Die Stammheim-Tonbänder

Von Dominik Reinle

Sie galten als vernichtet: die Tonbandmitschnitte des Stammheim-Verfahrens gegen die RAF-Gründer Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe. Doch bei NDR-Recherchen wurden im Oberlandesgericht Stuttgart ein Teil der Bänder gefunden.

Bei den Recherchen zur NDR-Dokumentation "Die RAF" stießen die Autoren Stefan Aust und Helmar Büchel im Keller des Oberlandesgerichts Stuttgart auf Tonband-Aufnahmen des Stammheim-Prozesses. Das teilten die ARD-Tagesthemen am 30. Juli 2007 mit. Die Gerichtsverhandlung in Stammheim wurde damals mitgeschnitten, um ein Wortprotokoll anfertigen zu können.

Ursprünglich sollten die Bänder nach Erstellung des Protokolls gelöscht werden. Dank des Geschichtsbewussteins eines Gerichtsprotokollanten blieben jedoch 21 Bänder von insgesamt zwölf Verhandlungstagen vorschriftswidrig erhalten. Die rund 13 Stunden langen Mitschnitte lagerten im Keller des Stuttgarter Oberlandesgerichts.

Heute gehören die Bänder zum Bestand des Staatsarchivs Ludwigsburg. Monate lange Vorbereitungen waren notwendig, bis der WDR am 8. Oktober 2007 große Teile daraus senden konnte. In der WDR-5-Sendung "Funkhausgespräche" wurden über eine Stunde weitgehend ungeschnittener Originaltöne präsentiert.

Unter anderem musste dem WDR das schriftliche Einverständnis jedes noch lebenden Prozessbeteiligten vorliegen, um seine Stimme veröffentlichen zu dürfen. Alle gaben ihre Zusage - nach einiger Bedenkzeit auch der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), damals Wahlverteidiger von Gudrun Ensslin.

Die Tonbänder dokumentieren einen Prozess mit aggressiven Wortwechseln und politischen Erklärungen. Immer wieder lässt der Vorsitzende Richter Baader und Ensslin abführen - unter lautem Protest.

Stand: 29.09.2007, 00:00 Uhr