Nur einmal jung und dann im Lockdown: Was macht Corona mit der Jugend?

Der Faktencheck zur Sendung vom 07.12.2020

Studium und Ausbildung gefährdet, Sport, Freizeit, Feiern mit Freunden verboten – die Jungen trifft die Corona-Krise hart. Viele Alte wollen das aber nicht hören. Bei "Hart aber fair" diskutieren junge Menschen mit Vizekanzler Olaf Scholz über Lockdown-Frust und Zukunftssorgen.

Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt hartaberfair nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Alexander Jorde über Studien zum Verhalten junger Menschen

Alexander Jorde appelliert, Corona-Verstöße von feiernden Jugendlichen nicht zu verallgemeinern. Das Bild passe nicht zu Studien, die der Jugend einen verantwortungsvollen Umgang mit der Pandemie bescheinigen.

Tatsächlich bescheinigen zwei aktuelle Studien den jungen Menschen ein verantwortungsbewusstes Verhalten in Zeiten der Corona-Pandemie. Gemeinsam mit dem renommierten Bildungs- und Sozialisationsforscher Prof. Klaus Hurrelmann untersuchte der Jugendforscher Simon Schnetzer im Rahmen seiner Studie “Junge Deutsche 2021“ das Verhalten der jungen Generationen in Corona-Zeiten. Demnach halten sich 73 Prozent der Befragten im Alter zwischen 14 und 39 Jahre an die geltenden Corona-Regeln. 72 Prozent geben an, sich rücksichtsvoll zu verhalten, um Familie und Freunde nicht zu gefährden. Außerdem halten es 66 Prozent der jungen Leute für wichtig, während der Corona-Pandemie auf Feiern und Partys zu verzichten. Nur acht Prozent sind auf gar keinen Fall dazu bereit, auf Partys zu verzichten. Laut Schnetzer seien die rücksichtloseren jungen Menschen eher männlich, wohnen in kleinen Städten und haben ein eher geringeres Bildungsniveau.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine aktuelle Jugendstudie der TUI-Stiftung. 52 Prozent der befragten 16 bis 26-jährigen halten die Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung für angemessen. Rund ein Fünftel hält sie für übertrieben und für 18 Prozent gehen die Maßnahmen nicht weit genug. Insgesamt aber halten 83 Prozent der jungen Menschen die geltenden Regeln ein. Von denen, die sich an die Maßnahmen halten, gaben 89 Prozent der Befragten an, dies zum Schutz der Gesundheit anderer Menschen zu tun.

Olaf Scholz über Zentralabitur

In Sachen Zentralabitur hat Olaf Scholz sein "Unwissen" bekannt gegeben. Was er wisse, sei, dass es in Deutschland gemeinsame Aufgaben für die Abi-Prüfungen gibt, jedoch kein deutschlandeinheitliches Zentralabitur. Dies werde in den 16 Bundesländern unterschiedlich gehandhabt.

So groß war das Unwissen von Olaf Scholz gar nicht. Immer wieder werden Forderungen nach einem bundeseinheitlich geregelten Zentralabitur laut. Bis heute aber – da hat Olaf Scholz recht – gibt es ein solches bundesweites Abitur nicht. Bildungs- und Schulpolitik ist Ländersache. Dementsprechend haben 15 der 16 Bundesländer länderspezifische Zentralabiture. Lediglich in Rheinland-Pfalz wird das Abitur noch dezentral organisiert. Dennoch sind sich die Länder einig darüber, dass die Bildungsstandards angeglichen werden müssen. Um diese Angleichung zu erreichen, beschloss die Kultusministerkonferenz im Jahr 2012 einen gemeinsamen Aufgabenpool für bestimmte Kernfächer wie Deutsch, Mathematik oder auch Englisch. Seit 2017 steht es allen Bundesländern frei, ob sie sich aus diesem bundesweiten Aufgabenpool bedienen oder in welchem Umfang die Abi-Prüfungen durch landeseigene Aufgaben ergänzt werden. Verantwortlich für die Abituraufgaben bleibt das jeweilige Bundesland.

Alexander Jorde über Vermögensverteilung in Deutschland

Genaue Zahlen hatte Alexander Jorde nicht parat, aber er kritisiert, dass eine “ziemlich kleine Anzahl an Menschen“ deutlich mehr besitze als die Hälfte der deutschen Bevölkerung insgesamt.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat sich im Sommer dieses Jahres die Vermögensverteilung in Deutschland mit Hilfe neuer Daten genauer angeschaut. Dabei fanden die Wirtschaftsforscher heraus, dass die Vermögenskonzentration in Deutschland höher ist als bisher angenommen. Demnach besitzt das reichste Prozent der Bevölkerung rund 35 Prozent des Nettovermögens. Betrachtet man die reichsten zehn Prozent Deutschlands, besitzen diese sogar knapp zwei Drittel (59 Prozent) des Nettovermögens. Die Ergebnisse untermauern nach Ansicht von Johannes König – Mitautor der Studie - allerdings nicht automatisch die Forderung nach einer Vermögensteuer. König verweist darauf, dass mehr als die Hälfte der Vermögen von Millionären produktiv genutzt wird – etwa in Betrieben oder in nicht selbstgenutztem Wohnraum. Es profitierten also auch andere von diesem Kapital, so König. Seiner Ansicht nach spricht dies eher gegen eine Vermögensteuer.

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Stand: 08.12.2020, 10:15 Uhr