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Interview mit Volker Beck

"Kreuz.net-Autoren exkommunizieren"

Stand: 24.10.2012, 06:00 Uhr

Auf dem Internetportal kreuz.net wird gegen Homosexuelle gehetzt, es werden Juden verunglimpft und Schmähartikel über den verstorbenen Komiker Dirk Bach veröffentlicht. Der Grünen-Politiker Volker Beck kämpft seit Jahren gegen die Seite - bislang vergeblich.

"Kreuz.net" ist seit 2004 online und im Ausland registriert. Das Portal bezeichnet sich selbst als "Initiative einer internationalen Gruppe von Katholiken in Deutschland und Übersee, die hauptamtlich im kirchlichen Dienst tätig sind". Die Kirche hat sich bereits mehrmals von der extremistischen Plattform distanziert, die Deutsche Bischofskonferenz hat sich wiederholt für eine Deaktivierung der Internetseite ausgesprochen und juristische Schritte eingeleitet. Der Bundesverfassungsschutz beobachtet die Seite. Gibt man bei kreuz.net "Volker Beck" in das Suchfeld ein, kommen über 150 Artikel über den Grünen-Politiker, die bis ins Jahr 2005 zurückreichen.

WDR.de: Herr Beck, Sie sind mit Abstand das größte Hassobjekt auf "kreuz.net". Tun Sie sich die Lektüre der Seite an?

Volker Beck: Ich schaue manchmal nach, um zu sehen, warum ich nun gerade so viele gleichlautende E-Mails bekomme. Die reichen von wüsten Beschimpfungen bis zur Argumentation, warum es den Untergang wahlweise des Abendlandes, des Vaterlandes oder der gesamten Welt bedeutet, wenn man das macht, wofür ich eintrete. Dann weiß ich, es wurde wieder ein Artikel über mich auf "kreuz.net" oder "politically incorrect" veröffentlicht.

WDR.de: Die Seite "kreuz.net" ist im Ausland gehostet, die meisten Autoren schreiben anonym - wie schwierig ist es, die Seite zu verbieten?

Volker Beck

Volker Beck

Beck: Es gibt Ansätze, bei denen ich mich frage, warum diese von Ermittlungsbehörden und dem Verfassungsschutz nicht stärker verfolgt werden. Der Verfassungsschutz hat bestimmte technische Mittel, die er einsetzen kann. Beispielsweise könnte der Zahlungsverkehr nachverfolgt werden. Zudem schreiben und posten dort Personen unter Klarnamen. Das können natürlich geklaute Inhalte sein. Aber bei einigen Schreibern könnte man auch vermuten, dass sie die Betreiber kennen. Warum bestellt man die nicht ein und vernimmt sie als Zeugen?

WDR.de: Nachdem der Komiker Dirk Bach nach seinen Tod von "kreuz.net" als "Homo-Gestörter" bezeichnet wurde, lobt ein Verlag für Schwulenliteratur nun ein Kopfgeld für Informationen über die Macher aus. Was bringt es, die Betreiber zu identifizieren? 

Beck: Dann kann man Strafanzeige erstatten und konkret ermitteln. Wenn ich weiß, wer hinter der Seite steckt, kann man ganz anders reagieren. Schauen, was er sonst noch macht. Man hat ein Wollknäuel vor sich und man muss irgendwo den Anfang vom Faden finden. Wenn man den gefunden hat, dann kommt man zur Auflösung.

WDR.de: Es werden auch Beiträge von Pro Köln-Mitgliedern veröffentlicht. Gibt es Verbindungen zur rechten Szene?

Beck: Ja, die sind zu erkennen. Obwohl "kreuz.net" auch eine antisemitische Seite ist. Wohingegen pro Köln behauptet, sie seien pro israelisch - das passt alles nicht zusammen. Bei "kreuz.net" hat in den vergangenen Jahren eine massive Selbstradikalisierung stattgefunden. Das war anfangs ein rechtskatholisches Projekt. Also quasi am rechten Rand der Piusbrüder. Anfangs gab es dort wirklich noch Informationen. Nun findet man vor lauter Fäkalsprache überhaupt nicht mehr den Informationsgehalt einer Nachricht. Mittlerweile ist es nur noch Hetze gegen Juden, Homosexuelle und gegen Teile der katholischen Kirche.

WDR.de: Ist das eine Entwicklung, die auch in der Gesellschaft stattfindet?

Beck: Nein, ich glaube das ist eine Reaktion auf eine innerkirchliche Marginalisierung dieser Leute. Darin zeigt sich auch eine Eigentümlichkeit eines solchen Projekts: Wenn das keine klugen Leute sind, versteigern sie sich immer weiter, weil sie sich jeden Tag überlegen müssen, wie sie ihre Seite voll bekommen.

WDR.de: Die Seite gibt vor, katholische Nachrichten zu verbreiten. Sie haben den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, dazu aufgefordert, "kreuz.net"-Autoren zu exkommunizieren. Die meisten Artikel sind aber anonym verfasst - woher wissen Sie, dass Mitarbeiter der Kirche mitmachen? 

Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

Beck: Ich habe gefordert, dass "wenn" Mitarbeiter der Kirche dort schreiben, es als Illoyalität gewertet wird. Jedem muss klar sein: Wer auf "kreuz.net" schreibt, ist seinen Job los. Das ist quasi eine Erhöhung des Drohungsszenarios. Zudem sollte gelten, wer dort mitwirkt, ist am Tisch des Herrn, also zum heiligen Sakrament, nicht mehr willkommen. Die Kirche schließt ja auch homosexuelle und wiederverheiratete Geschiedene von der heiligen Kommunion aus. Für die Leute, die in dieser Gedankenwelt zu Hause sind, hat solch ein moralisch theologischer Druck eine ganz andere Bedeutung.

WDR.de: Statt des Vorsitzenden Zollitsch hat der Sekretär der Bischofskonferenz, Hans Langendörfer, Ihnen geantwortet. Ist er auf Ihre Forderungen eingegangen?

Beck: Er hat mir im Wesentlichen mitgeteilt, dass sie gegen Mitarbeiter im kirchlichen Dienst, wenn diese auf "kreuz.net" publizieren, arbeitsrechtliche Schritte einleiten würden. Meiner anderen Forderung, die Schreiber zum Abendmahl nicht mehr einzuladen, ist er aber ausgewichen. Da werde ich noch mal nachhaken. Die Bischöfe sollten den Papst bitten, solche Leute zu exkommunizieren.

WDR.de: Also noch ein Brief an die Bischofskonferenz. Was planen Sie darüber hinaus?

Beck: Wir können nicht zaubern. Und ich weiß nicht, ob wir da am Ende des Tages einen Ermittlungserfolg erzielen werden. Aber man sollte es versuchen und sich nicht davon abschrecken lassen, dass es eher schwierig ist. Die Arbeit der Behörden können wir nicht ersetzen, aber unterstützen. Wir wollen Zivilgesellschaft mobilisieren und Erkenntnisse zusammentragen.

WDR.de: Dadurch bekommt die Seite aber auch Aufmerksamkeit und Klicks ...

Beck: Wenn sich die Leute kreuz.net mit Abscheu anschauen, ist der Klick nicht schlimm. Das ist ja in keinster Weise verführerisch. Jeden normalen Menschen schreckt das eigentlich nur ab.

Das Interview führte Jenna Günnewig.

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