WDR prüft ARTE-Doku über Antisemitismus in Europa

Stand: 08.06.2017, 17:15 Uhr

Der WDR nimmt Stellung zur ARTE-Doku "Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa".

Von WDR Presse und Information

Der WDR berichtet und recherchiert seit Jahren über Antisemitismus und hat in dieser Tradition ARTE den Film "Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa" angeboten und ihn für ARTE produzieren lassen. ARTE hat die Ausstrahlung des Films aus den bekannten Gründen abgelehnt und dies in einer Presseerklärung erläutert.

Seitdem kamen Forderungen auf, dass der WDR nun diesen Film stattdessen in seinem Programm veröffentlichen solle. Solchen Aufforderungen können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachkommen. Zunächst einmal liegen die Ausstrahlungsrechte gegenwärtig exklusiv bei ARTE. Außerdem haben wir den Film nach der Ablehnung durch ARTE einer erneuten Sichtung unterzogen und haben handwerkliche Bedenken. Wir prüfen derzeit intensiv, ob die Dokumentation den journalistischen Standards und Programmgrundsätzen des WDR entspricht. So enthält der Film zahlreiche Ungenauigkeiten und Tatsachenbehauptungen, bei denen wir die Beleglage zunächst nachvollziehen müssen.

Beispielsweise wird ohne Quellenangabe angeführt, dass "seriösen Schätzungen zufolge EU, europäische Regierungen, europäische Kirchen sowie von der EU mitfinanzierte UN-Organisationen jährlich 100 Millionen Euro Steuergelder an politische NGOs" überweisen, die "überwiegend israelfeindliche Kampagnen betreiben".

In einem weiteren Fall wird über namentlich benannte Hilfsorganisationen behauptet, sie unterstützten NGOs, die Boykott-Kampagnen gegen Israel finanzieren oder Israel Apartheid und Nazi-Methoden vorwerfen sollen. Eine dieser Organisationen hat bereits öffentlich erklärt, dass ihr die Inhalte der Dokumentation nicht bekannt seien. Es gehört zu unseren journalistischen Standards, Betroffene mit den Vorwürfen zu konfrontieren und ihnen eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben. Dies ist nach unserer Kenntnis in mehreren Fällen nicht geschehen. 

Wir bedauern, dass die redaktionelle Abnahme im WDR offenbar nicht den üblichen in unserem Haus geltenden Standards genügte, und arbeiten das derzeit intern auf. Dabei geht uns Sorgfalt vor Schnelligkeit – ungeachtet der aktuellen öffentlichen Diskussion über einen nicht ausgestrahlten Film.

Selbstverständlich haben wir ein großes Interesse, die Dokumentation zu veröffentlichen, sofern die darin getroffenen Behauptungen und Informationen belegt und journalistisch sorgfältig geprüft sind.