Woelki will Ökumene vorantreiben

Um 12 Uhr läuteten am Samstag (12.07.2014) in Köln die Glocken aller katholischen Kirchen - als Begrüßungsgeläut für den neuen Erzbischof Rainer Maria Woelki. Beim Dombesuch sprach er über seine neue Aufgabe.

Der neue Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki beantwortet am 12.07.2014 in Köln  die Fragen von Journalisten

Rainer Maria Woelki will den Dialog mit der evangelischen Kirche und anderen Religionen vorantreiben. Das sagte er am Samstag (12.07.2014) bei einer Pressekonferenz, bevor er zum Mittagsgebet den Kölner Dom besuchte. In Berlin sei Ökumene wegen der geringen Anzahl von Christen geradezu lebensnotwendig, sagte Woelki. "Vor diesem Hintergrund denke ich, dass wir uns auch in Köln weiterhin um ein gutes geschwisterliches ökumenisches Miteinander bemühen werden."

Rainer Maria Woelki will den Dialog mit der evangelischen Kirche und anderen Religionen vorantreiben. Das sagte er am Samstag (12.07.2014) bei einer Pressekonferenz, bevor er zum Mittagsgebet den Kölner Dom besuchte. In Berlin sei Ökumene wegen der geringen Anzahl von Christen geradezu lebensnotwendig, sagte Woelki. "Vor diesem Hintergrund denke ich, dass wir uns auch in Köln weiterhin um ein gutes geschwisterliches ökumenisches Miteinander bemühen werden."

Die Kirche müsse zu den Armen und sozial Schwachen gehen, sagte Woelki. Der 57-Jährige wohnte bisher in Berlin im Arbeiterviertel Wedding. Für manche Touristen sei das eine "No-Go-Area", sagte er. Auch im Erzbistum Köln gebe es solche Viertel. "Gerade dort leben Menschen, die unsere Hilfe, aber auch die befreiende Botschaft Jesu suchen."

Am Freitag (11.07.2014) hatte der Kölner Dompropst Norbert Feldhoff den Namen des neuen Bistumschefs offiziell bekannt gegeben. Die Gläubigen im Dom reagierten auf die Personalie mit langem Applaus. Mit Woelki tritt ein gebürtiger Kölner die Nachfolge von Kardinal Joachim Meisner als neuer Erzbischof an. "Und die Kölner sind happy, dass er Kölsch ist", meint WDR-Religionsexperte Theodor Dierkes. Woelki liebe den Karneval und ist Fan vom 1. FC Köln. Vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, kam die erste Gratulation: In Köln werde Woelki eine Erzdiözese vorfinden, die ihm als Priester und Weihbischof in vielen Facetten bekannt sei, schrieb Marx laut Mitteilung der Bischofskonferenz.

Der 57-Jährige hat eine rasante Karriere hingelegt. Erst 2011 wurde er zum Erzbischof von Berlin gewählt. Nun wechselt er vom zahlenmäßig kleinen Erzbistum Berlin mit 400.000 Katholiken zum Größten: Zum Kölner Erzbistum gehören 2,1 Millionen Gläubige. Woelki wendete sich am Freitag (11.07.2014) per Brief an die Berliner Gläubigen: "Auch wenn ich bereits vor einigen Tagen über meine Wahl informiert worden bin, habe ich es doch nach wie vor noch nicht richtig verinnerlicht." Trotz der großen Ehre, die der Ruf nach Köln für ihn bedeute, verlasse er Berlin nicht ganz leichten Herzens: "Ich war sehr gerne ihr Erzbischof." Glückwünsche kamen vom Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski. Es sei seine Hoffnung, schrieb Rekowski, "dass wir in ökumenischer Verbundenheit das Ziel, zu einer Einheit in Verschiedenheit zu gelangen, fest im Blick behalten".

Woelki wird Nachfolger von Kardinal Joachim Meisner, als dessen theologischer Ziehsohn er gilt. 1990 beruft Meisner Woelki zu seinem Geheimsekretär. Sieben Jahre später übernimmt Woelki die Leitung des erzbischöflichen Priesterseminars in Bonn, wird 2003 Weihbischof in Köln und Ende 2003 residierender Domkapitular. 2011 folgt dann die Berufung nach Berlin. Nicht unumstritten dort: Seine Promotion an der Universität Santa Croce in Rom, die in den Händen des erzkatholischen Ordens Opus Dei ist. Nun kehrt der gebürtige Kölner in seine alte Heimat zurück.

Doch was für ein Oberhaupt können die Kölner Katholiken erwarten? Einen grundsätzlichen Kurswechsel werde es wohl eher nicht geben, meint Dierkes. "Woelki ist durch und durch konservativ - aber gesprächsbereit". Und diese Gesprächsbereitschaft (wie hier im Gespräch mit Journalisten) ist es, die ihn von Kardinal Joachim Meisner unterscheidet.

Die Ähnlichkeit zum Charakter von Papst Franziskus wird immer wieder beschrieben. "Er vertritt genau die Linie des Papstes: Woelki redet mit allen, etwa mit Vertretern der Schwulen und Lesben, und er zeigt sich dialogfähig." Sprechen ja - "aber er wird niemals sagen, dass schwul sein okay ist", meint Dierkes. Als der Berliner Lesben- und Schwulenverband ihn für seine Dialogbereitschaft mit einem "Respekt"-Preis auszeichnen wollte, lehnte Woelki ab - mit dem Argument, eine solche Haltung sei doch selbstverständlich. Das Priesteramt für Frauen, die Priesterehe, mehr Mitbestimmung in der Kirche - solche Themen stünden freilich nicht zur Diskussion, sagt Dierkes.

Wichtig ist Woelki auch soziales Engagement, zum Beispiel in der Flüchtlingspolitik. In Berlin hat er die Schirmherrschaft für das Projekt "Malteser Migranten Medizin" übernommen, das Flüchtlingen ohne Krankenversicherung medizinische Betreuung anbietet. "Woelki kann zuhören und verschließt sich Argumenten nicht", sagte die Vorsitzende des Kölner Katholikenausschusses, Hannelore Bartscherer, anlässlich der Ernennung des Berliner Kardinals zum Kölner Erzbischof.

Zugegangen ist Woelki auch auf Einwanderer aus Osteuropa - bei Treffen mit Sinti und Roma in Berlin-Neukölln. Kritik übte Woelki am Asylbewerber-Gefängnis auf dem künftigen Berliner Flughafen. "Auch das entspricht der päpstlichen Linie: Die Kirche muss auf die Menschen zugehen und sich um sie kümmern", sagt Dierkes.

Ein Zeichen der Bescheidenheit setzte Woelki in Berlin - ähnlich wie Papst Franziskus im Vatikan - auch mit der Wahl seines Wohnortes. Er zog nicht in das bischöfliche Palais, sondern in eine Mietwohnung in einem Dachgeschoss im Arbeiterviertel Wedding. Gerne fahre er auch mit dem Fahrrad zur Arbeit. Grund zur Freude offenbar bei der stellvertretenden NRW-Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann (Grüne): Sie freue sich, dass Woelki an den Rhein zurückkehrt. Einen "normalen Pastor" könne man dort gut gebrauchen, sagte Löhrmann. "Rainer Maria Kardinal Woelki ist authentisch, glaubwürdig und menschennah", meint auch der Landesvorsitzende der CDU NRW, Armin Laschet. Der neue Erzbischof sei "ne echt kölsche Jung" aus Köln-Mülheim und "mit verschiedenen Traditionen von Frömmigkeit wie auch mit religiöser und kultureller Vielfalt seit jeher vertraut".

Welche Prioritäten wird Woelki in Köln setzen? "Er wird einen Dialogprozess in Gang setzen, zwischen den Linken und den Rechten in der Kirche", prognostiziert Dierkes. Auch der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Köln gab in einer ersten Reaktion bekannt, man erhoffe sich vom neuen Kölner Erzbischof einen Dialog auf Augenhöhe. "Wir müssen verloren gegangenes Vertrauen in unserer Kirche und für unsere Arbeit zurückgewinnen und eine Sprache des Miteinanders wieder entdecken", sagte der Vorsitzende Tim-O. Kurzbach. Wirkliche Veränderungen werde es unter Woelki aber wohl nicht geben, meint Theo Dierkes.

Auf der Wunschliste der Kölner für die komplizierte Wahl des Erzbischofs hatte Woelki hingegen nicht gestanden. Das lasse schon Zweifel an der Ernsthaftigkeit beim Reformwillen im Vatikan aufkommen, meint Theodor Dierkes. "Papst Franziskus betont immer wieder, dass Demokratie in der Kirche vor allem auf der regionalen Ebene gestärkt werden muss. Da ist diese Entscheidung, die Vorschläge aus Köln zu ignorieren, kein gutes Zeichen."

Woelki gehört zu einer neuen Generation der Bischöfe: "Konservativ in der Linie, aber offen für den Dialog", meint Theo Dierkes. Und die Kölner freuen sich auf ihn. Dierkes: "Er hat durchaus das Zeug dazu, Bischof der kölschen Herzen zu werden."

Stand: 12.07.2014, 12:17 Uhr