Tamina Datko schießt einen Fußball auf Dia zu.

"Eulen und Lerchen": Ehrenamtler retten Kinderbetreuung für Familien im Schichtdienst

Dortmund | Ehrenamt

Stand: 10.05.2024, 13:38 Uhr

Tamina Datko ist so etwas wie eine große Schwester - nur ehrenamtlich. Sie engagiert sich in Dortmund beim Projekt "Eulen und Lärchen". Wie sie damit eine Familie mit Eltern im Schichtdienst entlastet.

Von Lena Breuer

"Dia, zieh dir schnell deine Schuhe an, wir wollen los", ruft Tamina Datko durch den kleinen Flur der Wohnung in Dortmund-Wambel. "Und vergiss deine Regenjacke nicht." Die 20-Jährige streicht sich ruhig die langen, dunkelblonden Haare aus dem Gesicht und hilft der sechsjährigen Dia in ihre Gummistiefel.

Ihr achtjähriger Bruder Dave wartet schon an der Haustür. Er will so schnell wie möglich zum Fußballtraining. Dass Dave und Dia an diesem Nachmittag einfach Kinder sein können, liegt vor allem an Tamina Datko. Die 20-Jährige hilft zweimal in der Woche bei der Familie von Dia und Dave.

Was Tamina Datko an ihrem Ehrenamt besonders genießt

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Ob in der Industrie, im Krankenhaus, in Pflegeheimen oder bei der Polizei - rund 15 Prozent der Menschen in Deutschland arbeiten laut Statistischem Amt der Europäischen Union im Schichtdienst. Bei Familien mit Schichtarbeitern ergeben sich häufig Probleme in der Kinderbetreuung, gerade in den Randzeiten. Wer bringt die Kinder zur Schule? Wer holt sie dort ab? Wer betreut sie am Nachmittag?

Hier setzt das Projekt "Eulen und Lärchen" vom Mütterzentrum Dortmund e.V. an. Seit 2021 können sich Familien anmelden, in denen die Eltern im Schichtdienst arbeiten. Im Moment werden 25 Familien von über 50 Ehrenamtlichen betreut. Der Bedarf wäre weit größer. Sie bekommen Unterstützung von Ehrenamtlichen - wie Tamina Datko.

  • Tamina Datko hat für ihr Engagement den "Ehrwin des Monats" bekommen. Wer selbst jemanden vorschlagen möchte, kann dies unter diesem Link tun.

Dortmund: Eulen und Lärchen im Einsatz für Familien

"Die Chemie bei uns hat sofort gestimmt. Ich liebe es, Zeit mit den Kindern zu verbringen." Eigentlich studiert Datko Lehramt für sonderpädagogische Förderung, seit gut eineinhalb Jahren ist sie beim Projekt "Eulen und Lerchen" dabei.

Tamina Datko hält einen Fußball, Dia schaut zu ihr auf, Dave lächelt.

In ihrer Freizeit kümmert sich Tamina Datko um Dia und Dave

Die Kinder sind fertig angezogen und stürmen nach draußen. Datko verabschiedet sich mit einem Lächeln von Mutter Nikita Sharma. Sie ist auf dem Sprung zur Arbeit, Spätschicht im Krankenhaus. "Ich bin so dankbar, dass Tamina regelmäßig kommt. Ich weiß gar nicht, wie es ohne sie gehen würde", sagt Nikita Sharma.

Die 27-Jährige macht gerade eine Ausbildung zur Krankenpflegerin. Ihr Mann ist Metzger und in den Randzeiten ebenfalls häufig nicht zu Hause. An Mutter Nikita Sharma zeigt sich: Das Projekt ist mehr als Kinderbetreuung.

"Eulen" am Nachmittag, "Lerchen" am Morgen

"Wir haben ein strukturelles Problem", erklärt Maureen Schneider, eine der Koordinatorinnen des Projekts. Neben einem abwechslungsreichen und gleichzeitig verlässlichem Alltag für die Kinder profitieren vor allem die Mütter von dem Angebot in Dortmund.

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Kommt es zu Betreuungsengpässen, "stecken oft die Mütter zurück, brechen ihre Ausbildung ab oder gehen in Teilzeit", sagt Maureen Schneider. Dort wollen sie unterstützen: "Deshalb setzen wir ehrenamtliche Lerchen früh am Morgen ein und Eulen am Nachmittag."

"Für mich ist das keine Arbeit"

Tamina Datko ist mit den Kindern beim nahen Fußballplatz angekommen. "Dave, vergiss deine Trinkflasche nicht!", ruft sie dem Achtjährigen hinterher. Er ist schon losgestürmt und dreht sich nicht mehr um. Die 20-Jährige lacht, zuckt mit den Schultern und stellt die Flasche an den Rand des Fußballplatzes. Mit Dia geht sie auf den Spielplatz in der Nähe.

"Für mich ist das hier keine Arbeit, auch wenn es natürlich nicht immer einfach und konfliktfrei ist. Aber ich weiß, wenn es mal wirklich Probleme gibt, kann ich mir immer Hilfe beim Mütterzentrum holen", sagt sie. Im Mütterzentrum Dortmund können sich die Ehrenamtlichen austauschen und sich pädagogische Tipps holen. Außerdem finden regelmäßig Fortbildungen statt. Angst vor Verantwortung für die Kinder hatte sie nie.

Wie geht Tamina Datko mit der Verantwortung für fremde Kinder um?

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"Tamina, komm, ich will schaukeln!", die 6-jährige Dia ruft laut über den Spielplatz und rennt zur Schaukel. Es hat leicht angefangen zu regnen. Den Kindern und Datko ist es egal. "Ich will das auf jeden Fall so lange machen, wie ich in Dortmund studiere. Was danach passiert, weiß ich nicht. Aber am liebsten würde ich für immer bei der Familie bleiben", sagt Datko und schubst Dia kräftig auf der Schaukel an.

Über dieses Thema haben wir auch am 27.04.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Dortmund, 19.30 Uhr.