Service Gesundheit - Stiller Reflux

Stand: 28.06.2016, 09:55 Uhr

Sodbrennen oder Reflux führt häufig zu einem unangenehmen Brennen in der Speiseröhre. Aber es gibt auch den stillen Reflux. Er macht sich nicht durch Brennen bemerkbar, kann trotzdem unangenehm sein und wird oft nicht erkannt.

Von Sigrun Damas

Klassischer Reflux entsteht, wenn Magensäure aus dem Magen in die Speiseröhre zurückfließt. Er verursacht ein Brennen und Stechen hinter der Brust, das als Sodbrennen bemerkt wird. Das kann verschiedene Ursachen haben. Vielleicht wird zu viel Magensäure produziert oder der Schließmuskel zwischen Magen und Speiseröhre funktioniert nicht gut. Manchmal ist auch ein Zwerchfellbruch Auslöser. Dann werden Teile des Magens in den Brustraum hinaufgesogen, was den Säure-Rückfluss begünstigt.

Kein Brennen, sondern Husten

Menschen, die unter stillem oder atypischem Reflux leiden, bekommen dagegen oft gar nicht mit, dass sie ein Problem mit der Magensäure haben. "Das Problem ist, dass die Symptome recht unspezifisch sind”, sagt HNO-Arzt und Phoniater Hans-Heiner Fastenau vom Klinikum Bremen-Mitte. "Die Patienten schildern, dass ihnen Schleim hinter der Nase läuft, dass sie dauernd husten müssen - ohne erkältet zu sein. Oder sie haben das Gefühl, einen Fremdkörper im Hals zu haben.” Auch hinter chronischer Heiserkeit und permanentem Räusperzwang könne ein stiller Reflux stecken.

Magensäure steigt bis in den Rachen

Anders als beim typischen Reflux entsteht das Problem beim stillen Reflux am oberen Ende der Speiseröhre. Auch hier sitzt ein Schließmuskel, der das Austreten von Magensäure in den Kehlkopf und Rachen verhindern soll. "Wenn dieser Schließmuskel nicht richtig arbeitet, trifft die Säure auf Schleimhäute, die noch empfindlicher sind als die der Speiseröhre”, erklärt Hans-Heiner Fastenau. "Deswegen reichen hier auch kleinste, unbemerkt aufschießende Mengen, um Probleme zu verursachen.” Unter Umständen kann die Luftröhre sogar vernarben. "In den meisten Fällen bleibt es aber bei Befindlichkeitsstörungen“, berichtet Thomas Verse, HNO-Arzt am Asklepios Klinikum Harburg.

Diagnose per Sonde

Eine spezielle Säuremessung (ph-Metrie) hilft festzustellen, ob ein stiller Reflux vorliegt. Dabei schiebt der Arzt eine Einmalsonde durch die Nase in den Rachen. Es gibt auch Sonden, die an zwei Punkten den Säuregehalt messen: Auf Höhe des Kehlkopfes und in der Speiseröhre. Wenn die ph-Werte häufig und für längere Zeit unter einen Wert von vier absinken, gilt der Reflux als bewiesen. Warum jemand darunter leidet, können Ärzte bis heute noch nicht erklären. Anders als beim normalen Reflux spielen Risikofaktoren wie Übergewicht, Rauchen und Ernährungsgewohnheiten eine eher untergeordnete Rolle.

Lebensgewohnheiten ändern

Trotzdem kann man versuchen, auch den stillen Reflux durch eine Umstellung seiner Lebensgewohnheiten in den Griff zu bekommen. "Wir raten dazu, keinen Wein zu trinken, drei bis vier Stunden vor dem Schlafengehen nichts mehr zu essen und auf Kaffee zu verzichten“, sagt Gastroenterologe Johann Ockenga vom Klinikum Bremen-Mitte. Auch Süßigkeiten sollten gemieden werden, ebenso säurehaltiges Obst, Frittiertes, Gegrilltes und stark Gewürztes. Auch Rauchen erhöht das Refluxrisiko. Manche Ärzte empfehlen, das Kopfende des Bettes leicht hochzustellen oder auf der linken Körperseite zu schlafen. Außerdem sollte man sich ständiges Räuspern abgewöhnen, weil das den Kehlkopf reizt.

Säureblockende Medikamente

"Eine Lebensumstellung fällt den meisten Menschen schwer”, weiß HNO-Arzt Thomas Verse. "Deswegen verschreiben wir eher säureblockende Medikamente, also Protonenpumpeninhibitoren. Manchmal reicht es, wenn die Betroffenen diese einige Wochen einnehmen. Bei manchen kommt der Reflux aber schnell wieder.” "Leider ist es so, dass die Säureblocker beim stillen Reflux häufig höher dosiert werden müssen als beim normalen“, ergänzt Hans-Heiner Fastenau. "Und bei langfristiger Einnahme steigt dann das Risiko für Osteoporose.“ Neuere Studien weisen sogar darauf hin, dass Reflux-Patienten mit Asthma und chronischem Husten überhaupt nicht von der Einnahme säureblockender Medikamente profitieren.

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