Ex-Führungsriege vor Gericht

Sal. Oppenheim-Prozess vorerst ausgesetzt

Stand: 27.02.2013, 16:04 Uhr

Vor dem Landgericht Köln hat am Mittwoch (27.02.2013) der Prozess gegen das Ex-Führungsquartett des berühmten Bankhauses Sal. Oppenheim begonnen. Die Verteidigung will den Prozess platzen lassen. Die beiden nächsten Verhandlungstermine wurden überraschend abgesagt.

Die ehemaligen Banker (2.v.l.) Friedrich Carl Janssen, Matthias Graf von Krockow (M) und Dieter Pfundt (hinten rechts) warten am 27.02.2013 in Köln (Nordrhein-Westfalen) vor dem Landgericht zwischen ihren Anwälten auf den Prozessbeginn.

Ex-Banker von Sal. Oppenheim vor Gericht

Der Kölner Prozess gilt als eines der größten Wirtschaftsstrafverfahren der vergangenen Jahre. Richterin Sabine Grobecker eröffnete am 27. Februar das Hauptverfahren gegen vier ehemalige Verantwortliche des Bankhauses Sal. Oppenheim, Matthias Graf von Krockow, Christopher Freiherr von Oppenheim, Friedrich-Carl Janssen und Dieter Pfundt sowie ihren früheren Geschäftspartner, den Immobilienentwickler Josef Esch. Den vier ehemaligen Bankiers von Sal. Oppenheim wird Untreue in besonders schwerem Fall zur Last gelegt.

Verteidigung will Prozess platzen lassen

Die Verteidiger der Angeklagten wollen das Verfahren gleich zu Beginn platzen lassen. Sie rügten zu Prozessbeginn am Mittwoch (27.02.2013), das Verfahren sei dem falschen Gericht zugeteilt worden. In einer Pressemitteilung der Verteidigung von Josef Esch heißt es: "Die Abteilungen der Staatsanwaltschaft Köln für Wirtschaftsstrafsachen wissen, welche zuletzt erhobene Anklage im Turnus welcher Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Köln zugewiesen worden sind, weil sie hierüber notwendig sofort nach Eingang einer Anklage unterrichtet werden." Also wisse die Staatsanwaltschaft auch, welcher Wirtschaftsstrafkammer die nächste zu erhebende Anklage zugewiesen werde. Infolgedessen könne sie diese Zuweisung auch beeinflussen, indem sie die Erhebung einer Anklage zeitlich steuere. Es sei unzulässig, dass der Fall der 16. großen Strafkammer zugewiesen wurde, erklärte die Verteidigung.

Am Donnerstag in der kommenden Woche will die Vorsitzende Richterin Sabine Grobecker die Entscheidung mitteilen, ob dem Antrag stattgegeben wird. Die beiden Verhandlungstermine davor sind deshalb abgesagt worden. Sollte die Verteidigung sich damit durchsetzen, wäre der Prozess geplatzt. In diesem Fall müsste das Verfahren vor einer anderen Kammer völlig neu aufgerollt werden. Das könnte Monate dauern.

Umstrittene Immobiliengeschäfte

Die Vorwürfe an die ehemaligen Verantwortlichen von Sal. Oppenheim wiegen schwer: Die Oberstaatsanwälte Gunnar Greier und Torsten Elschenbroich listeten zu Beginn des Prozesses mehrere Fälle auf, in denen sich die Bankenchefs auf Kosten der Bank bereichert haben sollen. Sie legen ihnen Untreue in besonders schwerem Fall zur Last. Unter anderem geht es um zwei Fälle, in denen umstrittene Geschäfte mit Büroimmobilien in Köln und Frankfurt am Main abgeschlossen wurden.

In einem dritten Fall kaufte die Bank eine Villa im Kölner Nobelviertel Marienburg, renovierte sie luxuriös und vermietete sie an der Mutter von Christopher von Oppenheim. Auf mehr als acht Millionen Euro beziffert die Anklage den Schaden, welcher der Bank durch überhöhte Investitionen in die zu preiswert vermietete Villa in Köln entstanden sein soll. Insgesamt haben die Staatsanwälte einen mutmaßlichen Schaden durch die drei Immobiliengeschäfte von rund 150 Millionen Euro errechnet. Allen drei Fällen ist gemein, dass die Angeklagten der Staatsanwaltschaft zufolge persönliche Interessen - vor allem finanzieller Art - und das Wohl der Bank nicht in Einklang brachten.

Neue Anklage wegen riskanter Kreditgeschäfte

Die Staatsanwaltschaft beantragte außerdem nach Anklageverlesung, das Hauptverfahren zunächst auszusetzen. Eine neue Anklage wegen schwerer Untreue gegen dieselben fünf Beschuldigten war am Tag vor Prozessbeginn bekannt geworden. Oberstaatsanwalt Gunnar Greier forderte, sie solle mit dem Prozess zusammengefasst werden. Es geht dabei um riskante Kredite an die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz und den Arcandor-Konzern, mit denen die Angeklagten die Bank geschädigt haben sollen.

Im Vorfeld war bereits mit einer langen Dauer des Kölner Wirtschaftsprozesses gerechnet worden. Die Strafkammer hatte für den Prozess um die drei umstrittenen Immobiliengeschäfte weitere 77 Verhandlungstage bis zum 19. Dezember dieses Jahres anberaumt. Sollte die neue Anklage, in deren Zentrum riskante Kredite stehen, mit diesem Prozess zusammengelegt werden, würde das den Prozess noch einmal deutlich in die Länge ziehen.

Notverkauf an die Deutsche Bank

Sal. Oppenheim war im Zuge der Finanzkrise in Schieflage geraten und wurde an die Deutsche Bank verkauft. Zuvor hatte sich die ehemals größte europäische Privatbank mit Investments in den Tourismus- und Handelskonzern Arcandor verhoben. Nachdem Arcandor im Frühjahr 2009 in die Insolvenz gegangen war, flüchtete sich Sal. Oppenheim unter das Dach der Frankfurter Großbank.