Bundesbildungsministerin Annette Schavan

Entscheidung in der Plagiatsaffäre

Uni Düsseldorf entzieht Schavan ihren Doktortitel

Stand: 05.02.2013, 21:08 Uhr

Das Plagiatsverfahren gegen Bildungsministerin Schavan ist beendet. Der Fakultätsrat der Uni Düsseldorf hat der Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) den Doktortitel entzogen. Der zuständige Fakultätsrat habe im Plagiatsverfahren für die Aberkennung gestimmt, teilte der Ratsvorsitzende, Professor Bruno Bleckmann, am Dienstagabend (05.02.2013) mit. Gegen die Entscheidung will Schavan nun klagen.

Nach mehrstündigen Beratungen trat Bleckmann vor die wartenden Journalisten und verkündete, was der Fakultätsrat zuvor mit zwölf Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung entschieden hatte: Die Universität Düsseldorf entzieht Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) den Doktortitel. Es sei das Gesamtbild entstanden, dass Schavan "systematisch und vorsätzlich über die gesamte Dissertation verteilt gedankliche Leistungen vorgab, die sie in Wirklichkeit nicht selbst erbracht hatte", hieß es zu Begründung. So seien in "bedeutendem Umfang" Texte übernommen worden, die nicht gekennzeichnet wurden. Qualität und Umfang der Plagiatsstellen sowie das "öffentliche Interesse am Schutz der Redlichkeit wissenschaftlichen Qualifikationserwerbes" habe die Entscheidung herbeigeführt.

Schavan wird vorgeworfen, in ihrer 1980 verfassten Doktorarbeit "Person und Gewissen" Textpassagen unsauber übernommen und Quellen nicht klar gekennzeichnet zu haben.

Schavan will gegen Entscheidung klagen

Gegen die Entscheidung der Universität will Schavan nach Angaben ihrer Anwälte vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf klagen. "Die Entscheidung ist in einem fehlerhaften Verfahren zustande gekommen und sie ist auch materiell rechtswidrig", heißt es in der Erklärung der Anwaltskanzlei. Die gesetzlich vorgeschriebene Vertraulichkeit des Verwaltungsverfahrens sei mehrfach durch selektive Information der Öffentlichkeit verletzt worden. Beweisanträge seien in dem Verfahren von der Universität übergangen worden. Das gelte auch für den Antrag auf Einholung eines externen Fachgutachtens.

Täuschungsabsicht oder Flüchtigkeitsfehler?

Seit Monaten hatte die Bundesministerin unter Plagiatsverdacht gestanden. Im Mai 2012 hatten Plagiatsjäger ihre Vorwürfe gegen Schavan erstmals im Internet veröffentlicht: Auf dutzenden Seiten ihrer vor mehr als 30 Jahren verfassten Dissertation "Person und Gewissen" soll Schavan falsch zitiert und Quellen unterschlagen haben. Annette Schavan hatte angekündigt, um ihren Titel zu kämpfen. Sie räumte zwar Flüchtigkeitsfehler in ihrer Dissertation ein, wies den Vorwurf des Plagiats oder der Täuschung aber entschieden zurück.

Ermittlungen und eine Anzeige

Im Auftrag der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität (HHU) hatte daraufhin Stefan Rohrbacher, Professor für Jüdische Studien, Schavans Arbeit untersucht. Sein Urteil, dass der Arbeit eine leitende Täuschungsabsicht anzumerken sei, gelangte durch eine undichte Stelle der Universität an die Öffentlichkeit. Wegen des Verdachts der Weitergabe vertraulicher Informationen erstattete die Universität deshalb Anzeige gegen Unbekannt. Bislang blieben die Ermittlungen noch ohne Ergebnis. Gleichzeitig bemühte Ministerin Annette Schavan die Justiz - gegen die Universität. Sie erreichte so, dass ohne ihre Zustimmung keine Informationen zum Fortgang der Untersuchungen herausgegeben werden dürfen.

Zitierregeln vor 30 Jahren

Das Argument von Verteidigern Schavans, dass in den 80er Jahren an den Universitäten womöglich noch laxere Regeln beim Verfassen von Doktorarbeiten herrschten, konnte unterdessen ein Anleitungs-Heftchen der Universität Düsseldorf entkräften, das bereits vor 35 Jahren erschien. Das Heft gibt umfangreich Hinweise zur Anfertigung von wissenschaftlichen Arbeiten und dokumentiert, wie Ende der 70er Jahre an Schavans Institut für Erziehungswissenschaften die Zitierreglen aussahen. Die "Süddeutsche Zeitung" hat Auszüge des Heftes auf ihrer Internetseite veröffentlicht.

Von Rückendeckung bis Rücktrittsforderung

Rückendeckung erhielt Schavan von Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie von ihrem CDU-Heimatverband in Baden-Württemberg. Im Kreis Alb-Donau/Ulm wurde die Ministerin trotz des Plagiatsverfahrens wieder als Direktkandidatin für den Bundestag aufgestellt - mit 96 Prozent der Delegiertenstimmen.

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für das Magazin "Focus" votierten vor der Entscheidung in Düsseldorf fast zwei Dritteln der Bürger dafür, dass Schavan als Ministerin zurücktreten solle, wenn ihr der Titel entzogen würde.