Europa aus allererster Hand

Stand: 12.05.2016, 17:15 Uhr

Hotspot der etwas anderen Art: Beim 19. WDR-Europaforum dreht sich alles um die vielen Krisen Europas. Am Nachmittag gehört die Bühne Chef-Politikerin Angela Merkel. Teil 2 der Reportage aus Berlin.

Ein Schmankerl zum Dessert? Von wegen! Was der Österreicher Robert Menasse nach der Mittagspause im Weltsaal des Auswärtigen Amtes serviert, ist alles andere als leichte Kost. Der Autor ist begeistert von europäischen Institutionen - eher ungewöhnlich. Er will am liebsten auch gar keine Nationalstaaten mehr - und liegt damit voll gegen den Trend. Dass er den Deutschen aber ordentlich die Leviten liest, ist besonders schwer zu verdauen. Der Nationalismus ist nie fern, stellt er fest angesichts der fröhlichen Fähnchenschwinger der Fußball-WM fest. Von Hitler zu den Griechen: Schwere Kost, fein formuliert.

Merkel kompakt

Dann werden wie auf Kommando die Smartphones gezückt: Die Kanzlerin kommt. Ein freundliches Nicken nach rechts, ein kleiner Gruß nach links, dann nimmt sie auf dem Podium zwischen WDR-Intendant Tom Buhrow und dem Chef des Schweizer Fernsehens Roger de Weck Platz. Die fragen leicht provokant, sie antwortet mal schnippisch, mal nachdenklich, aber immer hochkonzentriert und mit vielen Gesten. Die Zukunft Europas? "Das ist mir egal, ob das Vereinigte Staaten Europas heißt oder Union, Hauptsache, es funktioniert." Die Flüchtlingspolitik? "Europa kann sich nicht einfach abschotten", aber auch: "Wir müssen lernen, unsere Grenzen zu schützen und selbst zu entscheiden, wer kommen darf." Und was, wenn sich Europa selbst zerlegt wie ein Pullover, der dann neu gestrickt werden muss? Noch so ein markanter Satz, mit dem EU-Kommissionspräsident Juncker am Vormittag für Gelächter gesorgt hat. Merkel setzt sofort einen drauf: "Ich wüsste gar nicht, wo ich die Wolle herkriegen sollte." Soll wohl heißen: Europa ist gut so und unersetzlich.

Der Gesprächsstoff geht nicht aus

Auswärtiges Amt in Berlin

Schauplatz des WDR-Europaforums

Nach einer ziemlich entspannten halben Stunde wird Merkel verabschiedet. Sie habe nichts gesagt, was man berichten müsste, gibt ein Journalist wenig später telefonisch an seine Redaktion durch. Nichts Neues also, aber das komprimiert - und aus erster Hand. Die Kanzlerin eilt davon, auf zu Amtsgeschäften, auf der Bühne geht es weiter im Programm. Gestandene Europapolitiker wie Elmar Brok und Alexander Graf Lambsdorff diskutieren unter dem Motto: "Mit welcher Krise fangen wir an?" Gesprächsstoff gibt es reichlich. Und das wird im nächsten Jahr, beim 20. WDR-Europaforum, nicht anders sein.

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