schulsystem zeige sich, dass sozial benachteiligte Kinder eher eine Hauptschule besuchen, betont Strietholt. "Mehrgliedrige Schulsysteme sind eher ungerecht." Besonders viele Schüler ohne Abschluss kommen aus Förderschulen, das hat Bildungsforscher Klaus Klemm in einer Untersuchung für die Bertelsmann-Stiftung festgestellt.