Demut, Herz und offene Ohren

Zum Fest das Allerbeste! Heute wurde Kardinal Woelki feierlich in sein Amt als Kölner Erzbischof eingeführt - gute Wünsche dazu gibt es von Kirchenkritikern und Karnevalisten, Politikern und Popsängern.

Rainer Maria Woelki

Schneller als gedacht bekommen die rheinischen Katholiken einen neuen Erzbischof: Rainer Maria Kardinal Woelki, zuletzt Erzbischof in Berlin, wo Katholiken eine Minderheit sind. Dort wurde er erst kritisch beäugt, dann gelobt, weil er Homosexualität nicht verurteilte und auffallend bescheiden lebte. Konservativ, aber offen für Neues, ein Zögling Kardinal Meisners, der aber die Visionen von Papst Franziskus zu teilen scheint. Meisner hatte polarisiert, ob mit "Pille danach", dem Umgang mit Kritikern oder dem Verhältnis zu Protestanten, Juden und Muslimen. Und deswegen werden Woelki, dem "kölschen Jung", FC-Fan und ab jetzt Chef des größten deutschen Erzbistums, nicht nur gute Wünsche mit auf den Weg gegeben.

Schneller als gedacht bekommen die rheinischen Katholiken einen neuen Erzbischof: Rainer Maria Kardinal Woelki, zuletzt Erzbischof in Berlin, wo Katholiken eine Minderheit sind. Dort wurde er erst kritisch beäugt, dann gelobt, weil er Homosexualität nicht verurteilte und auffallend bescheiden lebte. Konservativ, aber offen für Neues, ein Zögling Kardinal Meisners, der aber die Visionen von Papst Franziskus zu teilen scheint. Meisner hatte polarisiert, ob mit "Pille danach", dem Umgang mit Kritikern oder dem Verhältnis zu Protestanten, Juden und Muslimen. Und deswegen werden Woelki, dem "kölschen Jung", FC-Fan und ab jetzt Chef des größten deutschen Erzbistums, nicht nur gute Wünsche mit auf den Weg gegeben.

"Ich wünsche dem neuen Kardinal, dass er die Sorgen, Bedürfnisse und Wünsche der Menschen nicht nur hört und ernstnimmt, sondern auch entsprechend handelt", schreibt Daniel Dickopf (2.v.r.). Als Sänger der "Wise Guys", die Stammgast auf den großen Glaubensfesten der Katholiken und Protestanten sind, wünscht er sich, "dass er wenigstens ein bisschen von der Demut und Bescheidenheit mitbringt, die der Papst vorlebt und predigt. Das wäre ein Riesenfortschritt im Vergleich zu vergangenen Zeiten."

Eine ganze Reihe von Wünschen hat Rupert Neudeck: "Ich wünsche mir einen Bischof, der sich nicht hierarchisch benimmt, sondern wie ein Diener Gottes. Ich möchte einen Bischof, zu dem ich nicht aufschauen und vor dem ich nicht niederknien muss, sondern dem ich kräftig die Hand schütteln kann wie einem normalen Mitbürger und Mitchristen. Der sich benimmt wie der Papst, der Journalisten auf schwierige Fragen antwortet: 'Wer bin ich denn, dass ich da jemanden verurteilen soll?' Und weiß, dass er wie wir alle in der Kirche Gottes arme Sünder sind." Weiter auf der langen Wunschliste des Cap-Anamur-Gründers und Troisdorfer Katholiken: "Einen Bischof in Köln, der Räume in leerstehenden Pfarrgemeindesälen frei macht für Menschen, die eine Unterkunft dringlich brauchen" und "der die Hälfte der Gebote streicht und sich darauf konzentriert, die andere Hälfte möglichst auch zu halbieren. Und der ganz viele neue Erlaubnisse gibt."

"Auf eine gute Zusammenarbeit" freut sich Sylvia Löhrmann, NRW-Schulministerin, Grünen-Politikerin und Mitglied im Zentralrat der Deutschen Katholiken. "In einer Zeit, in der die Katholische Kirche vor zahlreichen Herausforderungen steht, knüpfen sich große Hoffnungen an den neuen Erzbischof von Köln." Kardinal Woelki stehe für Offenheit und Multikulturalität, und das passe zu Köln und NRW. "Die Menschen warten auf ein Signal der Erneuerung nach dem Vorbild von Papst Franziskus, der mit seinem Ruf nach mehr Barmherzigkeit der Kirche einen neuen Impuls gegeben hat", schreibt Löhrmann. "Ich bin überzeugt, dass Kardinal Woelki nah bei den Menschen sein wird und als Seelsorger stets ein offenes Ohr für ihre Sorgen und Nöte hat. Ich wünsche dem neuen Erzbischof eine glückliche Hand, und dass er sich von der lebendigen und vielfältigen Domstadt inspirieren lässt, wenn es darum geht, das Band zwischen den Gläubigen und ihrer Kirche zu festigen."

"Kardinal Woelki hat als Erzbischof des Bistums Berlin gezeigt, dass er mutig Reformen anstößt und dabei alle mitnehmen möchte. Er begegnet den Menschen auf Augenhöhe", schreibt WDR-Intendant Tom Buhrow."Deshalb bin ich davon überzeugt, dass er dem Erzbistum Köln so etwas wie einen 'Franziskus-Impuls' geben kann. Ich wünsche Erzbischof Woelki viel Kraft, Geduld und vor allem Freude bei seiner Arbeit für eine moderne, offene katholische Kirche. Und natürlich, dass er sich schnell wieder in der Domstadt heimisch fühlt als echter 'kölsche Jung'. Wenn der WDR da nachbarschaftliche Hilfe leisten kann - jederzeit und sehr gerne!" 

"Ein offenes Ohr und ein offenes Herz für die Anliegen und Sorgen der Gläubigen", wünscht Jürgen Roters (SPD) dem neuen Erzbischof. Der Kölner Oberbürgermeister heißt Woelki in der alten und neuen Heimat willkommen: "Die Kölnerinnen und Kölner freuen sich auf einen weltoffenen Kardinal aus Köln mit Sinn für die rheinische Mentalität und Lebensart. Das bisherige Wirken von Kardinal Woelki hat gezeigt, dass er bereit ist, auf die Menschen zuzugehen und sich mit den drängenden Fragen in Kirche und Gesellschaft auseinanderzusetzen. Ich erhoffe mir von ihm neue Wege bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Homosexualität in unserer Gesellschaft sowie bei der Eingliederung von Wiederverheirateten in die Kirche."

FC-Präsident Werner Spinner freut sich auf Kardinal Woelki, den "kölschen" Erzbischof und Fußball-Fan. "Als wir vom Vorstand des 1. FC Köln im vergangenen Jahr beim Papst in Rom waren, habe ich mir wie vermutlich alle Kölner von ihm gewünscht, dass wir einen Erzbischof bekommen, der zugewandt und offen ist und die Mentalität der Stadt und der Menschen versteht. Das trifft auf Kardinal Woelki zu. Und auch wenn es vielleicht nicht die wichtigste Eigenschaft für einen guten Kölner Erzbischof ist, so freuen wir uns doch ganz besonders, dass mit ihm nun ein echter FC-Fan dem Erzbistum vorsteht. Kardinal Woelki ist jederzeit im Stadion willkommen."

"Als ich hörte, dass Kardinal Woelki nach Köln kommt, fiel mir als erstes das Lied vom Sandmännchen ein: "Kommt ein Woelki angeflogen... ", frotzelt Willibert Pauels - das Witzemachen lässt er nicht, auch wenn er die rote Jeckennase des "Bergischen Jung" aus gesundheitlichen Gründen längst abgelegt hat und "nur noch" Diakon ist. "Das sollte jetzt nicht despektierlich sein", schiebt er nach. "Ich freue mich sehr, dass er kommt, ich kenne ihn ja ein bisschen. Die asketische Figur, die Brecht-Brille, dazu noch die rheinische Natur - das ist eine sehr interessante Mischung. Was ich ihm wünsche? Das Amt kann ja eine sehr große Belastung sein, ob man das will oder nicht. Mir hat immer geholfen, was der langjährige Freund und Sekretär Pater Lombard Baudin dem Papst Johannes XXIII. sagte: 'Warum das Grübeln, mein Freund, Christus ist auferstanden!' Alles ist vorläufig: Das ist die richtige Perspektive, um eine gewisse Gelassenheit zu bekommen, das kann sehr befreiend sein. Ich wünsche meinem neuen Bischof, dass er das in sein Herz lässt."

"Nach einem Vierteljahrhundert Meisner kann es für Köln eigentlich nur besser werden", findet Biggi Wanninger. Sie ist Präsidentin der legendären "Stunksitzung", auf der Woelkis Vorgänger immer wieder Zielscheibe ätzenden Spotts war. "Die Stunksitzung bedauert natürlich, dass einer unserer besten Gag-Lieferanten in den Ruhestand gegangen ist. Wir sind allerdings gespannt, ob der 'kölsche Jung' Woelki aus der Bruder-Klaus-Siedlung in Köln-Mülheim seine Versprechungen einlösen wird oder ob wir einen Wolf im Schafspelz erleben werden, der seiner Vorgeschichte als rechter Hand von Meisner und seinem Studium an der Opus-Dei Universität 'alle Ehre' erweisen wird. Auf jeden Fall werden wir aufmerksam hinhören."

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) gratulierte Woelki schon im Juli, als seine Ernennung bekannt wurde. "Einen herzlichen Glückwunsch zu dieser Entscheidung von Papst Franziskus", ließ sie ihm ausrichten. "Ich freue mich, dass Kardinal Woelki dieses verantwortungsvolle Amt innerhalb der katholischen Kirche übernehmen wird, und sein Weg ihn wieder nach Nordrhein-Westfalen zurückführt. In vielen Bereichen und Themen gibt es Berührungspunkte zwischen kirchlichem und staatlichem Handeln. Ich sehe dem Dialog mit dem neuen Kölner Erzbischof mit Freude entgegen und wünsche ihm für sein Amt Kraft und Gottes Segen."

Einen Rat vom Politiker an den Kirchenmann hat Wolfgang Bosbach: "Von Herzen wünsche ich Kardinal Woelki zum Amtsantritt, dass er nicht Tag für Tag, von morgens bis abends gute oder gut gemeinte Ratschläge erhält, was er sagen – oder besser nicht sagen sollte, was er tun – oder unter keinen Umständen tun sollte oder für was er sich unbedingt einzusetzen habe – oder wofür er sich unter keinen Umständen einsetzen dürfe", schreibt Bosbach, innenpolitischer Sprecher der CDU im Bundestag und Freund klarer Worte. "Ich kenne Kardinal Woelki schon seit vielen Jahren und auch persönlich und habe deshalb ein großes Vertrauen zu ihm und seiner Amtsführung. Alle sollten ihm mit Vertrauen begegnen und ich bin sicher, dass er dieses Vertrauen durch seine Arbeit nicht nur als Kardinal, sondern auch und gerade als Seelsorger rechtfertigen wird."

Auch für den Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, ist Woelki ein alter Bekannter: Während er als Superintendent im Kirchenkreis Wuppertal arbeitete, war Woelki als Weihbischof von Köln für die Stadt im Bergischen zuständig. Daher sieht er dem guten Miteinander mit Freude entgegen. Rekowski: "Ich wünsche dem künftigen Erzbischof Geistesgegenwart, Liebe zu den Menschen, gute Worte, die den Hörenden das Evangelium nahe bringen, einen langen Atem und Gottes Segen für die Arbeit."

Bekir Alboğa von der Türkische-Islamischen Union DITIB hat sich mehr als einmal über Woelkis Vorgänger geärgert - etwa wegen Meisners Kritik an der geplanten Moschee in Köln. Deswegen wünscht Alboğa dem neuen Erzbischof nicht nur Erfolg und Kraft und erhofft sich seine Vermittlung beim "geschwisterlichen Austausch" zwischen DITIB und den Bischöfen. "Ich lade ihn ein, unsere DITIB-Zentralmoschee zu besuchen, wo wir über das gegenseitige Kennenlernen hinaus auch unsere religiösen und sozialen Dienstleistungen, sowie unser Moscheebaukonzept vorstellen wollen. Ich erhoffe mir davon als Kölner eine Entspannung der Beziehungen und die Schaffung gegenseitiger Sympathie. Dies ist die notwendige Basis für eine belastbare, aufrichtige und offene Beziehung beider Religionsgemeinschaften." Alboğa weiter: "Gemeinsam wollen wir uns engagieren für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Köln und in der gesamten Republik. Für den Weltfrieden wünsche ich mir, dass wir als gläubige Menschen gemeinsam einen vorbildlichen Beitrag bester Zusammenarbeit im Namen von Geschwisterlichkeit, gegenseitiger Achtung, Freundschaft, Frieden und Zusammenhalt leisten."

Die Kölner Kircheninitiative (KKI) hat sich vor der Ernennung Woelkis für eine stärkere Beteiligung von Laien stark gemacht. Mitbestimmen durften sie den neuen Erzbischof dann doch nicht. Trotzdem schreibt Hanno Spissler (M.): " Die KKI freut sich darüber, dass das Kölner Domkapitel dem Vorschlag der KKI gefolgt ist und gewagt hat, nicht mehr nur ausgewählte Stimmen zu befragen, sondern jeden Katholiken im Erzbistum aufzurufen, sich zu äußern. Die Menschen im Erzbistum Köln sehnen sich danach, dass ihre Hoffnungen auf ein gutes und barmherziges Miteinander erfüllt werden. Sie möchten Verantwortung übernehmen und übertragen bekommen, unabhängig von Geschlecht und Familienstand. Denn dann kann die Hoffnung auf einen Neustart in die Zukunft einer menschlichen und menschennahen Kirche Realität werden."

Das Schlusswort hat der Historiker und Kirchenkritiker Rudolf Lill: "Zwar ist meines Erachtens aus Herrn Woelkis Quasi-Dissertation an einer Hochschule des Opus Dei nicht auf hohe theologische Kompetenz zu schließen. Aber sein offenes Wirken in Berlin und seine Ankündigung, den 'Menschen Christus nahebringen' zu wollen, lassen hoffen, dass er sich mehr als sein Vorgänger am Evangelium als an päpstlichen Befehlen ausrichten wird. Es geht um den menschenfreundlichen Kern des Christentums", schreibt der emeritierte Professor weiter. "Die Zeit der übertriebenen Gebote und Verbote, mit denen Kardinal Meisner viele Menschen unnötig bedrängt und die Selbst-Ghettoisierung der katholischen Kirche bewirkt hat, ist hoffentlich zu Ende."

Stand: 20.09.2014, 06:30 Uhr

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