Putin macht ernst: Beginnt jetzt ein Krieg um die Ukraine?

Der Faktencheck zur Sendung vom 21.02.2022

Alle Diplomatie, alles Verhandeln war vergeblich: Putin streckt die Hand nach der Ostukraine aus. Kann der Westen ihm das durchgehen lassen, ohne harte Sanktionen? Ist das der Beginn eines Krieges um die gesamte Ukraine? Ist Russlands Präsident durch nichts mehr zu stoppen?

Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt hartaberfair nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Hermann-Josef Tenhagen zur Entwicklung der Gaspreise

Hermann-Josef Tenhagen sagt, Gas habe vor eineinhalb Jahren noch bei etwa 5 Cent je Kilowattstunde gelegen. Mit 11 bis 12 Cent müssten Verbraucher heute bereits das Doppelte zahlen.

Das stimmt. Tatsächlich hat sich der Gaspreis für Haushalte seit 2020 nahezu verdoppelt. Nach Angaben des Bundesverbandes Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zahlte ein Haushalt in einem Ein-Familienhaus mit einem Jahreserbrauch von 20.000 Kilowattstunden (kWh) im Jahr 2020 durchschnittlich 5,97 Cent je Kilowattstunde. Im Januar dieses Jahres fielen für den gleichen Haushalt durchschnittlich bereits 12,21 Cent/kWh an – mehr als doppelt so viel. Das Gleiche gilt für Verbraucher in Mehrfamilienhäusern. Kostete das Gas im Jahr 2020 für einen Haushalt eines 6-Familienhauses mit einem Jahresgesamtverbrauch von 80.000 kWh durchschnittich noch 5,26 Cent/kWh, stiegen die Gaspreise bis Januar dieses Jahres auf 11,84 Cent je Kilowattstunde an.

Udo Lielischkies über Russlands Staatshaushalt

Udo Lielischkies erinnert daran, wie sehr Russland vom Export fossiler Energieträger wie Öl und Gas abhängig ist. Alleine diese Einnahmen machten die Hälfte des russischen Staatshaushalts aus.

Für das Jahr 2018 ist die Größenordnung richtig. Der Export von Öl und Gas spülte im Jahr 2018 rund 9 Billionen Rubel in den russischen Staatshaushalt. Das geht aus einer Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages zum Außenhandel Russlands mit fossilen Energieträgern hervor. Dies entspreche laut dem Jahresbericht des russischen Finanzministeriums einem Anteil von 46,35 Prozent an den Gesamteinnahmen, so die Autoren. In den folgenden Jahren sank dieser Anteil allerdings auf 39,25 Prozent im Jahr 2019 und nur noch 27,97 Prozent im Jahr 2020.

Hermann-Josef Tenhagen über die Füllmengen der Gasspeicher

Hermann-Josef Tenhagen sagt, die Gasspeicher in Deutschland seien derzeit relativ leer.

Grundsätzlich gilt, dass die Gasspeicher in Deutschland während der Heizperioden deutlich leerer sind als in den wärmeren Jahreszeiten. Aktuell (20.02.22) liegt der Füllstand deutscher Gasspeicher laut Daten des europäischen Verbands der Gasinfrastruktur-Betreiber bei etwas über 31 Prozent. Im Vergleich zu den Sommermonaten ist dies naturgemäß relativ leer, wie Hermann-Josef Tenhagen sagt. Das ist – betrachtet man die vergangenen elf Jahre – aber nicht ungewöhnlich. Zwar lag der Füllstand um diese Jahreszeit auch schon mal bei über 60 und sogar über 80 Prozent (Februar 2016 bzw. Februar 2020), es gab seit 2011 aber auch Jahre, in denen der Füllstand auf dem aktuellen Niveau gelegen hatte. Im Februar 2017 lag er mit 30,2 Prozent sogar noch niedriger als heute.

Anmerkung der Redaktion

Die Anmoderation zum Einspieler eines Statements von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat den Eindruck vermittelt, es handele sich um eine direkte Reaktion Baerbocks auf die Anerkennung der Unabhängigkeit der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk durch Vladimir Putin. Annalena Baerbocks Appell an Russland, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, stammt vom Treffen der EU-Außenminister in Brüssel, also wenige Stunden vor der Anerkennung von Donezk und Luhansk durch den russischen Präsidenten. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

Mehr zur Sendung

Stand: 22.02.2022, 10:10 Uhr