Weihnachtsbotschaften der Kirchen

"Auch Jesus war ein Flüchtling"

Stand: 24.12.2014, 16:40 Uhr

Die Kirchen in NRW stellen das Thema Flüchtlinge in den Mittelpunkt ihrer Weihnachtsbotschaften. Mit einer Weihnachtskarte ruft der Kölner Kardinal Rainer Woelki dazu auf, Flüchtlinge willkommen zu heißen.

"Es ist wieder Zeit, die Herzen zu öffnen." So lautet der Titel der Weihnachtskarte, die im Erzbistum Köln in den Weihnachtsgottesdiensten an die Gläubigen verteilt werden sollen. Auf der Vorderseite der Karte befindet sich ein rotes Herz mit einem kleinen Türchen - wird es geöffnet, ist das Jesuskind zu sehen, das auf der Innenseite abgebildet ist. Öffnet man die Karte, liest man: "Auch Jesus war ein Flüchtling. Öffnen Sie Ihr Herz für unsere neuen Nachbarn!"

Der Kölner Kardinal Rainer Woelki appelliert damit an die Gläubigen, eine "Willkommenskultur" für Flüchtlinge zu schaffen. Die Weihnachtsgeschichte zeige, dass auch Jesus ein Flüchtling gewesen sei - was Christen in besonderem Maße zum Handeln verpflichte.

"Anti-islamische Hetze ist beschämend"

Auch andere Bischöfe wollen in ihren Weihnachspredigten das Thema Flüchtlinge in den Mittelpunkt stellen. So kritisiert Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck mit scharfen Worten öffentliche Proteste gegen eine vermeintliche Überfremdung der Gesellschaft. "Das Boot ist lange noch nicht voll. Es ist absurd zu behaupten, dass Justiz, Kultur und Politik hierzulande vor einer Islamisierung stünden", sagt der Bischof des Bistums Essen in seiner Weihnachtsbotschaft.

Menschen demonstrieren gegen Pegida

Auch in Bonn protestieren Demonstranten gegen "Pegida".

Seit Wochen folgen Tausende dem Aufruf des Bündnisses "Pegida" und protestieren gegen eine angebliche "Überfremdung" Deutschlands. Overbeck nennt die Rituale der Angst und Hetze "beschämend". Millionen Menschen müssten vor Terror und Unterdrückung fliehen, verlören ihren Besitz, ihre Familie und ihre Heimat. "Wir sind eine integrationsfähige Gesellschaft, in der wir Christen helfen, Raum zu schaffen für Solidarität und für die Achtung der Würde aller Menschen", sagte der Bischof. Er rief die Christen zu einer vorbehaltlosen Gastfreundschaft gegenüber Flüchtlingen auf.

"Islamophobie ist unvereinbar mit christlichen Werten"

Der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm verurteilte angesichts der "Pegida"-Demonstrationen pauschale Islamophobie. Sie sei durch nichts zu rechtfertigen. In der Mittwochsausgabe (24.12.2014) des "Kölner Stadt-Anzeigers" sagte er: "Wenn Muslime hier pauschal als Bedrohung dargestellt werden, ist das unvereinbar mit christlichen Werten und der Menschenliebe Jesu Christi." Der "Rheinischen Post" sagte er: "Millionen Muslime haben hier ihre Heimat gefunden und leben in Frieden mit ihren Nachbarn." Es gelte, jene Muslime zu stärken, die sich von extremen Strömungen abgrenzen und ihre Religion weiterentwickeln wollen. "Wir müssen das intensiver zur Kenntnis nehmen", sagte der oberste Repräsentant der deutschen Protestanten.

Besuche in Gefängnis, Altenheim und Hospiz

Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland

Manfred Rekowski

Der rheinische Präses Manfred Rekowski und die westfälische Präses Annette Kurschus besuchten am Mittwoch Menschen im Gefängnis, Altenheim und Hospiz. Rekowski nahm im Christlichen Hospiz in Wuppertal-Niederberg an einer Weihnachtsfeier teil. Mit seinem Besuch wolle er daran erinnern, dass Gott auch an diesem Ort zur Welt komme, erklärte Rekowski.

Kurschus dankte in einem Jugendgefängnis in Hövelhof den Bediensteten: "Unsere Gesellschaft lebt auch davon, dass Menschen wie Sie zu besonderen Zeiten arbeiten, damit andere in Ruhe und Sicherheit leben können." Auch in einem Paderborner Altenheim würdigte sie den Einsatz von Menschen, die an Heiligabend Dienst tun: "Hier arbeiten Menschen aus Berufung, die sich ganz auf die individuellen Bedürfnisse der Bewohner einstellen."

Bewertung von Flüchtlingen beklagt

Am Mittwochnachmittag predigte Rekowski in der Düsseldorfer Johanneskirche. Er beklagte, dass Flüchtlinge auf dem unfreiwilligen Weg nach Europa sofort abgeschätzt und bewertet werden. Der Präses verwies auf die zentrale Weihnachtsbotschaft: "Gerade Menschen auf der Flucht haben bei Gott einen unzerstörbaren Wert, haben Würde, lange bevor sie auch nur einen Cent zur Steigerung des Bruttosozialproduktes beigetragen haben."

Kardinal Rainer Woelki hat seinen ersten Auftritt an Weihnachten im Kölner Dom gegen Mitternacht.