Starenkästen in privater Hand

Geschäftsmodell mit Blitzer-Bildern

Stand: 26.09.2014, 13:58 Uhr

Starenkästen werden in NRW zunehmend von Privat-Unternehmen betreut, die pro Blitzer-Foto kassieren. Die Polizeigewerkschaft bezeichnet dieses Vorgehen als "Katastrophe" und fürchtet, dass die Akzeptanz für Kontrollen weiter sinkt.

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Wer rast und geblitzt wird, muss zahlen. Neben der Polizei haben auch Städte und Kommunen die Erlaubnis zu blitzen. Doch nicht überall landet das Bußgeld komplett bei der Kommune oder beim Kreis. In NRW werden Starenkästen in den Kreisen Recklinghausen und Euskirchen sowie in der Stadt Rheine im Münsterland von einem privaten Unternehmen betreut. Die thüringische Firma Jenoptik stellt den Kreisen, Städten oder Gemeinden dabei die Blitzanlagen nicht nur zur Verfügung, sondern wertet auch die Bilder aus. Im laufenden Betrieb der Starenkästen landen dann alle Fotos zunächst bei dem Privat-Unternehmen, wo dann unbrauchbare Bilder heraus gefiltert werden, erläutert Walter Thomaßen, Sprecher des Kreises Euskirchen. Brauchbare Bilder werden dann an die Bußgeldstellen weitergeleitet, die dem Unternehmen dann pro verwertbarem Blitzer-Foto eine Pauschale überweisen.

Kreis Euskirchen: "Hat sich gelohnt"

Im Kreis Euskirchen sind die Blitzer bereits Ende des Jahres 2010 an Jenoptik ausgelagert werden. "Für uns hat sich das gelohnt", erläutert Kreissprecher Thomaßen. "Wir sparen auf diese Weise Personal und Gerätekosten", sagt er. Wo die Anlagen installiert würden, entscheide allerdings ausschließlich der Kreis: "Da lassen wir uns nicht reinreden. Die Anlagen kommen da hin, wo die Brennpunkte sind."

Erst seit April betreibt Jenoptik auch im münsterländischen Rheine drei Anlagen, die in 50er-Zonen im Stadtgebiet errichtet worden sind. "Wir haben die Anlagen dort aufstellen lassen, wo massiv zu schnell gefahren wird", erklärt Stadtsprecherin Wiebke Gehrke gegenüber WDR.de. "Unser oberstes Ziel ist die Reduzierung des Geschwindigkeitsniveaus", ergänzt sie. "Das gerät bei der Diskussion um den Dienstleister zunehmend in Vergessenheit."

Polizei: "Blitzen darf nicht zu einem Renditeobjekt werden"

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Nordrhein-Westfalen hält das Modell für "eine Katastrophe": "Blitzen darf nicht zu einem Renditeobjekt werden. Jenoptik ist ja auch nicht die Caritas", sagt Sprecher Stephan Hegger gegenüber WDR.de. "Für Geschwindigkeitskontrollen  ist der Staat da." Durch diesen Prozess der Privatisierung werde die Akzeptanz von Geschwindigkeitskontrollen bei den Menschen weiter sinken. "Blitzen an sich ist ja nichts Böses, Blitzen dient der Sicherheit", so Hegger. Deshalb dürften Blitzanlagen nicht ausschließlich dazu dienen, die Kassen von Unternehmen aufzubessern und Haushalte zu sanieren.

Pauschale pro Blitzer-Bild

Der Vorteil für die Kommunen und Kreise bestehe darin, Kosten für Anschaffung und Wartung der Geräte zu sparen, sagt Jochem Manz, Sprecher des Kreises Recklinghausen, wo Jenoptik Starenkästen in Castrop-Rauxel, Waltrop und Haltern am See betreut. Genaue Angaben zur Höhe der Fotopauschale machte Manz nicht. Seit Beginn der Kooperationen seien allerdings 360.000 Euro an das Optikunternehmen in Jena überwiesen worden, also etwa 7.000 Euro im Monat.

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