Chris Howland wäre 93 Jahre alt geworden

Er schrieb deutsche Radio- und TV-Geschichte - und prägte die Unterhaltungsbranche im Nachkriegsdeutschland. Vor acht Jahren verstarb Chris Howland alias "Heinrich Pumpernickel" in Rösrath bei Köln. Am 30. Juli hätte er seinen 93. Geburtstag gefeiert.

Eigentlich will er nach Hollywood. Doch Chris Howland, geboren 1928 in London, bleibt als Soldat in Deutschland hängen, prägt die Unterhaltungsbranche im Nachkriegsdeutschland als Moderator, Schlagersänger und Schauspieler. Vor fünf Jahren ist Mr. Pumpernickel, weil er das Wort Pumpernickel unaussprechlich amüsant fand, am 30. November 2013 in Rösrath bei Köln gestorben. Auf dem Bild hält der Entertainer anlässlich seines 80. Geburtstags im Jahr 2008 ein Kindheitsfoto von sich in die Kamera.

In der Hamburger Niederlassung von BFN, dem Hörfunksender der britischen Armee, beginnt Howlands Karriere. Bis zu 30 Millionen Deutsche hören seine Sendungen. Ohne ein Wort Deutsch zu können, geht er 1952 zum NWDR. Als Phänomen einer jungen Generation landet Howland sogar auf dem Titel des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel".

Nicht zuletzt wegen seines Akzents wird Howland extrem populär. 1953 moderiert er eine der ersten Fernsehshows im NWDR. Sein Traumziel Hollywood verliert er dabei erstmal nicht aus den Augen und verdingt sich als Darsteller sympathischer Nebenrollen in Heimat- und Klamaukfilmen der 1950er- und 1960er-Jahre, zum Beispiel neben Attila Hörbiger und Paula Wessely in "Der Major und die Stiere" (1955).

Auch als Sänger feiert er Erfolge: Zunächst 1958 mit der deutschen Version des Countryhits "Fräulein", später mit ironischen, teilweise auch bewusst albernen Schlagern wie "Das hab ich in Paris gelernt" oder der "Hämmerchen-Polka".

Am wohlsten fühlt er sich am Radiomikrofon, wie er im Jahr 2002 im einem Interview sagt. Ab 1954 moderiert er für den NWDR in Köln. Das Bild zeigt ihn 1958 während einer Livesendung.

Stressig werden die Jahre zwischen 1959 und 1961: Aus Liebe zu seiner britischen Frau versucht Howland, in seiner Heimat Fuß zu fassen, und ergattert dank seiner langjährigen Erfahrungen einen Moderationsjob in einem täglichen Fernseh-Talkformat. Parallel macht er an den Wochenenden weiter seine Radioshows oder dreht in Deutschland Filme wie die Musical-Komödie "Tausend Sterne leuchten" (1959).

1961 entwickelt Howland beim NWDR mit "Versteckte Kamera" eine deutsche Version des amerikanischen Comedyerfolgs "Candid Camera". Passanten werden, ohne es zu ahnen, in knifflige bis absurde Situationen gebracht. Der Erfolg ist riesig, doch die Politik schreitet ein. Der damalige Vizekanzler Erich Mende sorgt dafür, dass das Format wegen der "Verletzung von Privatrechten" eingestellt wird.

Zum absoluten Klassiker entwickelt sich ab 1961 die Pop-Show "Musik aus Studio B". Howland begrüßt darin nationale, aber auch internationale Stars, gesungen wird allerdings durchweg auf Deutsch. 1969 endet Howlands Engagement – wegen eines Privatproblems mit dem damaligen Unterhaltungschef.

In den 60er Jahren gehört Howland zu den etablierten Stars der deutschen Unterhaltungsbranche. 1964 spielt er in der Karl-May-Verfilmung "Der Schut" neben Dieter Borsche.

Auch die Mode geht an Chris Howland nicht spurlos vorbei: 1965, auf dem Höhepunkt der Beatlemania, lässt er sich eine Pilzkopffrisur verpassen.

Für fünf Jahre verschwindet Howland 1970 nach Mallorca, baut sich ein Hotel, landet aber, wie er immer wieder erzählt, privat auf einem absoluten Tiefpunkt. Ab 1975 ist er wieder im deutschen Fernsehen präsent, meist in Shows, in denen Stars der Nachkriegszeit auftreten – wie in der Nostalgiesendung "Souvenirs Souvenirs" (1985) mit Schlagerstar Billy Mo.

Ab 2004 kehrt Howland dorthin zurück, wo für ihn alles anfing – ins Radiostudio. Für WDR 4 moderiert er (bis zu seinem Tod) die einstündige Retrosendung "Spielereien mit Schallplatten", in der Howland Schätze aus seinem privaten Plattenrepertoire vorstellt – meist amerikanische Easy-Listening-Größen wie Doris Day, Frank Sinatra oder Dean Martin.

Stand: 21.07.2021, 12:36 Uhr