WDR Backstage: Radio aus dem Homeoffice

Stand: 21.04.2020, 16:18 Uhr

  • Blick hinter die Kulissen des WDR
  • Radiosendungen aus dem Homeoffice
  • Alle Moderator*innen smart ausgestattet
  • Von zu Hause aus problemlos senden

"Ich kann von meiner Wohnung direkt auf die Straße und das Leben schauen", erzählt WDR 4 Moderator Stefan Verhasselt, "du hast immer das Gefühl, dass du gerade in dem Auto, das da an der Ampel wartet, aus dem Lautsprecher zu hören bist." In seinem "Home-Studio" in Kempen habe er sich "noch näher" an den Hörer*innen gefühlt. Außerdem genoss er es, sich die Fahrzeit vom Niederrhein sparen zu können.

WDR 4-Moderator Stefan Verhasselt

WDR 4-Moderator Stefan Verhasselt

Verhasselt war einer der ersten von insgesamt knapp 70 WDR Moderator*innen, die im Eilverfahren mit Technik und Know-how ausgestattet wurden, um in Zeiten von Corona für die Moderation aus häuslicher Quarantäne oder die "kontaktlose" Doppelmoderation gewappnet zu sein. Die Technik habe bestens funktioniert, auch wenn ab und zu ein Hupen, Glockenläuten oder die Müllabfuhr zu hören gewesen sei: "Die Verbindung mit unserem Schaltraum in Köln und meiner Co-Moderatorin Cathrin Brackmann im WDR 4 Studio in Dortmund war 1 zu 1, ohne Zeitverzögerung!"

"Räumlichen" Sicherheitsabstand hielten auch WDR 4-Kolleg*innen Heike Knispel und Bastian Bender. Knispel nennt ihre Doppelmoderation mit Bender liebevoll das "Krefelder Küchenmodell". Denn während ihr Kollege im Dortmunder Studio saß, sendete sie, ja genau, aus ihrer Küche in Krefeld.

WDR COSMO: zwischen Baby und Wäscheständer

Und auch Marwa Eldessouky von WDR COSMO nutzt die Möglichkeit, aus dem "Home-Studio" zu moderieren – im Schlafanzug zwischen Wäscheständer und Leiter. Letztere benutzt sie, um eine Decke als Schallschutz zu befestigen: damit es nicht so hallig klingt, in ihrer Berliner Altbauwohnung. "Es ist zwar schön, dass ich nur zwei Türen aufmachen muss, um meinen Mann und meinen Sohn zwischendurch mal knuddeln zu können. Andererseits ist es aber auch ein wenig unbequem", so El-Dessouky. Sie vermisse das komfortable WDR-Studio mit der schönen Aussicht und den Austausch mit den Kolleg*innen.

Auch sei es ungewohnt, die Kontrolle abzugeben, denn Normalerweise fährt sie die Sendung, jetzt macht das ihr Co-Moderator Ioannis Skouras im Kölner Studio. Der musste sich ebenfalls erst an seine neue Rolle gewöhnen: "Er hat schon mal vergessen, meine Leitung aufzumachen."

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Derzeit ist das Moderieren von zu Hause die perfekte Lösung für die Mutter eines zehnmonatigen Babys: "Ioannis und ich dürfen uns nicht gegenseitig anstecken und beide ausfallen. Und meine Mutter kann derzeit wegen der Corona-Ansteckungsgefahr die Kinderbetreuung nicht übernehmen." Den Kleinen hörte man schon auf Sendung schreien, damit geht das Moderations-Duo locker um. "Ich musste nur den Impuls unterdrücken, nach dem Kind zu sehen, weil ich gerade ein Interview mit einem Finanzexperten zur Corona-Krise führte."

Kostengünstige multimediale Produktions-App im Einsatz

Moderieren von zu Hause ist im WDR dank moderner und smarter Technik möglich. Bei den ersten Testläufen aus dem "Home-Studio" kam zunächst die kompakte Reporter-Einheit "Scoopy+" zum Einsatz, die vor allem bei der Bundesliga-Berichterstattung genutzt wird. "Das Ding ist klein wie ein Kofferradio. Vielleicht hatte ich ja das 'Modell Breuckmann'", scherzt Verhasselt von WDR 4. Er gehörte zu den ersten Moderator*innen im WDR, die für die Radiosendung aus den eigenen vier Wänden ausgestattet wurde.

Mittlerweile können in allen WDR Hörfunkwellen (1LIVE, WDR 2, WDR 3, WDR 4, WDR 5, WDR Cosmo) Moderator*innen bei Bedarf von zu Hause aus moderieren oder zugeschaltet werden. Möglich macht das vor allem die kostengünstigere multimediale Produktions-App "muPro", die in der ARD unter Reportern inzwischen zum Standard geworden ist. Die App kann auf allen Rechnern, Tablets oder Smartphones installiert werden und ermöglicht Audioverbindungen in guter Qualität sowie File-Transfers – man kann also neben Live-Übertragungen auch zu Hause vorproduzieren und später in die Speichersysteme des WDR übertragen.

Ansgar Rau, Leiter des WDR Radiobetriebs und damit mitverantwortlich für die schnelle und unkomplizierte Ausstattung der Moderator*innen, ist begeistert von seinem technischen Team: "Ein paar Kolleginnen und Kollegen haben alles gegeben, damit die Radiowellen auch weiterhin wie gewohnt auftreten können."

Eine Rarität wie Klopapier: Headsets

Da wegen der Kontaktbeschränkung derzeit sehr viele Menschen im Homeoffice arbeiten, waren die für die WDR "Home-Studios" benötigten Headsets fast ebenso schwer zu bekommen wie zeitweise Toilettenpapier. Erst nach einer Woche Suche war es dem Team von Manfred Braß, Leiter der Hörfunk-Außenübertragung im WDR, schließlich gelungen ein Kontingent von Headsets aufzutreiben, die normalerweise für das Spielen von Video-Games, aber nicht für professionelle Radiomoderation verwendet werden: "Das klingt nicht so wie ein Studiomikro für 4000 Euro, aber – der aktuellen Anforderung geschuldet – reicht es aus", so Braß, "ungewöhnliche Zeiten erfordern eben ungewöhnliche Maßnahmen."