"Die Story im Ersten"

Reise nach Fukushima

Stand: 04.11.2014, 13:05 Uhr

Ranga Yogeshwar war mit dem "Quarks & Co"-Filmteam Anfang Juli und Mitte September in Fukushima unterwegs. Das Team hat in den havarierten Reaktoren und in den umliegenden Sperrzonen gedreht. Nach langen Verhandlungen mit der Betreiberfirma Tepco erhielt der Wissenschaftsjournalist eine Sondergenehmigung dafür. Als erstes Team weltweit konnten sich die Filmemacher relativ frei auf dem Gelände bewegen. Ihre Reportage lief am 3.11. im Ersten - und bundesweit 1,88 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer schalteten ein. Das entspricht einem Gesamtmarktanteil von 11,5 Prozent. Hier schildert das Team seine Eindrücke vom Dreh.

Von Tobias Zihn

Eine Reise nach Fukushima. Zum Drehen eines Films über die Atom-Katastrophe und das Leben danach - im verseuchten Gebiet: "Als die Anfrage kam, habe ich etwas überlegen müssen - ob ich mitfahre oder nicht", sagt Ton-Techniker Timo Bruhns. Doch nach einem Telefonat mit Ranga Yogeshwar und Co-Autor Reinhart Brüning war sich Bruhns sicher: "Als Experten im Bereich der Atomphysik und als Familienväter versicherten mir Reinhart und Ranga, dass sie beim Dreh keine Risiken eingehen werden."

Überall zerstörte Orte

Ankunft in der verseuchten, menschenleeren Speerzone. Bruhns: "Der Anblick der zerstörten Orte war schrecklich. Autos, die auf dem Dach liegen, in Stücke gerissene Häuser. Was mich besonders berührt hat, war eine Uhr an der Fassade eines Friseursalons, die genau in dem Moment als der Tsunami den Ort erfasste, stehen geblieben ist." Freitag, 11. März 2011, 14:47 Uhr.

Kameramann Rüdiger Spott fühlt sich direkt in einen Katastrophenfilm versetzt: "1975 wurde ich Filmvorführer. In der Prüfung habe ich den Film Stalker von Tarkowski projiziert: Drei Männer auf ihrem Weg in eine verbotene Zone. Mein Gedanke: Jetzt bin ich selbst in diesem Film." Spott findet aber auch eine gewisse Ästhetik in all der Zerstörung: "Die Landschaft liegt wie eine schöne Leiche unter einem grünen Laken."

Arbeiten unter extremen Bedingungen

Das Drehen in Fukushima - vor allem in den zerstörten Reaktoren - war sehr schwer: "Wir mussten bei unserem Dreh auf dem Kraftwerksgelände mehrere Lagen Schutzkleidung anziehen. Zudem mussten wir eine Gasmaske und einen Helm tragen. Für Moderationen von Ranga haben wir ihm unter die letzte Lage des Schutzanzuges ein Ansteckmikrofon installiert. Durch die Gasmaske klang es natürlich dumpf. Aber wir haben entschieden, es ohne Bearbeitung auszustrahlen um die Schwierigkeiten des Drehs deutlich zu machen", sagt der Ton-Techniker.

Drei Personen in weißen Anzügen und blauen Hauben ziehen Gummihandschuhe an

Mehrere Lagen Schutzkleidung waren für den Dreh auf dem Kraftwerksgelände nötig

Außerdem war es in der Schutzkleidung sehr heiß. Bruhns: "Es herrschten Außentemperaturen von mehr als 30 Grad und wir haben alle tierisch geschwitzt. Beim Anlegen der Schutzkleidung bekam jeder eine Weste mit eiskalten Kühlpacks angelegt. Nach drei bis vier Stunden Drehzeit waren diese Kühlpacks so heiß wie Wärmflaschen."

Angst vor der Radioaktivität

Kameramann Spott beschlich während der Arbeit in Fukushima immer wieder die Furcht vor der Strahlung: "Der Schweiß rinnt und ständig hatte ich Angst, dass es irgendwo einreißt und die ganze radioaktive Soße auf meine Haut kommt."

Doch Bruhns und Spott konnten den Dreh ohne besondere Vorkommnisse über die Bühne bringen. Herausgekommen ist eine eindrucksvolle Reportage über Fukushima, die das Erste am 3. November 2014 um 22:45 zeigte.