WDR 2 und WDR 5: Stadt – Land – Lust

Stand: 05.02.2016, 12:50 Uhr

Die Metropolen des Landes boomen, immer mehr Menschen zieht es in die großen Städte. Trotz guter Wirtschaft und niedriger Mieten schwindet die Bevölkerung dagegen in Regionen wie Südwestfalen, im Münsterland und in Ostwestfalen. Woran liegt das? Welche Folgen hat das? Und wo lebt es sich wirklich besser als anderswo? Diesen Fragen forschen am 13. September WDR 5 und WDR 2 nach.

Das Flair der Großstadt zieht vor allem junge Menschen an. Nicht nur Studierende, auch junge Familien, die früher lieber in die Vororte zogen, schätzen heute Urbanität und bessere Infrastruktur. Zwischen 2005 und 2010 wuchs die Einwohnerzahl Kölns um 2,4 Prozent. In den darauf folgenden fünf Jahren hat sich die Wachstumsrate bereits mehr als verdoppelt. Ähnliche Entwicklungen gab es auch in anderen Rheinmetropolen. Das statistische Bundesamt schätzt, dass bis 2040 die Bevölkerung in Köln um 15,5 Prozent wachsen wird. In Düsseldorf sollen es 10,3 und in Bonn 8,8 Prozent sein. Und das, obwohl die Bevölkerungszahl landesweit um 0,5 Prozent sinken wird. Die stärkste Abwanderung in NRW wird der Märkische Kreis zu verzeichnen haben: Laut Prognose verliert die Region in den kommenden 25 Jahren 6,6 Prozent ihrer Einwohnerinnen und Einwohner.

Was genau macht eigentlich einen Ort aus Sicht der Einwohner lebenswert? Ein Forschungsprojekt an der Uni Siegen, das der Psychologe Frank Luschei leitet, versucht derzeit ein Instrumentarium zu entwickeln, mit dem die "Attraktivität von Städten und Gemeinden" gemessen werden kann. In den üblichen Rankings, so der Wissenschaftler, würden Informationen über Infrastruktur, Naherholungs- und Kulturangebote, Wirtschaftskraft oder Arbeitsmarkt zu einem Index zusammengefasst. Subjektive Einschätzungen der Bevölkerung würden dabei ignoriert. "Vermutlich haben aber gerade diese subjektiven Einschätzungen einen Einfluss auf demografische Prozesse", meint Frank Luschei. Brigitte Krämer vom WDR Studio Siegen hat mit dem Psychologen gesprochen und stellt seine vorläufigen Forschungsergebnisse bei WDR 2 vor. Sie traf außerdem Familie Röhrbein, die wegen der Lebensqualität von Gelsenkirchen nach Schmallenberg im Sauerland zog, und porträtiert sie für »WDR 5 Neugier genügt«. WDR 2 interviewt die Familie zu ihren Stadt-/Landerfahrungen.

"Im Landesentwicklungsplan NRW war zunächst nur von der 'Metropolregion Rhein/Ruhr' die Rede", sagt Krämer. Erst als Kommunalpolitiker aus Südwestfalen, Ostwestfalen und dem Münsterland protestierten, wurde das eher ländliche Westfalen als "mittelständische Wachstumsregion" definiert. ",Das WDR Studio Siegen nahm dies sowie den Bevölkerungsrückgang in der Region zum Anlass, einmal grundsätzlich das Leben und die Entwicklungschancen auf dem Land zu beleuchten", erklärt Studioleiterin Beate Schmies. "Im Hörfunk, im Internet und in der »Lokalzeit Südwestfalen« im WDR-Fernsehen berichten wir regelmäßig darüber." Unter anderem befragte die Redaktion 59 Bürgermeister in Südwestfalen nach den größten Problemen vor Ort. "Die meisten legen das Hauptaugenmerk darauf, wie sie ihre Stadt oder Gemeinde auf die alternde Gesellschaft vorbereiten", so Schmies. Man schaffe zwar auch Wohnsiedlungen und spezielle Angebote für Familien, "wie sie jedoch junge Menschen anwerben oder halten können, dafür haben nur wenige Städte ein Programm". Ergebnisse der Erhebung fließen am 13. September in das Programm von WDR 2 ein. »WDR 5 Politikum« lässt Volksvertreterinnen und -vertreter aus der Provinz zu Wort kommen. Und »WDR 5 Westblick« widmet sich dem schleppenden Ausbau der Datenautobahn auf dem Land.

Ist die Stadt das bessere Land?

"Wir wollen von den Hörerinnen und Hörern wissen, was besser auf dem Land ist, was die Stadt besonders lebenswert macht. Familien, die die unterschiedlichen Vorzüge von Stadt und Land kennen, kommen zu Wort“, sagt WDR 2-Redakteurin Elke Schiedek. In Reportagen und Gesprächen erörtert auch WDR 5 das Pro und Contra des Stadt- und Landlebens und beleuchtet darüber hinaus die kulturellen, soziologischen oder wirtschaftlichen Aspekte und Hintergründe. "Dasselbe Thema mit etwas verschiedenen Ansätzen", fasst WDR 5-Redakteurin Gabi Kraiczek zusammen.

Unter anderem präsentiert im WDR 5 Kulturmagazin »Scala – Aktuelles aus der Kultur« der Soziologe Walter Siebel, Autor des Buches "Kultur der Stadt", seine Thesen zur Renaissance der Städte und den sozialen Folgen. Und das WDR 5 Wissenschaftsmagazin »Leonardo« zieht Ökobilanz: Wer lebt nachhaltiger – der Mensch auf dem Land oder in der Stadt? Längst sind nämlich die Landschaften aus bäuerlichen Zeiten weitestgehend den Monokulturen der industrialisierten Landwirtschaft gewichen. In den Städten jedoch blüht mittlerweile dank urbaner Gärten und Bienenzuchten die Artenvielfalt. Und der Honig aus der Stadt ist obendrein gesünder, weil er weniger Pestizidrückstände enthält.