Beate Zschäpe

Zschäpes Aussage im NSU-Prozess

"Die Entschuldigung ist eine Frechheit"

Stand: 09.12.2015, 16:25 Uhr

  • Anwalt verliest die Aussage von Beate Zschäpe
  • Angeklagte streitet Beteiligung an Taten des NSU ab
  • Unverständnis bei Angehörigen der Opfer

Gut 50 Seiten umfasste die Aussage, die der Anwalt von Beate Zschäpe, Matthias Grasel, am Mittwoch (09.12.2015) vor dem Münchner Oberlandesgericht vorgetragen hat. Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess hat sich in ihrer Aussage auch zu Taten in NRW geäußert, die dem NSU zur Last gelegt werden.

  • Am Bombenanschlag auf ein Lebensmittelgeschäft in der Kölner Probsteigasse im Januar 2001 will Beate Zschäpe nicht beteiligt gewesen sein. Uwe Böhnhardt habe die Bombe gebaut und in dem Laden platziert, heißt es in der Aussage. Uwe Mundlos habe vor dem Geschäft gewartet. Zeit Online zitiert Zschäpe mit den Worten, Mundlos und Böhnhardt hätten "Bock" auf die Tat gehabt. Sie selbst habe von der Tat erst später erfahren - auch vom Bau der Bombe habe sie nichts mitbekommen. Bei dem Anschlag wurde die damals 19 Jahre alte Tochter des Inhabers schwer verletzt. Zschäpe bezeichnete die Tat in ihrer Aussage als eine "brutale und willkürliche" Aktion.
  • Auch vom sogenannten Nagelbomben-Attentat in der Keupstraße in Köln-Mülheim im Juni 2004 will Zschäpe erst im Nachhinein erfahren haben - nachdem die Presse über die Tat berichtet hatte und sie Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos darauf ansprach. Bei dem Anschlag wurden 22 Menschen zum Teil lebensgefährlich verletzt.
  • Eine direkte Beteiligung an der Mordserie des NSU - darunter die Ermordung des Kioskbesitzers Mehmet Kubaşık 2006 in der Dortmunder Nordstadt - bestreitet Zschäpe ebenfalls. Auch von diesen Taten habe sie erst später erfahren. Sie sei daraufhin sprach- und fassungslos gewesen. Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess stellt ihre eigene Situation so dar, als habe sie nicht die Kraft gehabt, sich von Mundlos und Böhnhardt zu trennen und sich zu stellen. Zschäpe lässt ihren Verteidiger erklären: "Ich entschuldige mich aufrichtig bei allen Opfern und Angehörigen der Opfer".

Empörung bei Betroffenen

"Zum Totlachen" sei diese Entschuldigung, sagt ein Konditor in der Kölner Keupstaße, wo vor elf Jahren der NSU 22 Menschen mit einer Bombe verletzte. Die Aussage von Zschäpe ist hier Tagesgespräch. "Wenn die's Ernst gemeint hätte, dann hätte sie es am ersten Prozesstag gesagt und dabei geheult wie ein Schlosshund", sagt der Konditor.

Auch Gamze, die Tochter des getöteten Kioskbesitzers Mehmet Kubaşık, ist der Ansicht, dass Zschäpe versucht, sich aus der Verantwortung zu ziehen: "Dieser Aussage glaube ich kein Wort. Meine von vornherein geringen Hoffnungen, dass mit dieser Erklärung endlich die genauen Umstände des Mordes an meinem Vater aufgeklärt werden, sind enttäuscht. Frau Zschäpe hätte vieles beantworten können. Sie hat jedoch nach einer sehr langen Verhandlung jetzt einfach versucht, ihre Rolle herunter zu spielen."

Die Aussage sei "reine Taktik", sagte Gamze Kubaşık. "Die angebliche 'Entschuldigung' für die Taten von Mundlos und Böhnhardt nehme ich nicht an: Sie ist eine Frechheit, vor allem, wenn sie dann noch verbunden wird mit der Ansage, keine unserer Fragen zu beantworten." Fragen zu ihrer Aussage will Beate Zschäpe nicht mündlich, sondern nur schriftlich beantworten - und auch nur diejenigen, die vom Gericht und von Mitangeklagten gestellt werden, andere dagegen nicht.