Kunden stehen vor den Türen eines Karstadt-Warenhauses und lesen eine Mitteilung

Unabhängige Warenhäuser sind besser

Klassisches Kaufhaus macht gute Geschäfte

Stand: 13.08.2009, 02:00 Uhr

Das klassische Warenhaus wurde nach der Pleite von Hertie und Karstadt häufig totgesagt. Doch ein Blick durchs Land zeigt: Die Kaufhaus-Landschaft in NRW blüht. Unabhängige Einkaufstempel machen gute Geschäfte und wachsen.

Von Michael Westerhoff

Im Ringcenter in Dormagen sind die Handwerker unterwegs. Sie bauen die neue Kofferabteilung. Mit Gepäckband wie auf dem Flughafen. Auf solche Details legt Kaufhaus-Inhaber Hans Dieter Lehnhoff Wert: "Wir wollen Emotionen wecken, also soll es hier aussehen wie in der Abflughalle eines Flughafens." Vor zehn Jahren hat er das Ringcenter übernommen, ein klassisches Kaufhaus auf vier Etagen. Seit Lehnhoff das Kaufhaus gehört, ist der Umsatz um zehn Prozent gewachsen, das Haus um eine Etage. Mit 7.000 Quadratmetern ist es fast doppelt so groß wie die meisten Hertie-Häuser.

Erfolgsformel Kundennähe

"Unser Geheimnis ist die Nähe zum Kunden", erzählt Lehnhoff: "Wenn mir auf dem Tennisplatz eine Kundin erzählt, dass es bei uns nicht ausreichend Röcke in Größe 46 gibt, können wir sofort reagieren." Etwas, das Kaufhaus-Konzerne wie Karstadt oder Hertie mit Managern in Konzernzentralen nicht leisten können: "Ich bin zehn Stunden am Tag, sechs Tage die Woche vor Ort." Lehnhoff hat sein Kaufhaus auf die Bedürfnisse vor Ort ausgerichtet. Als nebenan zwei Drogerie-Märkte eröffneten, trennte er sich von Drogerieartikeln. Auch CDs führt er nicht, weil ein Elektromarkt in der Nähe preiswerter sein kann.

Moderne Erlebniswelten

Bei Mode und Sport ist er dagegen mit Marken wie Esprit und Adidas stark aufgestellt. Und alles wirkt modern wie ein Großstadt- Haus: "Die Dormagener fahren zum Einkaufen nach Köln und Düsseldorf, also müssen wir optisch auf demselben Niveau sein wie die Häuser dort." Jede Etage eine Erlebniswelt mit sehr viel Markenware. Wohnen und Spielen im Untergeschoss, Mode im Erdgeschoss, Sport und Schuhe in der ersten Etage und Jugendmode unter dem Dach. "Das Graffiti hier hat ein Dormagener Schüler gemacht". Solche Aktionen garantieren Nähe zu den Bürgern. Genauso wie VIP-Empfänge für Stammkunden oder eine jährliche Tombola, die einer örtlichen Schule zugute kommt.

70er-Jahre Charme

Ein ganz anderes Konzept fährt Wolfgang Gassmann, der unter anderem in Witten, Velbert und Meinerzhagen sieben Kaufhäuser betreibt. Seine Läden versprühen den Charme der 70er- Jahre. PVC-Böden, dicht bepackte Regale, keine Inszenierung wie in Dormagen, Gassmanns Häuser sind Gemischtwarenläden. Wer einen Schritt zu viel geht, landet direkt neben den Röcken bei den Töpfen. Sein Erfolgsgeheimnis ist aber dasselbe wie das von Lehnhoff: "Unsere Verkäuferinnen sprechen mit den Kunden, die geben das sofort an uns weiter und wir stimmen das Warenangebot genau auf die Wünsche ab", beschreibt Gassmann sein Geschäftsgeheimnis, das gute Umsätze garantiert.

Entscheidungen vor Ort treffen

"Vor Ort entscheiden die Unternehmer, sie positionieren sich als 'Local Heroes', das ist die Erfolgsformel", sagt einer, der den Überblick hat. Dirk Funk, Geschäftsführer für den Bereich Kaufhäuser der EK Servicegroup in Bielefeld, der Einkaufsgemeinschaft der unabhängigen Warenhäuser: "Diese Verankerung vor Ort können Konzerne nicht bieten." Die EK beliefert 40 Häuser in NRW. "Eine solche Einkaufgemeinschaft garantiert uns gute Preise, sonst könnten wir mit großen Wettbewerbern nicht mithalten", gibt der Dormagener Kaufmann Lehnhoff zu, der in vier verschiedenen Genossenschaften Mitglied ist.

Durch die Hertie-Pleite könnten die unabhängigen Kaufhäuser eine noch wichtigere Rolle in NRW spielen: "Ja, wir bemühen uns um einige Hertie-Häuser", gibt Funk zu. Auch Lehnhoff wurde bereits ein Haus angeboten. Er will sich jedoch lieber auf sein Kaufhaus in Dormagen konzentrieren: "Ich muss hier vor Ort sein, sonst verliere ich den Kontakt zum Kunden." Und damit seinen Wettbewerbsvorteil vor großen Konzernen.