Reaktionen auf Aus für Kohleabgabe

NRW-Landesregierung ist uneins

Stand: 02.07.2015, 16:24 Uhr

  • SPD und Grüne in der Landesregierung bewerten Entscheidung unterschiedlich
  • Fünf Kraftwerke in NRW werden zur Reserve
  • Betroffene NRW-Kommunen atmen auf

Was die Große Koalition in Sachen Energiepolitik offenbar eint, spaltet in Nordrhein-Westfalen die Landesregierung: der in der Nacht zum Donnerstag (02.07.2015) gefundene Kompromiss zur künftigen Energiepolitik. Ein Riss zeigt sich in ersten Reaktionen aus Düsseldorf.

Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) sagt, die Entscheidung in Berlin sei ein "gutes Gesamtpaket für NRW". Die angestrebten Klimaziele würden erreicht und ein Strukturbruch im rheinischen Braunkohlerevier werde verhindert.

Per Twitter reagierte der grüne Umweltminister Johannes Remmel. Dort kritisierte er die Beschlüsse: Es sei "kein guter Tag für den Klimaschutz", bemängelte der Minister. Die Große Koalition kippe die Klimaziele und bitte die Bürger zur Kasse.

CDU-Landeschef Armin Laschet begrüßt, dass SPD und Christdemokraten sich auf eine Linie in der Energiepolitik geeinigt haben und damit auch die Klimaabgabe für alte Kohlekraftwerke nicht verwirklicht wird. Kritisch sieht Laschet allerdings, dass die Landesregierung in dieser Frage gespalten sei. "Es wäre gut für NRW, wenn die Landesregierung hier mit einer Stimme sprechen würde", so Laschet, der gegen die Abgabepläne war.

Berliner Koalitionsrunde kippt Kohleabgabe endgültig

In gemeinsamer Runde hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und CSU-Chef Horst Seehofer darauf festgelegt, zur Erreichung ihrer Klimaschutzziele Braunkohle-Kraftwerke zwar vom Netz zu nehmen, aber als Reserve auf Sparflamme-Betrieb zu halten. Dafür sollen die betroffenen Stromerzeuger Ausgleichsprämien erhalten. Die von Bundeswirtschaftsminister Gabriel geplante Kohleabgabe ist damit endgültig vom Tisch. Ursprünglich hatte Gabriel Kohlekraftwerke mit besonders hohem CO2-Ausstoß belasten wollen. Nach heftiger Kritik von Energiekonzernen und Gewerkschaften insbesondere aus NRW hatte sich bereits in den vergangenen Tagen abgezeichnet, dass Gabriel sich mit seinen Plänen nicht durchsetzen konnte.

Fünf Kraftwerke in NRW gehen vom Netz

In NRW sollen laut Landeswirtschaftsminister Duin fünf Kraftwerksblöcke abgeschaltet werden. Duin hatte sich zusammen mit der Bergbaugewerkschaft IGBCE für diese Lösung eingesetzt. Stillgelegt werden sollen die beiden letzten Kraftwerksblöcke in Frimmersdorf, je ein Block in Niederaussem und Weisweiler, außerdem das Goldenberg-Kraftwerk in Hürth. Damit gingen auch die beiden größten CO2-Erzeuger in Europa vom Netz. Der Betreiber der betroffenen Kraftwerke, RWE, wollte sich zur Entscheidung nicht äußern. Ein Sprecher des Unternehmens sagte, man müsse zunächst die Vereinbarung im Detail studieren. Die Entscheidung in Berlin wird voraussichtlich mit einem Verlust von Arbeitsplätzen einher gehen. Wie viele es sein werden, wird unterschiedlich bewertet. Die Gewerkschaft BCE fürchtet um mehreren Tausend allein in NRW, Wirtschaftsminister Duin rechnet mit maximal 3.000 Stellen bundesweit.

"Wir haben Zeit gewonnen"

In den Städten des rheinischen Braunkohlereviers wird die Entscheidung gegen die umstrittene Kohleabgabe in Berlin positiv aufgenommen. Bergheims Bürgermeister Rudi Bertram (SPD) freut sich: "Wir haben Zeit gewonnen." Es werde nun nicht zum befürchteten Bruch im Strukturwandel kommen. Der nahegelegene Tagebau Inden soll noch bis 2028 in Betrieb bleiben. Darauf hatte sich auch die Stadt eingestellt. Hoffnung verbreitet die Entscheidung auch in Bergheim, nahe dem Tagebau Hambach. Mit der Entscheidung, Kraftwerke als Reserve vom Netz zu nehmen, eröffne dem Standort die Chance, sogar ein neues Kraftwerk zu bauen. Das ist geplant, wenn der Tagebau Hambach bis 2040 vorangetrieben werden sollte.