Jukka-Pekka Saraste

"Das Kölner Publikum ist bewundernswert"

Stand: 17.02.2017, 12:04 Uhr

Durchatmen vor dem PhilharmonieLunch: Ein Gespräch mit Jukka-Pekka Saraste, dem finnischen Chefdirigenten des WDR Sinfonieorchesters.

Herr Saraste, über die Kölner sagt man, sie seien fröhlich, redselig und offenherzig. Finnische Männer hingegen gelten als schweigsam und zurückhaltend. Wie kommt ein finnischer Mann im Rheinland zurecht?

Jukka-Pekka Saraste: (Lacht.) Oh ja, es scheint hier tatsächlich eine lokale Kraftquelle zu geben: Alle verstehen sich gut und sind freundlich. Ich bewundere auch die Aktivität des Kölner Publikums – sogar unsere Lunch-Konzerte sind immer bestens gefüllt. Es gibt hier eine einzigartige Tradition, die sich von anderen deutschen Städten unterscheidet. Wir Finnen sind in unserem Temperament wohl eher den Hamburgern ähnlich.

Apropos Tradition: Seit sieben Jahren sind Sie Chefdirigent des WDR Sinfonieorchesters – haben Sie jemals am Karneval teilgenommen?

Saraste: Das habe ich leider noch nie geschafft. Immerhin war ich letztes Jahr am 11.11. in Köln und musste mir einen Weg durch die feiernden Gruppen in die Philharmonie bahnen. Ein sehr besonderes Erlebnis! Zum Glück hatte man mir vorher gesagt, dass ich mich auf Lärm einstellen muss.

In den kommenden Tagen (17./18.02.) dirigieren Sie sowohl "Petruschka" von Igor Strawinsky als auch Werke vom berühmten finnischen Komponisten Jean Sibelius. In diesem Jahr feiert Finnland seine hundertjährige Unabhängigkeit von Russland. Wie nah oder fern sind sich die musikalischen Traditionen der beiden Länder? Warum haben Sie gerade Sibelius und Strawinsky ausgewählt in diesem besonderen Jahr?

Jukka-Pekka Saraste dirigiert das WDR Sinfonieorchester

Saraste: Beide Komponisten waren sowohl vor als auch nach Finnlands Unabhängigkeitserklärung aktiv. Man erkennt viele gemeinsame Themen in ihren Werken und sehr ähnliches musikalisches Material. Insbesondere die 1. Sinfonie von Jean Sibelius trägt deutliche russische Elemente in sich. Die finnische Musik hat sich in ihrer Geschichte eigentlich schon immer zwischen slawischen und deutschen Einflüssen bewegt. Die Frage, ob man sich eher dem Osten oder dem Westen zuordnet, wurde nicht nur in der Politik, sondern auch in der Musik gestellt. Spannend finde ich, dass Sibelius auf seiner Suche nach dem Kern des Finnischen ausgerechnet in Karelien fündig wurde, also einer Region, die heute zu Russland gehört. Dort hat er sich inspirieren lassen.

Seit Jahrzehnten sind Sie in den internationalen Konzertsälen unterwegs, haben bereits Chefposten in Kanada, Schottland, Norwegen und Deutschland bekleidet. Möchten Sie irgendwann nach Finnland zurückkehren?

Saraste: Ich bin Finne und werde es immer bleiben. Durch meinen Karrierestart in Finnland habe ich immer noch viele Kontakte in die dortige Kulturszene, beispielsweise zur Nationaloper in Helsinki oder zum Tammisaari-Festival. Und natürlich besuche ich regelmäßig mein Sommerhaus in der nordischen Natur. Die Verbindung in die Heimat ist mir wichtig, aber an eine Rückkehr denke ich im Moment nicht.

Vielen Dank, Herr Saraste. Kiitos!

Saraste: Sehr gerne. Hei hei!

Gespräch und Übersetzung aus dem Finnischen von Janne Kieselbach

Die "Petruschka"-Konzerte des WDR Sinfonieorchester finden am 17. und 18. Februar um 20 Uhr in der Kölner Philharmonie statt. Ab 19 Uhr gibt es jeweils eine Einführung.

WDR 3 überträgt am 17. Februar ab 20.04 Uhr live. Außerdem wird das Konzert live im Videostream auf wdr3.de gezeigt.