Internetseiten verschiedener Social Networks

EU will Datenschutz neu regeln

Ein bisschen Datenschutz aus Brüssel

Stand: 26.01.2012, 12:20 Uhr

Die EU-Kommission will Datenschutzregeln in Europa vereinheitlichen und gleichzeitig die Datensammelwut sozialer Netzwerke einschränken. Der NRW-Datenschutzbeauftragte Ulrich Lepper sieht die lang erwartete Neuregelung dennoch kritisch, wie er WDR.de sagte.

Das aktuelle Regelwerk zum Datenschutz in Europa stammt aus einer Zeit, als das Internet noch in den Kinderschuhen steckte. Kern der neuen Pläne von EU-Justizkommissarin Viviane Reding ist ein Rechtsanspruch von Internetnutzern auf das Löschen ihrer persönlichen Daten, das sogenannte Recht auf Vergessen.

WDR.de: Die EU will die sozialen Netzwerke in ihre Schranken weisen. Das müsste Sie von Amts wegen doch freuen, oder?

Ulrich Lepper: Das Ganze hat natürlich positive Seiten: Zum Beispiel soll die Nutzung persönlicher Daten für Werbung zukünftig nur noch dann möglich sein, wenn der Betroffene ausdrücklich zustimmt. Dann ist ein digitaler Radiergummi vorgesehen, also der Versuch, seine persönlichen Daten im Internet unwiderruflich zu löschen. Und die Betreiber von sozialen Netzwerken müssen die Voreinstellungen künftig so einrichten, dass der Betroffene sich nicht selbst um datenschutzfreundliche Einstellungen kümmern muss. Und schließlich klare Regeln, dass schon bei der Entwicklung neuer Anwendungen auf Datensparsamkeit geachtet wird.

WDR.de: Und die negativen Seiten?

Lepper: Die EU beabsichtigt, eine Verordnung zu erlassen, die unmittelbar in den Mitgliedsstaaten gelten soll. Aber die Verordnung ist nicht in allen wesentlichen Bereichen sehr konkret. Letztlich legt die Kommission durch Ausführungsbestimmungen oder von Fall zu Fall selbst fest, wie die Datenschutzregeln in Europa angewendet werden: zum Beispiel bei einem neuen Google-Dienst. Teilweise muss das Europäische Parlament dem leider auch nicht zustimmen. Das ist insofern wichtig, als der aktuelle Entwurf unserer Auffassung nach lückenhaft ist. Wir kaufen damit die Katze im Sack.

WDR.de: Was meinen Sie genau?

Lepper: Das betrifft etwa die Datenverarbeitung von Auskunfteien, die die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern einschätzen. Wie zum Beispiel dürfen diese Unternehmen den Umstand bewerten, dass die Person in einer Nachbarschaft mit vielen Schuldnern wohnt? Im deutschen Datenschutzrecht haben wir sehr klare Regeln, welche Daten erhoben werden dürfen und welche nicht. Diese Regeln fehlen aber im aktuellen EU-Entwurf.

WDR.de: Jetzt haben gleichzeitig die Unternehmen Google und Facebook angekündigt, künftig noch mehr Daten ihrer Nutzer zu sammeln und zu bündeln. Wäre das mit der neuen EU-Verordnung automatisch verboten?

Lepper: Nicht automatisch. Allerdings sieht die neue Verordnung ganz klar vor, dass der Einzelne entscheiden darf, was mit seinen Daten geschieht. Die Erstellung eines Profils, also eine Zusammenführung von Daten aus verschiedenen Bereichen, darf nur dann erfolgen, wenn der Nutzer dem ausdrücklich zustimmt. Was das jetzt konkret für die Dienste von Google und Facebook bedeutet, das kann man so pauschal heute noch nicht sagen.

Das Interview führte Andreas Poulakos.

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