Bisheriger Oberbürgermeister zieht Bilanz

Nimptsch und die Abrechnung

Stand: 12.10.2015, 14:12 Uhr

Sechs Jahre hat er die Geschicke Bonns gelenkt, jetzt tritt Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch ab. Ein leises Adieu wäre nicht seine Art. Stattdessen fällt seine eigene Bilanz 100 Seiten stark aus. Und Nimptsch findet deutliche Worte über den Stadtrat, das gescheiterte Festspielhaus und seinen Zwist mit dem Bonner General-Anzeiger.

Von Anne Burghard

Jürgen Nimptsch sitzt vor dem großen Kamin im alten Bonner Rathaus und seufzt. Leicht fällt es ihm nicht, den Chefsessel abzugeben. Das sieht man ihm an, und er gibt es auch offen zu. "Es ist ein Prozess, der jetzt zu Ende geht. Und es schleicht sich mehr und mehr Wehmut ein. Aber es ändert nichts daran, dass die Entscheidung, nicht mehr anzutreten, richtig war." Richtig deshalb, weil der Job einen enormen Einsatz fordere und die politischen Verhältnisse nicht immer diesen Einsatz würdigten, umschreibt Nimptsch seinen Satz - und fügt hinzu: "Dann soll es jetzt mal ein anderer machen."

Kritik am Rat

Jürgen Nimptsch

Jürgen Nimptsch, scheidender OB der Stadt Bonn

Nimptsch war Schulleiter bevor er Oberbürgermeister in Bonn wurde. Verwaltungsabläufe waren ihm bekannt, und er fühlte sich auch dem großen Verwaltungsapparat im Rathaus gewachsen. "Es ist mir auch gelungen, die Menschen da zusammenzuführen und geschlossene Haltungen zu entwickeln", bilanziert er zufrieden. Nicht so im politischen Bereich, das sagt er ganz offen. Seine Erfahrung mit dem Rat der Stadt Bonn beschreibt er so: "Ich war davon ausgegangen, es sei relativ einfach, einen Konsens zwischen den Beteiligten zu erzielen." Nimptsch macht eine Pause und fährt fort: "Um dann zu merken, dass die das oft genug gar nicht wollten." Auch er habe Fehler in diesem Prozess gemacht, gibt er zu. Aber insgesamt habe sich die schwarz-grüne Koalition "mit einem roten Oberbürgermeister schwerer getan als umgekehrt".

Abrechnung mit Journalisten

Nimptsch rechnet ab - auch mit dem Bonner General-Anzeiger. Er wirft dem Herausgeber "Verdachts-Journalismus" vor. In der Berichterstattung über das World Conference Centrum WCCB seien Rathaus-Mitarbeiter nachweislich zu Unrecht verdächtigt worden. Einzelne Journalisten und auch die Chefredaktion hätten dort unzulässig Partei ergriffen, meint Nimptsch.

"Hätte, hätte, Fahrradkette"

Die andere Baustelle: Das Festspielhaus. Es wird nicht gebaut. Dafür sei er aber nicht verantwortlich, betont Nimptsch. Als er ins Amt kam, habe es mehrere Finanzierungsentwürfe gegeben. Aber: "Es gab keine belastbare Aussage, dass die Finanzierung steht", so Nimptsch.

Verwaltung und Politik hätten sehr gut gearbeitet, meint er. Dass die Post aus dem Projekt ausgestiegen sei, müsse sie alleine verantworten. "Hätte, hätte, Fahrradkette! Hätte die damalige Jury damals einen Entwurf genommen, also 2008, der die Beethovenhalle hätte stehen lassen, dann wäre es vielleicht noch gegangen, und man hätte noch die Telekom mit ins Boot holen können. Aber das war nun mal nicht so."

Zukunft als Pensionär

Auf zwei Dinge in seiner Amtszeit ist er stolz: das Haushaltssicherungskonzept und die Fertigstellung des WCCB. "Das hat auch was mit mir zu tun", sagt der scheidende Oberbürgermeister. Und was macht er jetzt? "Naja, ich habe 40 Jahre gearbeitet - inklusive der Ausbildungszeit. Das ist eine Situation, in der man sich nicht schämen muss, wenn man sagt 'ich geh jetzt nicht mehr für Geld arbeiten' - ich bin dann Pensionär."